AfD-Wähler zurückholen? Sally Lisa Starken erklärt in Detmold, wie das klappen kann

Detmold. Fast pünktlich - nur drei Minuten zu spät - geht es los. &bdquo;Sie stand im Stau, kennt man in Lippe ja eigentlich gar nicht“, sagt Silke Buhrmester, stellvertretende Chefredakteurin der LZ, scherzhaft. &bdquo;Der Stau war ja auch in Bielefeld“, kontert Autorin und Journalistin Sally Lisa Starken und lacht. Der Beginn eines interessanten und informativen Abends, der trotz des Themas locker daherkommt, ohne gezwungen oder albern zu wirken.

Sally Lisa Starken ist an diesem Abend auf Einladung der LZ und der VHS Detmold-Lemgo beim Medientalk &bdquo;Macht-Wächter“ zu Gast. Moderiert von Silke Buhrmester und VHS-Leiterin Claudia Biehahn spricht sie unter anderem darüber, warum Menschen AfD wählen. Denn darum geht es in ihrem neuen Buch, erschienen vier Tage vor der Bundestagswahl und gleich an die Spitze der Spiegel-Bestseller-Liste geklettert. Doch es soll nicht nur darum gehen. Denn Starken ist auch in den Sozialen Medien Instagram und TikTok aktiv, erklärt in ihrem Podcast dreimal die Woche aktuelle politische Ereignisse. Doch wie geht das zusammen, Social Media und seriöser Journalismus?

Social Media &bdquo;Ist das Unterhaltung oder Bildungsarbeit?“, fragt dann auch gleich Silke Buhrmester. Schließlich gibt sie auf Instagram auch Einblicke in ihr Privatleben und bewirbt die &bdquo;bequemste Leggins“. Sie habe selbst immer viele Fragen gehabt, auch, als sie in der Politik aktiv war (Starken war 2019 SPD-Kandidatin zur Wahl des EU-Parlaments), und habe versucht, sich die zu beantworten. Und nichts anderes mache sie auf Instagram und TikTok. &bdquo;Ich bin eher ,Newsfluencerin’“, sagt die Journalistin. Und Werbung, ja die müsse auch sein, so finanziere sie ihre Inhalte. Und: &bdquo;Ich bewerbe nur Sachen, von denen ich überzeugt bin.“ Wie besagte Leggins.

In jedem Post stecke auch die eigene Meinung mit drin, so funktionieren die Plattformen. Und das haben nicht zuletzt auch Politiker mittlerweile für sich entdeckt. Allen voran die AfD. &bdquo;Bildet euch eure eigene Meinung, seht euch die Quellen dahinter an“, appelliert sie deshalb.

Podcast &bdquo;Da ist wie Radio im Internet“, sagt Sally Lisa Starken lachend. Mit der &bdquo;Informantin“ habe sie einfach mehr Zeit, um aktuelle Inhalte, Zusammenhänge zu erklären. &bdquo;Wie eine Dokusoap“, die Folgen bauten aufeinander auf. Sie blicke auch über den deutschen Tellerrand hinweg, etwa Richtung USA oder den Nahen Osten. Die Hörer sollen sich mitgenommen fühlen. Ob sie ein Stück weit auch die Angst vor Politik nehmen wolle, fragt Claudia Biehahn. &bdquo;Demokratie ist unser höchstes Gut“, antworte Starken. &bdquo;Und dafür brauchen wir politische Bildung.“ Punkt. Auf vielen Ebenen und Kanälen, um viele Menschen zu erreichen.

Das Buch Es ist wohl der Teil des Abends, auf den die meisten gewartet haben. Warum wählen Menschen AfD? &bdquo;Ein Ost-Phänomen, das eigentlich ein bundesweites ist“, sagt die Autorin. Das Ergebnis der Bundestagswahl habe sie nicht überrascht, &bdquo;ich hatte noch Schlimmeres befürchtet“.

Noch vor der Landtagswahl in Sachsen und Thüringen war Starken in Ostdeutschland unterwegs, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen, hat Sommerfeste der AfD besucht. Ohne Kamera, ohne Mikro, von einer Gesprächstherapeutin vorbereitet, unvoreingenommen auf die Menschen zuzugehen und offenen Fragen zu stellen, damit diese sich nicht gleich verschließen. Was sie festgestellt hat? &bdquo;Es geht viel um selektive Wahrheit.“ Sie war auf denselben Veranstaltungen, doch was sie gehört, wie sie es wahrgenommen habe, sei etwas völlig anderes gewesen als das, was bei ihren späteren Gesprächspartnern hängen geblieben sei.

Viele potenzielle AfD-Wähler zählten sich zur Mitte der Gesellschaft. Die AfD sei gefühlt die einzige Partei, die verstehe, Gefühle und Ängste wahrzunehmen. Starken berichtet von der Begegnung, dem Gespräch mit Lea, wie sie sie nennt, einer jungen Mutter aus Görlitz. Seit 2017 ist die Stadt eine Hochburg der AfD. Lea sagt, Görlitz sei keine rechtsextreme Hochburg. Sie habe nichts gegen Ausländer, aber warum bekämen die so viel und ihre Mutter nur so wenig Rente? Lea sei unentschlossen, doch viele Inhalte der AfD sprächen sie an.

Und so wie Lea fühlten viele AfD-Wähler, weiß Starken: unentschlossen, abgehängt, von der Politik nicht gesehen, unverstanden. Deswegen sei es wichtig, im Gespräch zu bleiben, auf Augenhöhe, Sorgen ernst zu nehmen. Denn, davon ist sie überzeugt, viele AfD-Wähler - wie Lea - seien nicht rechtsextrem, könnten wieder zurückgeholt werden vom rechten Rand - im Gegensatz zu denen, die bereits im Rechtsextremen versunken sind. Und das ist auch ein Stück weit der Appell des Abends: &bdquo;Die Demokratie ist es wert.“

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