Lemgoer SPD-Spitze überwirft sich mit Fraktionschef Udo Golabeck

Lemgo. Da dürfte es nichts mehr zu kitten geben: Sowohl der Vorstand des SPD-Stadtverbands als auch des Lemgoer Ortsvereins brechen mehrheitlich mit ihrem Fraktionsvorsitzenden. Udo Golabeck soll bei der Nachwahl der Kandidatenliste für die Kommunalwahl im Herbst nicht mehr auf dem Zettel stehen.

Fraktionschef Golabeck, der angekündigt hatte, das Amt im Herbst abzugeben, spricht auf Nachfrage von &bdquo;Mobbing und einem Klima der Ausgrenzung und des Misstrauens". Lasse Huxoll, Chef des Ortsvereins, will die Sache mit Verweis auf Interna nicht kommentieren – ebenso äußert sich Stadtverbandschef Julien Thiede.

Eigentlich hatte sich Udo Golabeck auf der Reserveliste für die Ratswahl bereits auf Platz 20 einsortiert: ganz am Ende. Die Liste zieht bei Mandaten, die einer Partei prozentual zustehen, aber nicht schon über gewonnene Wahlkreise direkt besetzt worden sind.

Seine Chance, als &bdquo;Hinterbänkler" wieder in den Stadtrat einzuziehen: das Direktmandat in Lieme. Dort sollte Udo Golabeck, der im Dorf wohnt, für die SPD Stimmen sammeln. Die Liste galt als unter Dach und Fach.

Urteil bringt die Sache ins Rollen Zwischenzeitlich urteilte der NRW-Verfassungsgerichtshof jedoch, dass die SPD ihre Listen erneut aufstellen muss, da die Stadt Lemgo ihre Wahlkreise rechtswidrig eingeteilt hat. Dem fällt Golabeck zum Opfer.

Im zweiten Anlauf wollen Stadtverbands- und Lemgoer Ortsvereins-Spitze Udo Golabeck nicht mehr unterstützen. Warum? Nach Informationen dieser Zeitung geht es um verweigerte oder verzögerte Zahlungen der sogenannten Mandatsträgerabgabe.

Die besagt: Ratsleute reichen einen Teil der Aufwandsentschädigung, die sie für die Fraktions- und/oder Ratsarbeit erhalten, an die Partei weiter. Einen Rechtsanspruch auf dieses Geld haben die Parteien aber nicht.

Der Vorwurf aus Stadtverband und Ortsverein: Golabeck halte das Geld für das vierte Quartal 2019 zurück und verstoße damit gegen Parteistatuten – und habe das gegenüber dem Kassierer einen Tag nach Aufstellung der Wahlliste kundgetan. Also nach der Sitzung, auf der Golabeck seinen Wahlkreis in Lieme vermeintlich sicher zugesprochen bekommen habe – bis zum Veto des Gerichtshofs.

Überweisung am 29. Januar? Udo Golabeck selbst beteuert, dass er keine Zahlungen mehr schuldig sei. Am 29. Januar seien 900 Euro von seinem Konto auf das des Stadtverbandes überwiesen und dort auch verbucht worden. Stadtverbandskassierer Alexander Baer wollte mit Verweis auf Datenschutz und interne Angelegenheiten nicht kommentieren, ob das Geld da ist.

Für Udo Golabeck ist klar: &bdquo;Wer behauptet, ich hätte meine Mandatsträgerabgabe nicht überwiesen, den werde ich privatrechtlich belangen." Von der Sparkasse habe er sich inzwischen die &bdquo;unwiderrufliche Überweisung" schriftlich bestätigen lassen.

Richtig sei, dass er das Geld nicht wie üblich Anfang Januar, sondern erst Ende des Monats überwiesen habe, räumt Golabeck ein. Das sei allerdings auch das erste und einzige Mal in den 21 Jahren seiner Ratsarbeit passiert. Alleine in den vergangenen fünf Jahren habe er so 20.000 Euro in die Parteikasse gepumpt.

