Spätsommer 2010 – eine nasse Angelegenheit. 183 Liter Niederschlag fielen im August in NRW pro Quadratmeter, so viel wie seit mindestens 130 Jahren nicht mehr. Doch was bedeuten diese Regenmassen?
Kreis Lippe. "Wenn es richtig schüttet, verkaufen wir mehrere Regenschirme am Tag", sagt Inge Müller von "Bartelsmeier Lederwaren" in der Lemgoer Innenstadt. "Das sind dann meist nicht die teuersten Modelle, aber die Kunden möchten sich halt sofort vor dem Regen schützen." Das würden sich am liebsten auch die Landwirte, aber für ihre Felder gibt es leider keine XXL-Schirme. "Der vergangene August hatte die wenigsten Mähdrescher-fähigen Tage zu bieten, seit ich mich erinnern kann", sagt Heinrich Kemper vom Landwirtschaftlichen Hauptverein. Die Folge: Auf den lippischen Feldern stehen Anfang September noch 10 bis 20 Prozent des Weizens. "Normalerweise ist die Ernte um den 20. August herum gelaufen", so Kemper. Eine weitere Folge der vielen Regentage: Das Stroh ist knapp, was zum Beispiel die Pferdehalter spüren.
Kinobetreiber Volker Pannenbecker (Lemgo) sieht die vergangenen Wochen aus Geschäftssicht weniger negativ: "Wenn es regnet, wollen mehr Menschen Filme sehen, als wenn draußen die Sonne knallt." Die Favoriten dieses Kinosommers waren übrigens der dritte Teil der Twilight-Saga und der vierte Shrek-Film.
Banger blickt Friedrich-Wilhelm Eckstein vom Vogelpark Heiligenkirchen in den Himmel: "Im Frühjahr war es zu nass, im Juli zu heiß und im August wieder zu nass." Die Folge: Sein Vogelpark muss aktuell mit einem 28-prozentigen Besucherminus gegenüber dem Vorjahr leben. "Jetzt hoffen wir auf einen Goldenen Herbst."
Ähnlich sieht es im Campingpark Kalletal im Weserfreizeitzentrum aus. Laut einer Sprecherin haben im August nur wenige Badegäste den wieder öffentlich zugänglichen See besucht. "Und natürlich fehlen auch diejenigen, die sich spontan überlegen, für ein Wochenende zum Zelten zu fahren."
Eine volle Liegewiese gab es auch im Freibad in Hohenhausen im August nur sehr selten. Aber: "Unsere Stammkunden kommen jeden Tag. Und auch die Kinder, die bei uns schwimmen lernen, sind nicht empfindlich. Dazu haben sich in den Ferien zwei bis drei Cliquen fast jeden Tag im Freibad getroffen – auch wenn nicht die Sonne schien", so Schwimmmeisterin Stefanie Schlanow.
Ihre gute Laune lässt sich Fabiana Da Col aus Blomberg nicht verderben. Auch wenn sie und ihr Mann als Betreiber von zwei Eisdielen im August fast mehr Cappuccinos als Eisbecher verkauften. "Man muss es nehmen, wie es kommt. Das Wetter und die Frauen kann man nicht kommandieren."