Mädchen (12) stirbt im Klinikum: Gutachter spricht von desaströsen Fehlern

Detmold. &bdquo;Sie können uns anzeigen, aber das bringt Ihnen ihre Tochter auch nicht mehr zurück". Diesen Satz soll der damals verantwortliche Chefarzt am Klinikum Lippe an die Eltern gerichtet haben, kurz nachdem deren zwölfjährige Tochter im Krankenhaus erfolglos reanimiert worden und völlig unerwartet verstorben war.

Es sind Worte wie diese und viele verstörende Details, die den Eltern aus diesen traumatischen Stunden genau im Gedächtnis geblieben sind, während die eigentlichen Gefühle verblassen. &bdquo;In diesem Moment fühlen Sie nichts", erklärt der Vater der Richterin. &bdquo;Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es selbst nicht erlebt hat."

Der damals zuständige Arzt und vier Krankenschwestern müssen sich nun wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Dreieinhalb Jahre später geht es im ersten Prozess gegen eine Pflegekraft vor dem Amtsgericht darum, weshalb eine an einer Magen-Darm-Grippe erkrankte Jugendliche über Nacht im Klinikum Lippe derart dehydrieren konnte, dass die Zwölfjährige etwa zehn Stunden später starb. Die Ursache: Ein Volumenmangelschock durch massiven Flüssigkeitsverlust. Das Kind war zuvor zuhause bereits mehrfach zusammengebrochen, bevor die besorgten Eltern am Abend den Rettungswagen gerufen hatten.

"Das ist platteste Kinderheilkunde" Für den sachverständigen Gutachter Prof. Dr. Christian Rieger, langjähriger Kinderarzt und Ex-Klinikchef der Ruhr-Universität Bochum, ist die Sache ganz klar: Das Mädchen ist seiner Expertise nach falsch behandelt worden. &bdquo;Die Tragik ist: Das ist platteste Kinderheilkunde", sagt Dr. Rieger. In 50 Jahren sei ihm so ein Fehler nicht begegnet. Die Behandlung sei eigentlich simpel.

Hätte der behandelnde Honorar-Arzt in der Notaufnahme die ausgewerteten Blutwerte richtig gedeutet, hätte er laut Gutachter sofort eine Intensivtherapie mit einer Vollelektrolytlösung anordnen müssen. Die isotone Kochsalzlösung, die dem Kind stattdessen intravenös über mehrere Stunden gegeben worden war, habe gegen den kritischen Gesundheitszustand gar nicht ankommen können. &bdquo;Das war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein", sagt Rieger. &bdquo;Der Arzt hat überhaupt nicht begriffen, was hier los war." Auf der Anklagebank sitzt aber nicht der Arzt, sondern eine der vier ebenfalls angeklagten Krankenschwestern. Weil die Pflegekraft aus Lage im Dezember 2019 gerade mal 20 Jahre alt und frisch examiniert war, wird ihr Prozess gesondert vor der Jugendrichterin Holsteinverhandelt.

Krankenschwester nimmt Zustand als nicht bedrohlich war Die junge Frau war eine der letzten Pflegekräfte, die am nächsten Morgen nach dem Mädchen geschaut hätten, bevor es noch rapider bergab ging. &bdquo;Sie sah müde und schlapp aus, aber für mich passten die Symptome ins Bild eines typischen Magen-Darm-Infektes", sagt die Angeklagte. Die Dramatik der Situation habe die Pflegekraft nicht ablesen können. Deshalb habe sie auch keinen Arzt gerufen.

Aus Sicht des Gutachters hätte die junge Frau den Tod des Kindes nicht mehr verhindern können. &bdquo;Es kommt irgendwann der Punkt, da ist ein Schock irreversibel." Dr. Rieger vermutet, dass bis nachts um 3 Uhr noch Zeit gewesen wäre, die richtige Therapie einzuleiten. Warum keine Pflegekraft bemerkt habe, wie ernst der Gesundheitszustand des Kindes war, erschließt sich dem Sachverständigen jedoch nicht. Mehrfach hatte die Mutter (55) in der Nacht das Pflegepersonal gerufen, doch niemand habe Handlungsbedarf gesehen.

Am Ende hält aus Sicht des Gerichts in diesem Fall nur der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen stand. Das Verfahren wird daher mit Einverständnis aller Prozessbeteiligten gegen eine Geldauflage von 3000 Euro eingestellt. Dazu zählt auch Rechtsanwältin Erika Leimkühler aus Herford, die die Eltern vertritt. Verteidiger Johannes Salmen aus Lage bringt es auf den Punkt: &bdquo;Meine Mandantin war in dieser desaströsen Fehlerkette das unterste Glied."

Mitte August startet dann der zweite große Prozess, der den Eltern Antworten bringen soll.

Mädchen (12) stirbt im Klinikum: Gutachter spricht von desaströsen Fehlern

Tod eines Mädchens (12) im Klinikum Lippe: Prozess wird neu aufgerollt

Tod eines Mädchens (12): Klinikum Lippe zahlt Eltern 100.000 Euro Schmerzensgeld

Behandlungsfehler: Arzt nach Tod eines Mädchens im Klinikum Lippe verurteilt

Arzt nach Tod einer 12-Jährigen zu Haftstrafe verurteilt

Arzt nach Tod einer 12-Jährigen zu Haftstrafe verurteilt

Tod einer 12-Jährigen - Urteil gegen Klinikpersonal erwartet

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus

Tod eines Mädchens (12) im Klinikum Lippe: Prozess wird neu aufgerollt

Tod eines Mädchens (12): Klinikum Lippe zahlt Eltern 100.000 Euro Schmerzensgeld

Behandlungsfehler: Arzt nach Tod eines Mädchens im Klinikum Lippe verurteilt

Arzt nach Tod einer 12-Jährigen zu Haftstrafe verurteilt

Arzt nach Tod einer 12-Jährigen zu Haftstrafe verurteilt

Tod einer 12-Jährigen - Urteil gegen Klinikpersonal erwartet