Jobst-Hermann Koch lässt in Lemgo den musikalischen Funken überspringen

Lemgo. Die Musik bestimmt sein Leben. Die Orgel, der er ihren ganz eigenen Klang entlockt und die ihm zum Lebensglück nicht nur erfüllende Momente, sondern auch die passende Frau bescherte. Jobst-Hermann Koch, Musiker, Komponist, Lehrer, Organist und langjähriger Kantor von St. Nicolai, wird 90 Jahre alt. Das will die Kirchengemeinde am Sonntag, 22. Juni, mit vielen Weggefährten und weiteren besonderen Momenten feiern.

Die Musik, die wurde dem Lemgoer wohl in die Wiege gelegt und das Kantorenamt quasi als Erbe oben drauf gepackt. Denn Großvater und Urgroßvater Sauerländer waren beide Kantoren. Der eine an St. Nicolai, der andere an St. Marien. Und so prägte die Musik früh das Leben des jungen Lemgoers, auch wenn der Opa väterlicherseits ihn gerne in dem Lederwarenhandel an der Echternstraße gesehen hätte - für den jungen Jobst-Hermann aber war früh klar: &bdquo;Ich will Musiker werden.“

Erste Orgelvertretung mit 12 Jahren Schon als Schüler am Engelbert-Kaempfer-Gymnasium gründete er eine Jazzband und ging als Zehnjähriger bei Kantor Schmidt in St. Marien in die Lehre. Nach zwei Jahren übernahm der damals Zwölfjährige die ersten Orgelvertretungen bei Gottesdiensten. In Detmold und Hamburg studierte er Schul- und Kirchenmusik, kam dann als Musiklehrer zurück nach Lippe, um zunächst an der damaligen Mädchenschule in Bad Salzuflen und am Vorläufer des Grabbe-Gymnasiums in Detmold zu unterrichten, bevor es ihn später an das Engelbert-Kaempfer-Gymnasium zurückzog.

Schon 1958 hatte er ehrenamtlich die Kantoren- und Organistenstelle in St. Nicolai übernommen, die er über 45 Jahre ausfüllen sollte, und beharrlich begonnen, die Kantorei aufzubauen. &bdquo;Ohne die Schüler wäre das gar nicht möglich gewesen“, blickt der Lemgoer auf die großen Aufführungen wie etwa die Matthäus-Passion oder das Brahms-Requiem zurück. Immer wieder gelang es ihm, die jungen Menschen auch für die Kirchenmusik zu gewinnen. Mit offener, herzlicher Art, die ihm noch heute zu eigen ist.

In vielen Genres unterwegs Kantorei oder Lehramt? Er möchte nicht entscheiden: &bdquo;Im Herzen bin ich einfach Musiker gewesen.“ Und diese Begeisterung wusste er in ganz unterschiedlichen Genres zu vermitteln - in der Bigband am Gymnasium, in Chören, in der Kantorei, in Instrumental- und Vokalensembles und mit neuen Veranstaltungen . In St. Nicolai gelang das lange auch ohne Orgel, denn das alte Kriegsmodell hatte bereits 1958 das letzte Register gezogen, erst 1968 sollte es hochwertigen Ersatz geben. &bdquo;Und da“, erinnert sich der Kirchenmusikdirektor, &bdquo;konnte es dann richtig losgehen“.

An Jobst-Hermann Koch und seinem vielfältigen Schaffen ging bald in ganz Lippe kein Weg mehr vorbei: Er wurde Lehrbeauftragter für nebenberufliche Kirchenmusiker, Dozent an der Hochschule für Musik Detmold, Vorsitzender des Verbandes der Kirchenmusiker und vieles mehr. 2002 wurde er zum Kirchenmusikdirektor berufen und erhielt 2010 den Kulturpreis des Landesverbandes Lippe und das große Stadtsiegel der Hansestadt Lemgo als Anerkennung für sein Lebenswerk.

Das prägte er als Musiker, Komponist und ausgebildeter Bariton. Immer wieder hat er eigene Stücke geschrieben, Note für Note penibel handschriftlich aufgezeichnet - und manche dieser Abschriften, erzählt er schmunzelnd, seien noch heute bei seinen damaligen Schülern im Einsatz. Das Komponieren und auch Improvisieren , dafür &bdquo;habe ich wohl ein gewisses Talent“, erinnert er sich an die Übungsstunden am Klavier, bei denen Großvater Sauerländer zuhörte: &bdquo;Du spielst nicht, was in den Noten steht“, hakte der des Öfteren irritiert nach, wenn der Enkel den tradierten Stücken wieder einmal neue Noten und Läufe entlockte.

Musik führte ihn zu seiner Frau Die Musik hat die Weichen seines Lebens gestellt - und Jobst-Hermann Koch damit auch zu Ehefrau Gerburg geführt. Als junger Kirchenmusiker lernte er die damalige Schülerin bei den Proben für das Weihnachtsoratorium in St. Marien kennen. &bdquo;Kläschen hat uns dann zusammengebracht“, lacht Gerburg Koch und erzählt augenzwinkernd: &bdquo;Am ersten Weihnachtstag durfte ich zu ihm hoch an die Orgel, am zweiten Weihnachtstag habe ich ihn dann meiner Familie vorgestellt.“ Sechs Wochen nach ihrem Abitur standen sie vor dem Traualtar - 60 Jahre ist das mittlerweile her. Auch im Kulturausschuss war Jobst-Hermann Koch über Jahrzehnte aktiv, stets bemüht, das historische Erbe seiner geliebten Heimatstadt zu bewahren. Vehement setzte er sich gegen die Pläne von Harald Dallmann ein, der Anfang der 70er-Jahre große Teile der historischen Altstadt für Parkplatz und Straßen abreißen wollte.

Musik, Kultur, Natur - diese Einheit versuchte er stets, seinen Schülern auf vielen Konzertreisen zu vermitteln, er selbst wurde als Organist weltweit für Konzerte angefragt. Und noch heute ist der 90-Jährige für die Musik unterwegs, übernimmt Orgelvertretungen im weiten Umkreis. Die Sonntage sind damit meist für das ganze Jahr ausgebucht, doch als Belastung mag Jobst-Hermann Koch das nicht empfinden: &bdquo;Musik erfüllt mich mit Freude, ist mein Leben“, sagt er schlicht und manchmal, da gelinge es ihm wohl, &bdquo;der Musik quasi als Medium eine Stimme zu entlocken“. Und was, fragt der Jubilar, was könne es Schöneres geben?

Festveranstaltung am 22. Juni Zu Ehren von Jobst-Hermann Koch wird die Gemeinde St. Nicolai Lemgo am Sonntag, 22. Juni, einen besonderen Festgottesdienst feiern. Ab 10 Uhr wird die Bach-Kantate &bdquo;Lobe den Herren“ von Kantorei, Solisten und kleinem Orchester aufgeführt. Nach dem Gottesdienst gibt es im &bdquo;Treffpunkt Seitenschiff“ einen Empfang. Von 12 bis 13 Uhr folgt eine Matinee mit musikalischen Beiträgen, unter anderem von den vielen Schülern und Wegbegleitern von Jobst-Hermann Koch, die zu Ehren ihres Lehrers zum Teil aus ganz Deutschland anreisen.

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