Alle Jahre wieder: Lipper wissen, warum Feiertage alles andere als harmonisch verlaufen

Kreis Lippe. Viele Familien werden es kennen: Statt in Eintracht unter dem Weihnachtsbaum zu sitzen, gemütlich zu essen, zu singen und Geschenke auszupacken, rödelt Mama gestresst in der Küche herum, raunzt den Papa an, der sich derweil in den Garten oder Keller verzieht, und während in der einen Ecke zwei hitzig über irgendein Thema diskutieren, bei dem sie sich noch nie einig wurden, sprechen in der anderen zwei erst gar nicht miteinander. Harmonie an den Feiertagen? Fehlanzeige. Doch woran liegt es?

Wo viele zusammenkommen, können Konflikte entstehen, weiß die Lagenser Paartherapeutin Nicole Gerigk. &bdquo;Insbesondere dann, wenn das Zusammentreffen als Verpflichtung angesehen wird oder irgendein Konflikt aus der Vergangenheit unausgesprochen im Raum steht.“ Dann sei von der eigentlich gewünschten besinnlichen und harmonischen Stimmung nicht viel übrig, man sei frustriert, die Feier wirke gezwungen.

Eigene Erwartungen anpassen Auch zu einem Treffen zu gehen nur einem anderen zuliebe, sei schwierig. Gerade an den Feiertagen, &bdquo;da sollte man sich fragen: Ist das der richtige Tag?“ Denn etwas zu tun, ohne es wirklich zu wollen, sei schwierig. &bdquo;Man muss sich im Klaren darüber sein, dass derjenige, mit dem man Schwierigkeiten hat, sich und seine Einstellungen sicherlich nicht geändert haben wird. Darauf muss man vorbereitet sein, seine eigenen Erwartungen anpassen“, rät Gerigk. Bei sich sein, zu wissen, worauf man sich einlässt - oder sich der Situation dann eben gar nicht erst aussetzen.

Außerdem empfiehlt Nicole Gerigk, offen zu kommunizieren, vor allem ohne Vorwürfe, insbesondere mit dem Partner. &bdquo;Statt zu sagen ,Du hast schon wieder ...’ ein Bedürfnis formulieren, ,könntest du ...’, ,ich bräuchte bitte ...’.“ Auf sich schauen, in sich hineinhören und das mitteilen, &bdquo;sagen, dass es gerade zu viel oder man aufgeregt ist“. Aber auch Verständnis für den anderen zu zeigen, denn vielleicht gehe es dem ja genauso. Manchmal könne es auch helfen, sich vor Augen zu führen, dass das ganze Fest zeitlich begrenzt ist, die herausfordernde Situation endet.

Nichts kurzfristig ändern Auch die Detmolder Psychologin und Psychotherapeutin Pia Büxe sagt: &bdquo;Entweder sich kurzfristig darauf einlassen und feiern oder es eben sein lassen.“ Oft stünden hinter persönlichen Grundannahmen etwa in Bezug auf Perfektionismus , eigenen Kompetenzen zur Selbstfürsorge oder dem Bereich der Resilienz sehr komplexe psychische Prozesse, die sich kurzfristig nicht einfach abstellen oder ändern lassen, sondern oft langwierige Veränderungsprozesse beinhalten.

Wichtig sei laut Nicole Gerigk, sich bei Bedarf aus einer Situation herauszunehmen, aber auch Grenzen zu setzen. An die frische Luft gehen, ein kurzer Spaziergang oder auch einfach mal tief und bewusst in den Bauch atmen, könne dann helfen. &bdquo;Gedanklich an einen Wohlfühlort gehen“, ist ein weiterer Tipp, für manche Menschen auch mit Düften verbunden, um sich zu erden. Eukalyptus zum Beispiel könne helfen, das Nervensystem zu resetten, den Kopf freizubekommen.

&bdquo;Man sollte die Feiertage nicht nutzen, um irgendetwas zu klären“, betont Nicole Gerigk. Schließlich freue sich jeder auf diese Zeit, und es sei die eigene Lebenszeit. Im Zweifel müsse man für sich Konsequenzen ziehen und auch mal &bdquo;Nein“ sagen, wenn es nicht geht. Denn, so betont Pia Büxe: Familien- und Paardynamiken, die während der Feiertage hochkommen und belastend wirken können, könnten kurzfristig selten durch nur eine Person verändert werden.

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