Nach fast einem Jahr: Fällt nächste Woche das Urteil gegen eine Detmolder Anwältin?

Detmold. Zehn Monate zieht sich der Prozess gegen eine Detmolder Rechtsanwältin inzwischen hin. Die 59-Jährige soll sich in ihrer Funktion als gesetzliche Betreuerin an mehreren Klienten finanziell bereichert haben. Das wirft ihr die Staatsanwaltschaft Detmold in mehr als 30 Fällen vor. Kommende Woche will die Große Wirtschaftsstrafkammer die Beweisaufnahme nach rund 28 Prozesstagen abschließen. Damit steht ein Urteil unmittelbar bevor. Ob der Plan tatsächlich aufgeht, ist aber noch ungewiss.

Wenn es nach Verteidigerin Christina Peterhanwahr und ihrer Mandantin geht, gibt es nämlich noch einiges zu klären. Die Rechtsanwältin aus Bielefeld hat bereits angekündigt, zum nächsten Prozesstag am Dienstag weitere Beweisanträge zu stellen. Fest steht schon jetzt: Es werden definitiv die Letzten sein, denn die Kammer unter der Vorsitzenden Richterin Katharina Schikowski hatte der Verteidigung eine entsprechende Frist für den 23. September gesetzt.

Ob anschließend also tatsächlich plädiert werden kann, hängt davon ab, wie die Kammer die bis dahin eingeführten Anträge bewertet. Sollten weitere Beweise erhoben werden müssen, rückt die Urteilsverkündung wieder in weite Ferne. Dann wird sich der Prozess wohl noch bis in den Oktober ziehen.

Unterschrift gefälscht? Bereits bei der letzten Sitzung Anfang September hatte Verteidigerin Peterhanwahr einige Pfeile aus dem Köcher gezogen. Die meisten davon hat das Gericht als unbegründet abgeschmettert, einen Beweisantrag konnte die Kammer aber nicht ignorieren: Darin weist die angeklagte Anwältin darauf hin, dass ihre ehemalige mitangeklagte und inzwischen selbst verurteilte Kanzlei-Mitarbeiteruin (32) die Unterschrift ihrer Chefin auf einem Antrag für Verhinderungspflege gefälscht und das fragliche Dokument eigenständig versandt haben soll. Der Vorgang betraf einen von der Anwältin betreuten Senior.

Den Unterlagen nach soll sich die Nichte der Kanzlei-Mitarbeiterin vertretungsweise um den älteren Mann gekümmert haben. Die Staatsanwaltschaft Detmold geht allerdings davon aus, dass die Leistungen von der Beschuldigten zwar kassiert, aber letztendlich nicht erbracht worden sind. Der betroffene Senior hatte zudem ausgesagt, die Frau nie gesehen zu haben. Gegen die Nichte läuft ein gesondertes Verfahren, weshalb sie zu dem Sachverhalt im Prozess keine Angaben machen musste.

Für Rechtsanwalt Manfred Masuhr, der die noch nicht rechtskräftig verurteilte Kanzlei-Mitarbeiterin vertritt, sind die von der Angeklagten erhobenen Vorwürfe gegen seine Mandantin komplett neu. Der Verteidiger konnte sich daher nicht weiter äußern. Die Kanzlei-Mitarbeiterin war vor Kurzem wegen Betrugs in drei Fällen zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Aktuell läuft die Revision. Zu Beginn des Verfahrens hatte die 32-Jährige noch gemeinsam mit ihrer Chefin auf der Anklagebank gesessen.

Gutachten unter Zeitdruck Der nun im Fokus stehende Antrag für die mutmaßlich nicht erbrachte Verhinderungspflege ist zwar augenscheinlich von der Anwältin unterschrieben worden, die will mit dem Dokument aber nichts zu tun gehabt haben. Um das zu beweisen, hat Verteidigerin Peterhanwahr an Prozesstag 27 beantragt, ein grafologisches Gutachten erstellen zu lassen. Die Kammer gab dem außerhalb der Hauptverhandlung statt und beauftragte daraufhin eine Sachverständige des Landeskriminalamts.

Etwa drei Wochen blieben der Sachverständigen damit Zeit, die Unterschriften und Schriftbilder entsprechend zu analysieren und zu vergleichen. Ein Ergebnis liegt nach Angaben des Landgerichts noch nicht vor. Lange stand nicht mal fest, ob das Gutachten rechtzeitig wird. Das sieht allerdings inzwischen ganz gut aus, erklärte Oberstaatsanwalt Christopher Imig. Das heißt, ein Ende der Beweisaufnahme könnte zumindest in greifbare Nähe rücken. Es sei denn, es wartet die nächste Überraschung.

Der Prozess wird am 23. September fortgesetzt. Auch für den 26. September ist noch ein Verhandlungstag vorgesehen.

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