Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Stadt bläst den Bauhof-Neubau ab

Till Brand und Tobias Schneider

  • 4
Anstatt umzuziehen, will die Stadt nun doch lieber das jetzige Bauhofdomizil sanieren. - © Tobias Schneider
Anstatt umzuziehen, will die Stadt nun doch lieber das jetzige Bauhofdomizil sanieren. (© Tobias Schneider)

Lemgo. Kommando zurück: Die Stadt wirft ihre Pläne für die Umsiedlung des Bauhofs an die Herforder Straße über Bord. Den Neubau auf dem inzwischen geräumten ehemaligen Gelände der Gärtnerei Wattenberg soll es doch nicht geben. Das etwa 70-köpfige Team bleibt am angestammten Platz.

Wie Bürgermeister Dr. Reiner Austermann am Mittwoch bekanntgab, hat sich im Bieterverfahren kurzfristig herausgestellt, dass die Kosten deutlich höher wären als erwartet. Nur wenige Tage zuvor hatte Erster Beigeordneter Dirk Tolkemitt noch die Hoffnung geäußert, mit dem Bau könne in Kürze begonnen werden, um vor dem Winter 2017 fertig zu werden. Pustekuchen. Statt der erhofften fünf oder sechs Millionen wollen die Bauunternehmer 8,8 Millionen Euro haben, um einen Bauhof zu errichten. Die Verwaltung wird daher nach Austermanns Angaben dem Stadtrat vorschlagen, auf den Umzug zu verzichten und stattdessen in die Modernisierung des bisherigen Standorts zu investieren.

Information

Investition am alten Standort


Statt mit dem Bauhof an die Herforder Straße umzuziehen, will die Stadt nun so rasch wie möglich am bisherigen Standort investieren. Wegen der Umzugspläne sei dort in den vergangenen Jahren nichts mehr gemacht worden, räumt Dirk Tolkemitt ein. „Wir wollen das deshalb nicht auf die lange Bank schieben." Sofern die Politiker dem neuen Vorschlag der Verwaltung zustimmen, könnte es nach Einschätzung von Tolkemitt etwa 2017/2018 mit der Modernisierung des Gebäudes losgehen.

Laut Austermann hatte die Stadt mit einer europaweiten Ausschreibung nach einem Generalunternehmer für das Großprojekt auf dem ehemaligen Gelände der Gärtnerei Wattenberg gesucht. Wie berichtet, sind die Hallen des Betriebs inzwischen dem Erdboden gleich gemacht. „Wenn man merkt, dass das Ergebnis am Ende nicht passt, sollte man nicht einfach weiter auf seinen Plänen beharren", betont Dr. Reiner Austermann.

Was passiert nun mit der Brache Wattenberg? Die Stadt will das ehemalige Gärtnereigelände weiterverkaufen und ist guter Dinge, dass das auch schnell klappen könnte. „Um das Grundstück mache ich mir keine Sorgen", unterstreicht Austermann. Auch Stadtsprecher Karl-Heinz Mense sieht es in Top-Lage. Laut Markus Baier, Geschäftsbereichsleiter Stadtplanung, wären zweigeschossige Gewerbebauten erlaubt. Alles weitere müsse im Hinblick auf Lärm & Co. gutachterlich untersucht werden.

Den Rückzieher „haben wir uns nicht leicht gemacht", ergänzt denn auch Kämmerer Dirk Tolkemitt, der von einer „unternehmerischen Entscheidung" spricht. Sei doch eine Summe von knapp neun Millionen Euro für den Umzug des städtischen Bauhofes nicht zu rechtfertigen. Warum man in der Kostenschätzung derart daneben lag, kann sich die Verwaltung teilweise mit der konjunkturellen Lage erklären. Die Nachfrage auf dem Bausektor habe zu deutlich höheren Preisen geführt, erklärt Mense. Die Finanzierungslücke kann nach Worten von Tolkemitt auch nicht einfach an anderer Stelle eingespart werden. Zwar sei der Umzug tatsächlich ein wichtiges Anliegen gewesen, führte der Beigeordnete aus – „allerdings nicht um jeden Preis".

Nun muss auch der Verkauf des alten Bauhofgrundstücks an die Firma Möller Feuerfesttechnik rückabgewickelt werden. Diese hatte das Ganze bereits als „Potenzialfläche" erworben, wie Geschäftsführer Klaus Röpke auf LZ-Nachfrage bestätigt. Konkrete Pläne habe man allerdings noch nicht für das Areal aufgestellt. Vielmehr habe Möller die günstige Gelegenheit ergriffen, das direkt benachbarte Grundstück als „Vorratsinvestition" zu erwerben, auf der man frühestens in fünf bis zehn Jahren investieren wollte. Insofern sei die Rückabbildung keine Gefährdung des Standortes von Möller.

„Es hätte einfach gut zusammengepasst", bedauert Röpke. Auch Bürgermeister Reiner Austermann bestätigt gute Gespräche über die Rückabwicklung. Eine Perspektive ist nach übereinstimmenden Aussagen des Geschäftsführers sowie des Bürgermeisters, dass Möller möglicherweise auf einem Teil der jetzigen Bauhoffläche zum Zuge kommt. „Das würden wir sehr begrüßen", unterstreicht Möller-Geschäftsführer Röpke. „Wir hatten uns das anders vorgestellt", betont der Bürgermeister abschließend. Es sei viel Arbeit in die Pläne gesteckt worden, die nun umsonst seien. „Das ist natürlich ärgerlich. Aber wo ist die Alternative?"

Kommentar: Eine Landung auf dem Bauch

von Till Brand 

Erst wollte der Kreis nicht mitmachen – aus dem gemeinsamen Bauhof wurde nichts. Und jetzt der zweite Schlag in die Magengrube: Das Projekt „Bauhofneubau" soll sang- und klanglos in der Schublade verschwinden, wäre das Ganze die Stadt doch fast doppelt so teuer zu stehen gekommen wie kalkuliert. Da ist es nur richtig, die Reißleine zu ziehen.

Allerdings lässt sich solch eine Kostenexplosion nicht allein durch die gute Baukonjunktur und anziehende Preise erklären. Warum also lag die Kostenschätzung der Stadt gleich mehrere Millionen unter den nun abgegebenen Angeboten? Die Frage hat ihre Berechtigung, denn zwischenzeitlich sind Kosten aufgelaufen. Für die Planung, für den Notar... Ganz ohne Schaden kommt die Stadt aus der Nummer nicht raus.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.

Herbst-Abo

LZdigital 14 Tage kostenlos lesen

Herbstaktion zum Kennenlernen

Jetzt testen