Kreis Lippe. Der Anruf kommt, als sie unterwegs in der Stadt ist: Sie möge bitte schleunigst per Bank-App auf ihrem Handy acht dort vorbereitete Überweisungen an eine Bank in Berlin freigeben, das Geld sei versehentlich auf ihrem Konto gelandet und müsse zurück. Nun, die Durchwahl des Bankberaters stimmt, ein bekannter Name taucht auf dem Handy-Display auf - er war ja schließlich eingespeichert. „Wird wohl stimmen“, denkt sie und folgte der Aufforderung. Ende vom Lied: Sie sitzt einem Betrug auf. 52.000 Euro in acht Tranchen sind weg, die Nerven liegen brach, die Detmolderin ist gesundheitlich angeschlagen. Vor Scham, vor Wut, vor Sorge, denn das Geld war für die kommenden Jahre fest eingeplant. Konto genau ausgespäht „Eine Rente bekommen wir nicht“, sagt der Ehemann, er hatte während seiner Selbstständigkeit vorgesorgt und gut durchkalkuliert fürs Alter gespart. Die 52.000 Euro hatte er nur vorübergehend auf dem Girokonto geparkt, es galt, Steuerforderungen nach der teilweisen Privatisierung des Betriebes zu begleichen. „Die Betrüger haben genau ausgespäht, wann sie zuschlagen. Wir haben sonst nie so viel Geld auf dem Konto ...“, berichtet er, fassungslos über die kriminelle Energie. „Auch müssen sie vorher Zugriff aufs Konto gehabt haben, sonst wären die Überweisungsträger ja nicht vorbereitet gewesen.“ Die Hausbank sei offensichtlich nicht genügend gegen diese Art des Betruges gewappnet. Seiner Frau wird der Betrug relativ schnell klar, doch alles Bemühen bei der Hausbank bleibt erfolglos. „Die Bank sagt, sie kann nichts machen, wir hätten die Überweisungen ja korrekt freigegeben.“ Die unmittelbare Anzeige bei der Polizei führte zwar wohl dazu, dass diese die Berliner Bank anwies, das Detmolder Geld erst einmal nicht an Dritte weiterzuleiten. Aber nichts Genaues weiß man nicht: „Wir haben seitdem nichts mehr gehört.“ „Alle sind vollkommen hilflos“ Und das ist es, was die Detmolder nahezu genauso empört wie der Verlust des Geldes sie schmerzt: Sie fühlen sich von der Bank, der Polizei und der Staatsanwaltschaft im Stich gelassen. Niemand kümmere sich, von den Ermittlungsbehörden hören sie nichts. Kein Aktenzeichen, kein Stand der Dinge, keine Entschuldigung oder Erklärung der Bank. „Offensichtlich sind bei dieser Art von Betrug alle vollkommen hilflos.“ Das Geld läge bestimmt unerreichbar auf einem Konto sonst wo, die Drahtzieher des Betruges säßen wiederum wohl ganz woanders. „Die Ermittlungen sind noch offen“, sagt die Staatsanwaltschaft Detmold und spricht von einer leider bekannten Betrugsmasche. Grundsätzlich sei die Aufklärung sehr schwierig, da sich die Täter über das „Call-ID-Spoofing“ absicherten - eine verbotene Methode, Anrufe von einer vorgetäuschten Nummer aus vorzunehmen. „Hierdurch ist es in der Regel unmöglich, die digitale Spur zu verfolgen,“ erklärt Sprecher Alexander Görlitz. Einziger Ansatzpunkt sei oft der Weg des Geldes. Und da bekannt ist, dass dieser nach Berlin führt - steigert das die Chancen, dass die Detmolder es zurückbekommen können? „Es kommt stets auf den Einzelfall an, wann und wie schnell die Banken informiert werden und ob diese noch in der Lage sind, die Gelder einzufrieren.“ Grundsätzlich seien Banken verpflichtet, eine Verdachtsmeldung abzugeben und die Geldeingänge zunächst anzuhalten, wenn sie Anhaltspunkte dafür haben, dass es sich um inkriminiertes Vermögen handele. Bei den Kontoinhabern handele es sich regelmäßig um „leichtfertige Geldwäscher“, die oftmals selber Opfer eines Betruges geworden seien und die betrügerisch dazu veranlasst wurden, Konten für die Hintermänner zu eröffnen. „Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz“ Die Verbund-Volksbank OWL erklärt, dass es aufgrund der technischen Möglichkeiten leider keinen hundertprozentigen Schutz gebe, sich gegen den Missbrauch ihrer Telefonnummern zu wappnen. Sie selbst habe deswegen keine Anzeige erstattet. „Wir investieren personell und technologisch viel in die Betrugsprävention und sensibilisieren unsere Kunden regelmäßig über bekannte Betrugssachverhalte“, schreibt Sprecher Thorsten Heggen. „Die Zahl der entsprechenden Betrugsfälle bei uns bewegt sich aber in einem überschaubaren Rahmen.“ Die Bank selbst habe keine Möglichkeit, das Geld zurückzuholen. „Diese besteht für die Strafverfolgungsbehörden, sofern das Geld beim Täter noch vorhanden ist und arrestiert werden kann.“ Heggen stellt klar: „Wie würden niemals telefonisch Kunden dazu auffordern, Transaktionen vorzunehmen. Kunden sollten, selbst wenn sie von einer vertrauten Nummer aus angerufen werden, sich unter keinen Umständen unter Druck setzen lassen, auflegen und ihrerseits die Bank anrufen und den Sachverhalt schildern.“ Unterm Strich sehen die Detmolder wenig Chancen, das Geld je wiederzusehen: „Aber vielleicht hilft es ja, wenn Sie den Fall in der LZ schildern, dass anderen so etwas erspart bleibt.“ Lesen Sie auch: Schluchzende „Tochter“ am Telefon: Lipperin fällt beinahe auf Betrüger rein oder: Falscher „Elon Musk“ meldet sich bei Bad Salzufler und verspricht einen Tesla als Geschenk