Satire, Politik, Osterweiterung: Warum Paul Kuhlemann Lippes Landrat werden will

Kreis Lippe. Selbstbewusst lächelnd steht Paul Kuhlemann vor dem ehemaligen Gebäude der Friedenskirche in Detmold-Remmighausen, seinem gewählten Lieblingsort. Mit 29 Jahren ist er der jüngste Bewerber für den Posten des Landrats, für Die Partei geht er ins Rennen. Warum dieser Ort eine besondere Bedeutung hat, seine Partei durchaus ernst zu nehmen ist und wie er die Probleme Lippes angehen will, verrät er im Interview.

Warum haben Sie diesen Ort ausgewählt?

Paul Kuhlemann: Ich habe lange darüber nachgedacht, und dieser ist - auch was die politische Botschaft angeht – ein wichtiger Ort. Erstens ist es ein Gebäude, das mal eine Kirche war und jetzt leer steht. Grundsätzlich finde ich weniger Kirchen gut. Es gab einen Vorschlag von den Anwohnenden, die gerne einen Gemeinschaftsraum hier hätten. Und wir waren die einzige Partei im Detmolder Stadtrat, die sich dafür eingesetzt hat und hier einen Cannabis Social Club errichten wollte. Wir finden auch, dass dieses Gebäude denkmalschutzwürdig ist. Außerdem gibt es in Deutschland nur sehr wenige Schutzräume, daher könnte dieses Gebäude ein Symbol der Sicherheit sein – einer der letzten Bunker.

Sie sind der jüngste Landratskandidat. Warum gehen Sie ins Rennen?

Paul Kuhlemann: (lacht) Weil es sonst keiner aus meiner Partei machen wollte. Und bevor wir niemanden ins Rennen schicken, mache ich das. Und das in jedem Fall besser als mein Vorgänger.

Die Partei setzt auf Satire, Sie sagen vieles mit einem Augenzwinkern. Sie wollen aber schon ernst genommen werden, oder?

Paul Kuhlemann: Ja, natürlich. Ich denke, die meisten anderen Parteien nehmen uns auch ernst. Wir sind die einzige Partei, die für Leute wählbar ist, die mit allen anderen Parteien nichts anfangen können. Und wir schaffen es immer wieder, Menschen, die eigentlich nicht sehr politisch sind, zu politisieren, nämlich mit der Ebene des Humors und auch der Satire. Es ist aber auch nicht immer alles lustig, was wir machen. Niemand aus den anderen Parteien hat, glaube ich, wirklich Lust, dass wir uns auf ihn einschießen. Damit haben wir auch einen Hebel in der Hand, um vielleicht ein bisschen Druck auszuüben, um auf Themen aufmerksam zu machen, auf die unserer Meinung nach aufmerksam gemacht gehört.

Dann fangen wir mal mit den lokalpolitischen Themen an: Für Wilbasen stehen Investitionen in Höhe von über einer Million Euro im Raum...

Paul Kuhlemann: Ich habe eine Idee, wie wir das günstiger hinkriegen. Der Wilbaser Markt war ja ursprünglich ein Viehmarkt, da könnten wir anknüpfen. Wir schaffen einfach Anreize für die Leute, dort noch mehr Geld auszugeben, indem wir ab dem 15. Bier eine Kuh verschenken. Das können wir natürlich deckeln, je nachdem, wie viel der Kreis investieren will.

Hilft aber bei den jetzt notwendigen Investitionen nicht.

Paul Kuhlemann: Wenn der Kreis diesen Anreiz schafft, steigen die Einnahmen so stark, dass keine weiteren Zuschüsse nötig sind. Investieren wir ein letztes Mal und dann machen wir das über die Kühe.

Der Kreishaushalt ist klamm , wie ließe der sich sanieren?

Paul Kuhlemann: Ich glaube, man würde sehr viel einsparen, indem man die Vergütung der Kreistagsmitglieder und die Fraktionsgelder drastisch kürzt. Das Gehalt des Landrats würde natürlich unangetastet bleiben ( schmunzelt ). Aber Vertreter von Wählern und Parteien sollten das mit Herzblut und nicht aus finanzieller Motivation heraus machen.

Es engagieren sich so wenige junge Menschen in der Politik. Wie wollen Sie die dazu kriegen, das dann trotzdem zu tun?

Paul Kuhlemann: Ich denke, ich gehe da mit gutem Beispiel voran. Und wollen wir die Leute, die das nur wegen des Geldes machen, in unseren politischen Gremien haben?

Die Lipper sehen laut Lippe-Check die Mobilität auf dem Land als problematisch an.

Paul Kuhlemann: Unsere Idee: Trecker-Taxis, wir haben ja relativ viel Landwirtschaft in Lippe. Der Kreis könnte Haltestellen-Häuschen an die Straße stellen und die Bauern sich als Mitfahrgelegenheit etwas dazuverdienen.

Und was ist mit Straßen, Radwegen, ÖPNV?

Paul Kuhlemann: Es reicht ja schon, sich die &bdquo;Verbindung“ zwischen Detmold und Lemgo anzuschauen. Das sind die einzigen beiden Städte in Lippe, in denen junge Menschen leben, und es gibt nur eine Verbindung. Grundsätzlich wäre ein flächendeckendes Straßenbahnnetz ein guter Ansatz. Das ist ein schönes Prestigeprojekt, da müsste man auch an Fördergelder vom Bund kommen.

Weiteres Manko in Lippe: fehlender Wohnraum.

Paul Kuhlemann: Das ist ein wichtiger Punkt, dem ich mich auch schon angenommen habe. Sobald meine Kandidatur bekannt war, habe ich mich mit meinem Paderborner Pendant darauf geeinigt, dass wir Höxter untereinander aufteilen. Das ist eine notwendige Osterweiterung lippischen Gebiets. Es ist größtenteils unbesiedeltes Gelände, da können wir Wohnraum ohne Ende schaffen.

Was muss in Lippe besser laufen?

Paul Kuhlemann: Ganz klar die Gesundheitsversorgung, die ist in katastrophalem Zustand. Oma und Opa müssen vor allem auf dem Land Ewigkeiten fahren bis zum nächsten Hausarzt oder Krankenhaus, um dann zu erfahren, dass man keinen Platz mehr für sie hat. Das geht nicht. Ich denke Oma und Opa haben es verdient, ihre Altersarmut möglichst lange zu genießen, daher müsste die Gesundheitsversorgung wieder angekurbelt werden. Ich werde mich dafür einsetzen, eine Uniklinik in jeder lippischen Gemeinde zu fördern.

Was macht Lippe liebenswert?

Paul Kuhlemann: Die netten Menschen nein Quatsch, natürlich Grünkohl und Wacholder.

Persönlich Paul Kuhlemann, 29, ist in Detmold geboren und aufgewachsen, hat hier auch Abitur gemacht und studiert an der Universität Bielefeld Germanistik und Sozialwissenschaften auf Lehramt. Nebenbei arbeitet er in der Gastronomie.

Seit 2017 ist er Mitglied bei Die Partei, seit 2021 Vorsitzender des Ortsverbands Detmold und Mitglied des Landesvorstands NRW. Er spielt in einer Metal-Band und hat eine große Vorliebe für Lyrik.

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