Lippische Handwerksexpertinnen warnen: „Katastrophale Situation bei der Schwarzarbeit“

Kreis Lippe. Friseure in Lippe klagen über steigende Kosten, Schwierigkeiten bei der Ausbildung und Konkurrenz durch fragwürdige Geschäftsmodelle von &bdquo;Billig-Friseuren“. Darüber haben wir mit Heike Klaas, Obermeisterin der Friseur- und Kosmetik-Innung Paderborn-Lippe, und Andrea Hegerbekermeier, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe, gesprochen.

Mit welchen Herausforderungen kämpft die Friseurbranche?

Heike Klaas: Die Handwerksbetriebe insgesamt und gerade auch die Friseure stehen derzeit vor enormen Herausforderungen. Es fehlen geeignete Mitarbeitende und Auszubildende, dies wird teilweise kurzfristig durch kürzere Öffnungszeiten abgemildert. Die Hygienepläne sind extrem umfangreich, Tendenz steigend. Der Zeitaufwand für die Dokumentation ist enorm. Die Zulieferfirmen passen ihre Preise stärker an als in den Jahren vorher. Zudem sind die Kalt- und vor allem Warmmieten stark gestiegen. Meine Einschätzung ist, dass rund ein Drittel der Friseurbetriebe in der nächsten Zeit schließen muss, wenn die Inhaber noch nicht lange selbstständig sind und keine Rücklagen gebildet haben.

Welche Rolle spielt Schwarzarbeit bei den aktuellen Problemen?

Heike Klaas: Die Schwarzarbeit ist eines der größten Probleme im Friseurhandwerk. Gemeinsam mit den ostwestfälischen Obermeisterkollegen habe ich diese wirklich katastrophale Situation auch bei einem Termin in der Handwerkskammer angesprochen.

Andrea Hegerbekermeier: Das größte Problem sind dabei nicht in erster Linie die &bdquo;fahrenden Friseure“, die zu ihren Kunden nach Hause kommen, oder die Nachbarin, die ihren Freunden &bdquo;unter der Hand“ die Haare schneidet, sondern es ist die sogenannte handwerksrechtliche Schwarzarbeit. Dies ist die unerlaubte Handwerksausübung in Betrieben, die keinen Meister beschäftigt haben, wie viele Barber-Shops. Hier dürften überhaupt keine Haarschnitte angeboten werden, sondern es dürfte lediglich das Schneiden von Gesichtshaaren angeboten werden. Sobald ein Haarschnitt erfolgt, muss es sich um einen Meisterbetrieb handeln. Gleichzeitig können diese Betriebe ihre Leistungen durch die Art und Weise, wie die Mitarbeitenden beschäftigt werden, sehr günstig anbieten. Das ist ein großes strukturelles Problem – auch, dass zeitlich befristete Sondergenehmigungen auslaufen und nicht nachkontrolliert werden.

Was könnte dagegen getan werden?

Andrea Hegerbekermeier: Wir brauchen ein konzertiertes Zusammenwirken zwischen Hauptzoll und Ordnungsämtern im Sinne eines fairen und gerechten Wettbewerbs. Der Hauptzoll wäre in der Lage, die entsprechenden Eintragungen in der Handwerksrolle mit zu kontrollieren. Die dafür erforderlichen Mittel müssten ihm eingeräumt werden. Bislang findet nur in ganz wenigen Fällen wirklich ein Gewerbeuntersagungsverfahren statt.

Welchen Stellenwert hat die Konkurrenz durch Barbershops und &bdquo;Billig-Friseure“?

Andrea Hegerbekermeier: Viele beschäftigen ihre Mitarbeitenden geringfügig, zahlen somit weniger Sozialabgaben und meist auch keine Gratifikationen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld. Dadurch können sie ihre Leistungen extrem günstig anbieten. Dies ist sowohl für die Mitarbeitenden dieser Shops als auch für die Meisterbetriebe im Friseurhandwerk ein sehr herausfordernder Zustand. Wichtig ist uns, zu betonen, dass es auch Barbershops gibt, die alle Regelungen einhalten.

Hat der Ausbildungsberuf Zukunft?

Andrea Hegerbekermeier: Definitiv! Wichtig sind gute Rahmenbedingungen für den Nachwuchs und eine faire Vergütung der Leistung in den Meisterbetrieben sowie eine gute Zusammenarbeit mit Akteuren wie dem Kreis und dem Hauptzoll, um Problemen wie der Schwarzarbeit entschieden entgegenzutreten. Auch wünschen wir uns im Handwerk eine gesetzlich verankerte Gleichstellung des Meistertitels mit der akademischen Ausbildung. Was viele nicht wissen: Der Meistertitel ist mit dem akademischen Bachelor gleichgesetzt, der Betriebswirt mit dem akademischen Master. Trotzdem ist die Anerkennung der Handwerksberufe in der Gesellschaft nicht die Gleiche.

Heike Klaas: Es mag sein, dass es noch eine Weile dauern wird, doch auch nach diesem Tief wird es wieder steil nach oben gehen. Ich würde selbst in dieser Zeit nochmals diesen schönen Beruf erlernen und alles genauso machen. Das sage ich meinen Auszubildenden fast täglich.

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