Lagenserin ist im hohen Alter noch zur Leistungssportlerin geworden

Lage. In Jogginghose und Polo-Shirt empfängt Gerda Kleinn-Kifle in der Regel ihre Besucher. Denn entweder war sie bereits zuvor im Schwimmbad, um ihre Bahnen zu ziehen, oder ihre tägliche Runde um den Werreanger steht noch auf dem Programm.

Dafür, dass es nie zu spät ist, sich neuen Herausforderungen zu stellen, ist Gerda die Lagenserin das beste Beispiel. Kurz vor ihrem 80. Geburtstag startete sie mit dem Projekt &bdquo;Deutsches Sportabzeichen“. Inzwischen sind 15 Jahre vergangen und der sportliche Ehrgeiz ungebrochen.

Letztes Jahr musste die Seniorin ihr geliebtes E-Bike gegen einen Rollator eintauschen, nachdem sie in einen Fahrradunfall verwickelt und schwer gestürzt war. &bdquo;Jetzt darf ich nicht mehr aufs Rad.“ So habe es ihr der Arzt geraten, sagt sie und wirkt dabei sichtlich zerknirscht. Doch aufgeben sei keine Option. &bdquo;Ich werde mir einen Heimtrainer anschaffen.“

Schwimmen mit Blutegeln Das sportliche Talent der gelernten Krankenschwester und Hebamme ist vor einigen Jahren im Lagenser Hallenbad aufgefallen. &bdquo;Mich hat ein Mann angesprochen, er hätte mich beobachtet und ich solle doch mal das Sportabzeichen ablegen“, erzählt Gerda Kleinn-Kifle schmunzelnd. &bdquo;Ich wusste gar nicht, was das ist, denn ich hatte 20 Jahre in Äthiopien gelebt und dort für die Medizinische Mission gearbeitet.“ Doch der Vorschlag sollte sich bei der ambitionierten Schwimmerin einbrennen und ihren Ehrgeiz wecken.

Am Anfang sei es jedoch nicht besonders gut gelaufen, gibt die gebürtige Stettinerin zu. Weitsprung? Keine Chance. Laufen? Noch schlimmer. Kugelstoßen? Ging gar nicht. Doch mit der Kurzstrecke und der Langstrecke im Schwimmen konnte sie zwei Voraussetzungen in ihrer Paradedisziplin erfüllen und auch das Radfahren fiel leicht. Das Schwimmen hatte sie übrigens von ihrem Vater in einem Teich voller Blutegel gelernt.

Sandsäcke fliegen durch die Einfahrt Als Zusatz-Alternativen kamen später Seilspringen und ein Wurf mit dem Medizin-Ball in Betracht. &bdquo;Dafür musste ich richtig üben“, berichtet Gerda Kleinn-Kifle von ihrem Einsatz in der heimischen Haus-Einfahrt. &bdquo;Vorbeigehende Leute haben irritiert geguckt, als ich in meinem hohen Alter mit dem Springseil rumgehüpft bin, und der Nachbarsjunge hat kontrolliert, ob ich für den Schleuderwurf die Strecke auch genau ausgemessen hatte.“

Mangels eines Medizinballs mussten zwei Kilogramm schwere Sandsäcke herhalten. Auf der Urkunde des Sportabzeichens in Silber vom letzten Jahr stehen immer noch stolze 5,10 Meter im Medizinballwurf und zwölf Grundsprünge im Seilspringen.

Dass ihre Leistungen und vor allem die Schwimmzeiten wohl zu den Besten gehören, davon will die Sportlerin nichts wissen. &bdquo;Das ist doch nicht schwer, es gibt mit 94 Jahren nur wenig Konkurrenz“, sagt sie lachend. Aufgrund des Fahrradunfalls fällt dieses Jahr die Abnahme des Sportabzeichens aus. Ob Gerda Kleinn-Kifle im nächsten Jahr nochmal angreift? Ausschließen will sie es jedenfalls nicht.

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