Von Dürre bis Sturzflut: Wie Bauern mit den Klimafolgen hadern

Kreis Lippe. &bdquo;Es ist - auch laut Bundesverfassungsgericht - ein Menschenrecht, in einer klimagesunden Welt leben zu dürfen“, sagt Ulf Allhoff-Cramer mit Nachdruck. Der Landwirt aus Mosebeck nimmt das Thema Klimaschutz persönlich. Und ist entsetzt, dass es im Wahlkampf derzeit so gar keine Rolle zu spielen scheint. Dabei sind die Auswirkungen des Klimawandels auch vor Ort in Lippe massiv spürbar, wie er betont.

&bdquo;Das nimmt uns unsere Lebensgrundlage“, und mit uns meint Allhoff-Cramer nicht nur die Bauern, sondern alle Menschen. Der fortschreitende Klimawandel bestimme, ob die Menschheit eine Zukunft hat. So plakativ er das sagt, so ernst meint er es. Er blickt auf die vergangenen Jahre: von 2018 bis 2020 drei Dürrejahre in Folge, 2021 die verheerenden Regenfälle mit der Flutkatastrophe im Ahrtal, 2022 wieder Dürre - &bdquo;das ist Realität“, das lasse sich nicht schönreden. &bdquo;Im vergangenen Sommer geschah in Europa öfter das eigentlich Undenkbare: An einem Tag kommt der Niederschlag eines ganzen Jahres runter!“

Von Dürre und Käfern Und solche Sturzfluten ließen nicht nur Keller volllaufen, sie zerstörten auch die Böden der Landwirte. &bdquo;Das Wasser versickert nicht wie bei einem Landregen im Boden, sondern läuft über die Erde hinweg, lässt Böden erodieren, trägt guten Mutterboden ab.“ Zum Glück sei der Boden hier schwer, halte Wasser und sei daher wenigstens ein wenig resistent gegen Trockenheit. In der Senne hingegen brauche der sandige Boden alle zwei Wochen Wasser. Doch es gebe keine Sicherheit mehr, &bdquo;die Landwirtschaft ist ein Glücksspiel geworden“, wie er sagt, so stark würden die Ernten beeinflusst.

Neben seinem Bioland-Hof ist Ulf Allhoff-Cramer auch als Waldbauer im Sauerland aktiv - und weiß um die Auswirkungen des Klimawandels auf den Forst. Zwischen 2018 und 2020 seien durch die Dürre und den darauf folgenden Borkenkäfer Hunderttausende Hektar Nadelwald verloren gegangen, eine wichtige Einnahmequelle sei dadurch zerstört worden. Für die betroffenen Waldbauern ein traumatisches Ereignis. &bdquo;Noch schlimmer ist es, dass auch unsere heimischen Buchen- und Eichenwälder schwer geschädigt und nicht mehr sicher sind. Wo soll das noch enden?“ Welche Bäume halten diesen Herausforderungen in Zukunft stand? Und schlimm sei auch, dass absterbende und kranke Bäume statt CO2 zu binden, zum Ausstoß beitrügen. Die Politik schütze die Landwirte nicht - die, die das Essen anbauen, das mache ihn wütend.

Doch was will er nun? Von der Politik, dass sie die gesetzten Klimaziele einhalten, und dass anerkannt werde, dass der Klimawandel ein noch viel größeres Ausmaß hat, als es Experten vorhergesagt hatten. &bdquo;Ganz sicher müssten auch die Klimaziele angepasst, neue Ziele gesetzt werden.“ Denn der Klimawandel ziehe einiges nach sich: Die Wirtschaft leide, Menschen flüchten vor Dürre, Ressourcen werden knapp - die Szenarien fallen düster aus. Ja, auch die anderen Themen - Bahn, Bildung, Digitalisierung - seien wichtig, aber das Klima eben auch. Allhoff-Cramer bringt es auf den Punkt: &bdquo;Klima ist nicht alles, aber ohne Klima ist alles nichts.“

Lösungen vor Ort finden Die letzte Bundestagswahl sei eine Klimawahl gewesen, sagt Dieter Hagedorn, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Lippe. Dieses Mal gehe es eher darum, den Wohlstand in Deutschland zu erhalten. Um die Folgen des Klimawandels zu lindern, brauche es langfristige Lösungen. &bdquo;Wir müssen akzeptieren, dass wir in Deutschland nicht alle weltweiten Ziele erreichen werden. Auf der Kehrseite sind uns die Folgen des Klimawandels zu Teilen bewusst: Hochwasser, Abschwemmungen, mehr heiße Tage.“ Bloßer Aktionismus im Ernstfall helfe nicht. &bdquo; Hier würden langfristige Planungen zusammen mit den Eigentümern der umliegenden Flächen helfen, die Gefahren zu mindern.“ Etwa Veränderungen im Gelände oder bestimmte Flächen still zu legen.

Es gebe Ideen, um schwierige Aufgaben zu meistern, die Stiftung Westfälische Kulturlandschaft sei ein Ansprechpartner. Doch die Nachfrage unter den Landwirten sei recht gering, bedauert Hagedorn, oft werde eine günstige und keine langfristige Lösung gesucht. Da wünsche er sich &bdquo;mehr Ehrlichkeit im Umgang miteinander und bei den Zielvereinbarungen“.

Verständnis zeigen Politik müsse nicht alles regeln, sondern denjenigen vor Ort die Chance lassen, Entscheidungen zu treffen und im Miteinander Lösungen schaffen. Und aus Erfahrungen - auch aus Fehlschlägen - zu lernen. &bdquo;Bei den prognostizierten Wetterextremen, die auf uns zukommen können, werden wir genau das brauchen: Lernfähigkeit und das Akzeptieren von Fehlern“, ist Hagedorn überzeugt. Ein Prozess, der durch die TH OWL begleitet werden kann, etwa durch Züchtung klimafester Sorten. Aber auch die Pflanzenschutzmittelzulassung müsse den Landwirten wirksame Produkte zur Verfügung stellen.

Ackerbaulich sei es schwierig, die richtigen Schritte zu planen, da keiner wisse, wie sich das Wetter im nächsten halben Jahr entwickelt. Wichtig sei das Verständnis der Bürger dafür, &bdquo;dass wir in und mit der Natur arbeiten, und dass das nicht immer reibungslos läuft“.

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