Selbstbestimmter leben: Was das neue Gesetz für eine Transfrau aus Lippe verändert

Kreis Lippe. &bdquo;Mir ist es ungefähr im Frühjahr 2018 so langsam klar geworden - vergleichsweise spät“, sagt Elizabeth Hartmann und blickt dabei nachdenklich nach vorne. Bei einem Fantasierollenspiel habe sie sich einen weiblichen Charakter ausgesucht und ihr den Vornamen Elizabeth gegeben. &bdquo;Nach ein paar Monaten habe ich dann gemerkt - irgendwie ist da mehr“, erzählt sie weiter und zieht das letzte Wort bedeutungsvoll in die Länge.

Daraufhin habe die 27-Jährige angefangen, sich mit verschiedenen Geschlechteridentitäten sowie mit ihrer Kindheit und Jugend auseinanderzusetzen. &bdquo;In der Grundschule hatten wir zum Beispiel mal eine Zirkusveranstaltung und eine Nummer war eine Modenschau“, erinnert sie sich. &bdquo;Da habe ich mir ein Outfit mit Rock und Weste ausgesucht.“ Heute trägt sie ein Kleid, ihr Gesicht ist geschminkt, und mit ihren langen, roten Haaren fällt sie sofort auf, während sie mit Kopfhörern auf den Ohren am Brunnen auf dem Marktplatz lehnt.

Selbstbestimmungsgesetz Elizabeth Hartmann ist eine Transfrau. Das bedeutet, sie wurde bei der Geburt mit einem männlichen Geschlechtseintrag registriert, identifiziert sich aber als weiblich. Ihren Geschlechtseintrag und Vornamen kann sie durch das neue Selbstbestimmungsgesetz bald auch offiziell ändern lassen.

&bdquo;Es hat sich sehr, sehr gut angefühlt, den Antrag zur Änderung einzuwerfen“, sagt Elizabeth Hartmann und ein strahlendes Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Was die Namensänderung und das neue Gesetz für sie ausmachen: &bdquo;Dadurch habe ich das Gefühl, dass ich endlich anerkannt werde und von den Behörden und einzelnen Leuten richtig angesprochen werde“, während die 27-Jährige spricht, ballt sie die Faust und hebt sie leicht in die Luft, um ihre Worte zu unterstreichen. Darüber hinaus erspare es ihr im Gegensatz zum alten Gesetz viel Lauferei und Geld.

Ärger vermeiden &bdquo;Bei vielen queeren Menschen und auch bei mir gehört manchmal ein bisschen Verstecken und mitunter auch ein bisschen Schauspielerei dazu“, erklärt Elizabeth Hartmann und schaut dabei auf ihre Hände. &bdquo;So ging es mir vor meinem Outing auch schon bei einigen Behörden und Arztbesuchen, als ich mit meinem Geburtsnamen angesprochen wurde. Ich dachte mir dann, ich spiele jetzt einfach die Rolle, die sie erwarten, um keine Verwirrung zu verursachen, und halte die paar Minuten einfach aus.“

Auch in ihrem privaten Umfeld versuche die Detmolderin teilweise, eine bestimmte Fassade aufrechtzuerhalten, um Ärger zu vermeiden. Sie trage dann in manchen Umfeldern beispielsweise kein Kleid, sondern eher geschlechtsneutrale Kleidung, wie eine schwarze Hose und ein T-Shirt. &bdquo;Das ärgert mich natürlich, aber dann beiße ich eben in den sauren Apfel und gebe denen das, was sie verlangen und gut ist.“ Gleichzeitig versuche sie aber auch, sich dabei nicht komplett zu verstellen.

Unwissenheit Auch im Alltag setze sie sich Anfeindungen nicht groß aus: &bdquo;Ich nehme blöde Blicke meistens gar nicht wirklich wahr.“ Wenn sie doch mal kichernde Menschen bemerke, ärgere sie sich in dem Moment zwar, aber versuche mit Engagement, zum Beispiel als Vorstandsmitglied des CSDs Lippe, dagegen vorzugehen. &bdquo;Ich glaube auch, dass ganz viele gar nicht unbedingt aus böser Absicht so reagieren, sondern wahrscheinlich aus Unwissenheit“, meint Elizabeth Hartmann. &bdquo;Ich denke, die wenigsten Menschen hatten schonmal mit queeren, insbesondere Transpersonen zu tun und wissen nicht, wie sie dann reagieren sollen.“

Sie hat jedoch auch sehr viele positive Erfahrungen nach ihrem Coming-Out gemacht: &bdquo;Als ich den Mut hatte, meinem Freundeskreis mitzuteilen, dass ich trans bin, habe ich eine der besten Reaktionen überhaupt bekommen“, an der Stimmlage der 27-Jährigen ist deutlich zu hören, wie glücklich sie die Erinnerung macht. &bdquo;Eine meiner besten Freundinnen hat einfach nur einen Screenshot geschickt, wie sie meinen neuen Namen im Handy eingespeichert hat.“

Neues Gesetz Ab dem 1. November löst das Selbstbestimmungsgesetz das Transsexuellengesetz von 1980 ab. Es ermöglicht Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen einfacher und ohne aufwendige Gutachten oder Gerichtsverfahren ändern zu lassen. Das Gesetz zielt darauf ab, die Rechte von trans, inter und nicht-binären Personen zu stärken und ihnen mehr Selbstbestimmung über ihre geschlechtliche Identität zu geben. Bereits seit dem 1. August kann ein Antrag zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen beim zuständigen Standesamt abgegeben werden.

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