Paderborn/Lippe. Wie soll es nach der Schule weitergehen? Immer mehr Jugendliche können darauf keine klare Antwort geben. „Ein Grund dafür ist, dass Schülerinnen und Schüler während ihrer Schulzeit viel zu selten mit der Berufswelt in Kontakt kommen“, erklärt Mickel Biere, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe laut Pressemitteilung. „Dabei ist bekannt, dass rund 70 Prozent aller Auszubildenden durch ein Praktikum zu ihrer Ausbildung gefunden haben“, so Biere weiter.
Ein Projekt aus Schleswig-Holstein könnte als Vorbild für Nordrhein-Westfalen dienen: das freiwillige Handwerksjahr. „Analog zum Freiwilligen Sozialen Jahr können Jugendliche nach ihrem Schulabschluss Handwerksberufe näher kennenlernen“, so Biere.
450 Euro im Monat
Erste Erfahrungen der Handwerkskammer Lübeck seien sehr positiv, berichtet Michael H. Lutter, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe. Bereits rund 150 Betriebe und über 80 Jugendliche haben Interesse bekundet. Mit Unterstützung des Schleswig-Holsteinischen Instituts für berufliche Bildung starteten zunächst 25 Jugendliche im Alter von 15 bis 25 Jahren in das freiwillige Handwerksjahr.
Neben Praxiserfahrungen und der Möglichkeit, zu prüfen, ob ein Berufsfeld für eine Ausbildung infrage kommt, erhalten Teilnehmende in Schleswig-Holstein eine monatliche Aufwandsentschädigung von 450 Euro.
„Ein solches freiwilliges Handwerksjahr, angelehnt an die Regelungen des Freiwilligen Sozialen Jahres, wünschen wir uns auch in NRW – und damit für den Kreis Lippe“, betont Lutter. „Wir werden in unserer Region das Gespräch mit der Politik und den Handwerkskammern suchen, um das Projekt voranzutreiben.“
Unterstützung der Politik notwendig
Besonders die Unterstützung der Politik sei notwendig. „Wir brauchen Rechtssicherheit in Fragen wie Mindestvergütung, Einsätze in unterschiedlichen Unternehmen (Kettenverleih) und der Befreiung von der Schul- oder Berufsschulpflicht während des freiwilligen Handwerksjahres.“
Die Ausbildungssituation im Handwerk sei insgesamt stabil, erklärte Andreas Oehme, Geschäftsführer des Westdeutschen Handwerkertags, kürzlich. Dennoch suche das Handwerk deutlich mehr Auszubildende, als derzeit gefunden werden könnten. „Es muss klarer werden, dass Menschen mit einer Ausbildung im Handwerk weltweit sehr gefragt bleiben“, betont Oehme. „Sie haben beste Karrierechancen – bis hin zu den Abschlüssen Bachelor Professional und Master Professional, die beide als Fortbildungen im Handwerk ohne Hochschulbesuch erreichbar sind.“