In Müssen gärtnern Wasserbüffel und Rinder, wenn’s hinten fällt

Lage-Müssen. Mariela hat es raus: Wenn Dirk Grote das Tor aufschließt, dann wird er zart angestupst. Ohne eine Schmuserunde kommt er nicht davon. Und weil Grote Besuch mitgebracht hat, staubt auch Isabella gleich eine Kraulrunde ab. Einzig Alfonso hat es nicht so mit der Streichelei. Die jungen Wasserbüffel sind seit einigen Monaten im Bereich der &bdquo;Schieregge“ in Müssen zu Hause. In einiger Entfernung steht John Boy und sieht sich das Ganze an.

Der Schottische Hochland-Bulle ist vor einer Stunde gekommen - und diese Büffel findet er irgendwie interessant. Bislang läuft das Beweidungsprojekt sehr viel besser als gedacht.

Erst sollten alle Schottischen Hochlandrinder zurück in die Wistinghauser Senne, aber Alfons (12 Jahre) und Anton (10 Jahre), die beiden Ochsen, fühlen sich so wohl dort, dass das Team der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Lippe beschlossen hat, es anders zu machen. Die sechs jungen Kühe, die am Start im Frühjahr dabei waren, sind in die Wistinghauser Senne verbracht worden, die älteren Ochsen bleiben im Winter in Müssen.

Der gut drei Jahre alte Bulle John Boy kann sich dort eingewöhnen und die drei jungen Wasserbüffel finden es eh dort am allerbesten, haben sie doch ihre Teiche direkt vor Ort.

Das Tierwohl steht an erster Stelle, Dirk Grote freut sich aber sehr darüber, dass es auch die Anwohner waren, die &bdquo;ihre Tiere sehr vermisst hätten“. Also wurde ein Weidezelt aufgestellt, das die Wasserbüffel schon mal nutzen. Die Schotten allerdings sind ein anderes Kaliber. Ihr Motto ist im Winter sehr einfach: Wenig bewegen, haushalten mit der Energie. Und weil momentan das Futterangebot nicht so reichhaltig ist, gibt es Heu dazu. Mit einem Rundballen, also um die 250 Kilogramm Heu pro Woche, wird die sechsköpfige Gruppe satt.

Die eisigen Temperaturen derzeit machen allen nichts aus. &bdquo;Wasserbüffel können bis Minus 24 Grad draußen bleiben“, sagt Grote. Das Problem könne ein ganz anderes werden: Frieren die Teiche am Rand zu und die Büffel gehen aufs Eis, um an die noch offene Wasserstelle zu kommen, könnten sie einbrechen. &bdquo;Das wollen wir auf keinen Fall riskieren. In dem Fall stellen wir sie in einen abgetrennten Bereich und versorgen sie komplett.“

Noch ist davon nichts zu sehen, die Teiche sind frei.

Durch das kristallklare Wasser schwimmt ein Nutria, ein Eisvogel stürzt sich von einem Ast in den See und fischt sich sein Mittagessen. Es ist eine Idylle, eine Natur, die sich mit den Rindern verändert. &bdquo;Ich wollte Ihnen einen Kuhfladen zeigen“, sagt Dirk Grote und man wundert sich, denn es liegen auf der steinigen Fläche eigentlich genug herum. Dann zeigt Janosch Sowa, Mitinitator des Projektes, nach unten: Da liegt der Fladen und ganz zart wächst rundherum Gras aus dem steinigen Grund. &bdquo;Die Tiere verteilen die Pflanzensamen mit ihrem Dung, das heißt, diese Fläche wird sich verändern.“ Die Rinder gärtnern also mehr im Vorbeigehen und Fallenlassen.

Auch John Boy, es kracht, er bahnt sich seinen Weg durch das Gestrüpp, denn vor ihm sind die drei Büffel unterwegs zum Wasser und das findet der Bulle interessant. Dass die Rinder den Gehölzwuchs in Schach halten, ist gewollt. Rundherum gebe es Trampelpfade, sagt Kim Kerkhoff, die ein freiwilliges ökologisches Jahr bei der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Lippe absolviert. John Boy hat es unterdessen aufgegeben, hinter den Büffeln herzulaufen.

&bdquo;Der hatte in seinem alten Zuhause sieben Kühe seinesgleichen - jetzt diese Büffel, da muss er sich denken: Was kommt jetzt wohl noch?“, sagt Grote lachend. Dass der dreijährige Bulle sich aus männlicher Sicht für die Kühe interessieren könnte, scheitert an biologischen Grenzen: Wasserbüffel und Schottische Hochlandrinder können sich nicht verpaaren.

Nachwuchs soll es 2025 geben Aber der Bulle soll keinesfalls darben. Im Sommer kommen einige Kühe aus der Wistinghauser Senne nach Müssen - und wenn John Boy dann in Form ist, könnte es mit dem Nachwuchs in 2025 was werden.

Im Blick hat Grote die gesamte Herde, also auch die Tiere, die zum größten Teil in der Wistinghauser Senne und zum kleineren Teil in Augustdorf stehen, 60 sind es insgesamt. &bdquo;Wir haben eine sehr gut funktionierende Herde, in zehn Jahren haben wir sie aufgebaut. Entsprechend wählen wir für die Nachzucht aus“, sagt Grote. Der Charakter spielt eine Rolle. Die Kälber lernten von ihren Müttern. &bdquo;Wenn die entspannt sind, wenn Menschen durch ihre Koppeln laufen, dann sind die Kälber es auch.“ Die Rinder sind zwischen einem und 20 Jahre alt. Und einen gewissen Menschenbezug müssen auch die urwüchsigen Rinder haben, denn wenn es um die Klauenpflege geht, Tierarztbesuche, Transporte oder anderes, dann ist es gut, wenn sie Bezugspersonen akzeptieren.

Wasserbüffel riechen super Bei den Wasserbüffeln habe man erst einmal Erfahrungen sammeln müssen. &bdquo;Wir dachten, wir bekommen sie aus dem Wasser nicht mehr raus, und hatten uns überlegt, mit welchen Schlickereien wir sie wohl locken könnten, damit wir sie nicht per Boot irgendwie Richtung Land dirigieren müssen. Aber es war ganz anders. Sie lieben Wasser, klar, aber sie mögen es auch, wenn sie gekrault werden. Dann werfen sie sich schon mal auf den Rücken und erwarten, dass der Bauch ebenfalls dran ist.“

Marielas Fell glänzt in der Sonne, das Haar ist harsch, richtig fest. Man muss schon tiefere Schichten finden, die sind weicher. Und Grote geht noch weiter: &bdquo;Schnuppern Sie mal am Kopf - die riechen so gut.“ Und ja, nachdem die Kuhzunge einmal über die Jacke der neugierigen Redakteurin gewitscht ist, schafft es deren menschliche Nase bis zur Stirn der jungen Kuh. Und tatsächlich: Es riecht ein wenig wie eine Hundewelpe, irgendwie sauber, warm und angenehm.

Den Vergleich mit den Schotten möchte man nicht so ohne weiteres ziehen, haben sie doch prachtvolle Hörner, dazwischen sind sie allerdings absolut friedfertig, versichert Grote. Auch John Boy sei ein sehr umgänglicher Bulle, die Charmeoffensive hebt er sich aber wohl eher für den Sommer auf. &bdquo;Dann wird er sein Verhalten sicher noch einmal ändern und auch mehr Bäume brechen - ist halt mehr Testosteron und er muss ja dann auch seine Damen beeindrucken“, stellt Grote fest.

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