Lemgo. Es sind eindeutig vor allem Väter mit ihren Söhnen, die sich am Montagmorgen trotz Glättegefahr und Nebel beim Sonderpostenmarkt an der Lageschen Straße einfinden. Eine besonders ungewöhnliche Mischung tragen dabei die beiden Lagenser Sascha und Filius Luca (16) aus dem Laden: Sie haben sowohl Hundefutter als auch Böller im Arm. Für den Familienvater kein Widerspruch: „Als ehemaliger Hundesportler habe ich unseren Vierbeiner an Schuss- und Knallgeräusche gewöhnt.“ Dennoch hat er Verständnis für die Forderung nach einem Feuerwerksverbot: „Ich wäre sogar dafür“, so der 36-Jährige, der seinen Nachnamen wie viele andere Protagonisten dieser LZ-Umfrage nicht in der Zeitung lesen möchte. Gruppendruck bei Jugendlichen „Allein wegen des CO2-Ausstoßes und wegen der Tiere, die Stress haben“ sei er im Grunde dagegen. Doch so lange das Böllern erlaubt sei, müsse er seinen Sohn doch auf den Umgang mit den Knallkörpern vorbereiten. „Ich habe das auch von meinem Vater gelernt, und - sehen Sie! - bei mir sind noch alle Finger dran.“ So lange es kein Verbot gebe, werde er es seinen Kindern nicht verbieten. „Es ist wie mit dem Handy, der Gruppendruck ist groß“, so der Mann aus Lage. Diesen Punkt bestätigt auch Kirsten (49) voll und ganz. Sie ist mit ihren Töchtern Kim (5) und Xenia (16) extra aus Schieder-Schwalenberg angereist. „Unter den Jugendlichen gehört es einfach dazu“, so die zweifache Mutter, „und verbieten kann man es ihnen nicht.“ Für sie persönlich reiche alles, „was sich am Fußboden abspielt und ohne ,Wumms’ vor sich geht“. Als Pferdebesitzerin weiß sie um den Stress, den die Tiere in der „halben Stunde Knallerei“ ab null Uhr durchleiden. „Das sind Fluchttiere. Die laufen im Stall nur im Kreis.“ Im Einkaufswagen landeten bei ihr daher vor allem Dinge, die keinen Krach machen wie Wunderkerzen, Rauchbälle - „kannte ich noch gar nicht!“ - sowie die klassischen Knallerbsen für die Kinder. „Diese D-Böller, die dann in Gullis gesteckt werden ... ab heute Abend geht das jetzt wieder los“, so die 49-Jährige und winkt genervt ab. Belastung für die Kliniken Genervt ist auch Heike Schmidt aus Lemgo von dem Bohei um die Knallerei - sie eilt mit nichts weiter als einigen Silvester-Glücksklee-Pflänzchen aus dem Markt. „Ich habe da echt keinen Bock drauf“, macht sie ihrem Unmut Luft. Ihre Katze hole sie an Silvester rechtzeitig ins Haus, das sei recht unproblematisch. „Aber für die Krankenhäuser ist es doch schlimm!“, findet sie. All die unnötigen Verletzungen, „die Finger, die Hände, die überlasteten Notaufnahmen“, zählt sie auf. „Ein zentrales Feuerwerk wie in Bad Salzuflen - das wär’s“, findet Schmidt. Eine differenzierte Meinung zum Thema hat Familienvater Holger, der mit seinem 12-jährigen Sohn Finn eingekauft hat. Er fände es ideal, statt eines Verbots die Lautstärke des verfügbaren Feuerwerks zu begrenzen und „nur kleinere Kaliber“ zu erlauben. „Außerdem“, findet er, „sollte der Zeitraum streng auf 18 Uhr an Silvester bis 6 Uhr früh an Neujahr begrenzt werden.“ In ihrer Familie stünde ihnen der Sinn sowieso eher nach Licht und Showeffekt, wie Fontänen sie böten. „Hammerteile braucht keiner“ Er habe den Eindruck, dass „die Leute nicht mehr ganz so abgedreht sind wie direkt nach Corona“, so der Lagenser - „da war es schlimm“. Dennoch, als der Markt um 8 Uhr und damit eine Stunde früher als regulär öffnete, habe sich die Schlange der Wartenden noch über den Parkplatz bis zur Straße gezogen. „Da haben Finn und ich gesagt, wir gehen erst mal frühstücken und kommen dann noch mal wieder.“ Ihr eigener Hund sei an Silvester „tiefenentspannt, aber wir kennen auch andere“, sagt der 12-Jährige mitfühlend. Daher sei für sie klar: „Diese Hammerteile, die braucht kein Mensch.“