"Gemobbt und ausgeschlossen" Nun habe er das Geld zunächst zurückgehalten, um Schaden von sich selbst abzuwenden. Bei der Wahl zum Liemer SPD-Kandidaten habe er trotz fehlendem Gegenkandidaten 17 Gegenstimmen bekommen, dazu bei der Beisitzerwahl nur 22 von 45 Ja-Stimmen. Gewählt war er trotzdem, dennoch sei er zu Sitzungen nicht eingeladen worden. Und dann noch Platz 20 auf der Reserveliste... Fazit Golabecks: &bdquo;Ich fühle mich gemobbt und ausgeschlossen."

Um seinen Ruf, der gelitten habe, wieder aufzupolieren, habe er 800 Briefe in Lieme verteilt und Werbeanzeigen im Internet geschaltet. &bdquo;Ich wollte das Geld für eine Image-Kampagne einsetzen und den Rest als Mandatsträgerabgabe überweisen", erklärt Golabeck. Am Ende überwies er eigenen Angaben zufolge dann am 29. Januar doch die volle Summe.

Möglicherweise vor Geldeingang oder bevor er diesen zur Kenntnis nehmen konnte, hat der Stadtverband Konsequenzen gezogen und Golabeck von der Liste geworfen – diesen Dienstag, also am vierten Bank-Arbeitstag nach Überweisung, tat das auch der Ortsverein (OV). Golabeck selbst ist inzwischen vom OV Lemgo nach Brake gewechselt.

Golabeck erwägt "Kampfkandidatur" Wenn Mittwoch der gesamte OV Lemgo tagt und den Vorstands-Vorschlag hört, Golabeck nicht aufzustellen, will der Fraktionschef dabei sein – &bdquo;als Gast". &bdquo;Wenn ich das Wort bekomme, werde ich für mich werben", sagt Golabeck . Für die Delegiertenversammlung am 12. März, wo die Listen fix gemacht werden, behalte er sich eine Kampfkandidatur vor.

Aus der Fraktion sind Stimmen der Enttäuschung zu vernehmen, wie mit dem scheidenden Fraktionschef umgegangen werde. In der Parteispitze dagegen wird der Umgang mit der Zahlung als Bruch Golabecks mit der Lemgoer SPD gewertet, dem mehrere Schlichtungsversuche gefolgt seien. Ob er bis Herbst Fraktionschef bleibt, lässt Golabeck offen.

"Alles andere als klug" Ein Kommentar von Till Brand

Sieben Monate vor der Wahl nun also der offene Bruch: Die jungen, aufstrebenden Kräfte in der SPD servieren ihren Fraktionschef unverhohlen ab.

Dahinter steckt ein Politikwechsel. Kritik aus der zweiten Reihe dringt durch: Der Lemgoer Konsenspolitik fehle die sozialdemokratische Handschrift. Da ist die Rede vom vermeintlichen &bdquo;Kuschelkurs" mit der CDU, der nun aber endlich ein Ende haben soll. Ein gemeinsamer Bürgermeisterkandidat? Von wegen!

Natürlich war es da nicht klug von Udo Golabeck , seine Mandatsträgerabgaben zurückzuhalten. Damit hat er Öl ins Feuer gegossen, mit der Eskalation musste er rechnen. Er hat aber in den vergangenen Monaten auch viel einstecken müssen – nicht alles war Fair Play.

Unklug ist es andererseits auch, den Fraktionschef, der wahrlich dem Wohl Lemgos gedient hat, rüde vom Hof zu jagen. Eine faire Bewertung von Geleistetem und Versäumtem haben er und die scheidenden Ratsmitglieder verdient. Wo Schatten ist, ist auch Licht. Das honorieren auch die Wähler, die der SPD bald ihre Stimme anvertrauen sollen.

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