Dry January, Veganuary: Wie Trends für leere Stühle in Lippes Gastronomie sorgen

Kreis Lippe. Die Menschen sind immer noch satt. Diesen Eindruck könnte man bekommen, wenn man derzeit an Restaurants, Kneipen, Bars und Gaststätten in Lippe entlangschlendert. Häufig bleiben die Augen beim Blick durchs Fenster an unbesetzten Stühlen und Tischen kleben. Aber wie viel hat die teils gähnende Leere mit den zum Jahresstart medial florierenden Selbstoptimierungstrends wie Dry January oder Veganuary zu tun? Lippes Dehoga-Chef Holger Lemke beobachtet schon länger, dass Gäste zurückhaltender werden. Für die Gastronomie ein Problem - aber kein ganz Neues.

Kein Fleisch, kein Alkohol, kein Übermaß. Gerade im Januar versuchen Menschen, die genussreiche Zeit rund um die Festtage ungeschehen zu machen und achten verstärkt auf sich. Der Handel bekommt die guten Vorsätze nachweislich zu spüren. Laut Statistischem Bundesamt hat der Konsum von Alkohol und Fleisch die vergangenen Jahre über zum Jahresstart stark abgenommen. Im Januar 2024 wurde demnach fast 50 Prozent weniger Alkohol gekauft als im Dezember 2023, der Absatz von Fleisch ging im selben Zeitraum um fast 30 Prozent zurück.

Jahresstart ist immer mau Der Verzicht schlägt sich auch in lippischen Kneipen und Restaurants nieder. Januar und Februar sind für die meisten Läden die umsatzschwächsten Monate, heißt es aus der Branche. Die Trends schlagen sich daher auch in der Kasse nieder. Dass die Menschen nach Weihnachten einen Gang zurückschalten, ist laut Lippes Dehoga-Chef aber kein neues Phänomen. &bdquo;Wenn die Festtage vorbei sind, ist man häufig übersättigt“, sagt der Inhaber der Windmühle Fissenknick in Horn-Bad Meinberg.

Immerhin könne der Januar häufig noch mit nachträglichen Weihnachtsfeiern punkten, nicht alle Kolleginnen und Kollegen profitierten aber davon. &bdquo;Viele haben derzeit Probleme und sind am Wanken“, sagt der hiesige Dehoga-Präsident. &bdquo;Selbst alteingesessene Häuser kämpfen ums Überleben. Teilweise ist es erschreckend.“

Ein voller Laden sei inzwischen längst kein sicheres Indiz mehr dafür, dass es wirtschaftlich gut laufe. Zum Teil liege das auch am Verzehrverhalten. Die Zurückhaltung der Gäste mache es schwierig, vernünftige Umsätze zu generieren. Ein vierwöchiger Alkoholverzicht, wie immer häufiger im Dry January angestrebt, führe die Linie eines bewussteren Lebens nur fort. &bdquo;Bei den Katholiken gibt es ja schon immer die Fastenzeit, das ist in katholischen Gegenden spürbar.“ Früher habe Lemke mal ein Restaurant in Nieheim, direkt gegenüber von einem Dom gehabt. &bdquo;Zur Fastenzeit hat sich da kaum jemand hereingetraut.“

Alkoholfrei liegt eh im Trend Dennoch lasse sich nicht abstreiten, dass alkoholfreie Alternativen auch über das Jahr verteilt eine immer größere Rolle in der Branche spielten. Besonders auffällig sei hier, dass inzwischen jeder Winzer einen alkoholfreien Wein im Angebot habe und den auch sehr offensiv bewerbe. Ein Lebenswandel sei hier spürbar, sagt Lemke.

Und die Produkte machten sogar etwas her. &bdquo;Man merkt teilweise überhaupt nicht mehr den Unterschied, wenn der Wein gut gemacht ist.“ Das schlage sich auch im Preis nieder. Ein gutes Produkt habe nun mal seinen Wert - genauso sei es beim Fleisch. Guter alkoholfreier Wein sei daher genauso teuer wie der Klassiker mit Umdrehungen, streng genommen müsste die Variante ohne Sprit sogar teurer sein. &bdquo;Die Arbeitsschritte sind ja die gleichen, man hat sogar noch einen mehr, weil der Alkohol dem Wein wieder entzogen werden muss.“

Das den Gästen begreifbar zu machen, sei gar nicht so einfach. Die angeknackste Branche könne aber eh nur die Rückkehr von 19 auf sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen und Getränke retten, davon ist der Küchenchef immer noch überzeugt. &bdquo;Wenn das nicht passiert, werden dieses Jahr viele Läden schließen.“ Ein bisschen Hoffnung setzt Lemke jetzt auf die Neuwahlen.

Und auch wenn das Jahr verhalten startet: Für Lippes Dehoga-Chef ist das Glas voll. &bdquo;Wir sind positiv gestimmt, auch wenn es manchmal schwer fällt.“ Wer zum Jahresstart kein Fleisch essen mag, der kann in vielen Lokalen auf vegetarische oder vegane Alternativen zurückgreifen. Da liegt Lippe offenbar eh schon im Trend.

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