Detmolder Anwältin und Angestellte vor Gericht: Zusammenbruch führt zum Prozessabbruch

Detmold. Ihre Verfahren laufen längst getrennt, bleiben aber eng miteinander verwoben. Erstmals sitzen eine wegen vielfachen Betrugs angeklagte Detmolder Anwältin (58) und ihre ehemalige Kanzlei-Mitarbeiterin (31) am selben Tag nacheinander auf der Anklagebank. Am Ende droht die offenbar angeschlagene Rechtsanwaltsfachangestellte unter dem Druck zusammenzubrechen. Weil sie über Schmerzen in der Brust klagt und der Verhandlung nicht mehr folgen kann, muss die große Wirtschaftskammer den Prozesstag beenden.

Die Situation erinnert an eine Szene, die sich vor geraumer Zeit schon einmal ähnlich auf dem Gerichtsflur abgespielt hat. Damals sackte die angeklagte Anwältin selbst mit Panikattacken zusammen. Letztendlich hielten mehrere Ärzte die Angeklagte aber für verhandlungsfähig. Am Dienstag wirkt sie frisch und kampfeslustig. Ihr eigener Prozesstag dauert aber auch kaum 30 Minuten.

Anwältin lehnt neuen Anklagevorwurf ab Eine Nachtragsanklage, die Staatsanwalt Moritz Lange an Tag 17 vorträgt, lehnt die Verteidigung ab - so wie es ihr Recht ist. Die Staatsanwaltschaft hatte im Verlauf der Beweisaufnahme eine weitere Straftat ausgemacht. Demnach soll die Angeklagte das Sparbuch einer Betreuten von rund 210.000 Euro auf sich umgeschrieben haben, obwohl sie überhaupt nicht rechtmäßige Erbin war. Der Vorwurf ploppte in einem der Komplexe um einen Erbschaftsstreit auf.

Im Anschluss bleibt die ehemalige Chefin im Zuschauerraum sitzen und beobachtet an der Seite ihrer Verteidigerin Christina Peterhanwahr genau, was der sachverständige Architekt in dem anderen Prozess (Tag 14) zu sagen hat. Es ist das zweite Mal, dass die Kammer den Gutachter geladen hat. Seine Ergebnisse müssen in beiden Verfahren in die Beweisaufnahme einfließen.

Die Kammer unter der Vorsitzenden Richterin Katharina Schikowski hatte den Sachverständigen beauftragt, erneut den Wert einer Detmolder Eigentumswohnung zu ermitteln, die die Kanzlei-Mitarbeiterin mithilfe ihrer Chefin viel zu günstig von einer betreuten Seniorin erworben haben soll. Das wirft ihr die Staatsanwaltschaft Detmold vor.

Weil er zunächst keinen Energieausweis vorliegen hatte und von einer etwas kleineren Wohnungsgröße ausgegangen war, ist der ermittelte Wert im neuen Gutachten nun um 9000 Euro geringer als vorher. Der Architekt geht davon aus, dass die Wohnung damals 130.000 Euro wert war. Verkauft wurde sie allerdings für 82.500 Euro. Er hätte das Objekt für unter 100.000 Euro ungesehen genommen, sagt der Architekt erneut vor Gericht.

Stimmung im Saal angespannt Verteidiger Bahattin Koyun versucht, im Fragenhagel herauszukitzeln, ob die von dem ehemals mitangeklagten Immobilienmakler angegebenen Renovierungskosten nicht durchaus plausibel seien. Der Architekt bleibt aber dabei, dass er die genannten 23.000 Euro als zu hoch empfindet. Er selbst schätzt, mit 12.000 Euro wäre man ausgekommen. &bdquo;Das ist aber alles Spekulation“ - und sei daher auch nicht Gegenstand seines Gutachtens.

Die Krux: Der sachverständige Architekt hatte die Wohnung rückwirkend bewerten müssen, obwohl es keine Dokumentation über den unrenovierten Zustand gegeben hatte. &bdquo;Ich verstehe auch nicht, warum es keine Bilder gibt. Normalerweise fotografiert man doch eine Wohnung durch, die man kauft“, sagt der Sachverständige.

Drei Bilder reicht der Verteidiger zum Unmut der Kammer nun erst nachträglich zur Akte. Dem Gutachter bringen sie keine neuen Erkenntnisse, außer, dass die grünen Badezimmerfliesen sicherlich nicht mehr zeitgemäß waren. &bdquo;Die hätte ich auch ausgetauscht.“ Selbst die angeklagte Kanzlei-Mitarbeiterin schaltet sich ein, will wissen, weshalb der Gutachter eine alte Gastherme nicht bedacht habe. Der erklärt, dass er nur die Infos nutzen könne, die man ihm gibt.

Kurz kocht es daher im Saal hoch. Oberstaatsanwalt Christopher Imig hat genug. &bdquo;Wir drehen uns im Kreis.“ Dann muss der Prozess unterbrochen werden. Kurz steht im Raum, ob die Angeklagte einen Rettungswagen braucht. Das lehnt sie ab. Bei der anschließenden Terminabsprache stößt die Situation der Staatsanwaltschaft dennoch komisch auf. &bdquo;Eben in der Pause hat sie sich noch ganz normal mit Frau X [ Anmerkung der Redaktion: der anderen Angeklagten] unterhalten“, sagt Imig. Ein Urteil beim nächsten Termin ist nun ausgeschlossen. Es wird noch dauern.

Der Prozess gegen die Kanzlei-Mitarbeiterin wird am 20. Mai fortgesetzt. Es sind noch weitere Termine angesetzt. Die Verhandlung gegen die Anwältin geht am 6. Mai weiter. Dann will sich die Angeklagte zu ihrer Person einlassen.

Detmolder Anwältin und Angestellte vor Gericht: Zusammenbruch führt zum Prozessabbruch

Detmolder Anwältin vor Gericht: LKA hält Testament einer Seniorin für gefälscht

Nach fast einem Jahr: Fällt nächste Woche das Urteil gegen eine Detmolder Anwältin?

Detmolder Anwältin vor Gericht: Weshalb es in Saal 165 wieder brodelt

Kanzlei-Mitarbeiterin vor Gericht: Verteidiger nimmt Gutachter auseinander

Urteil gefallen: Gericht hält Kanzlei-Mitarbeiterin aus Detmold für schuldig

Anwältin vor Gericht: Weshalb ein Sparbuch mit 108.000 Euro aus dem Nichts auftauchte