Kistenkrämer zieht die Reißleine

Lemgo. Der erste Kistenkrämer in Deutschland – er ist bald wieder Geschichte. Im August hat Ralf Kersting in Lüerdissen den Selbstbedienungs-Container aufgestellt. Jetzt zieht er die Reißleine. Ende des Monats ist vorerst Schluss.

Es hat nicht gereicht, sagt der Betriebswirt, der seit 2013 in Lüerdissen wohnt und dort einen Nahversorger etablieren wollte. Denn vor Ort Lebensmittel für den täglichen Bedarf einzukaufen, das ist schon lange nicht mehr möglich.

Sieben Tage in der Woche geöffnet Dabei setzte der 52-Jährige auf ein österreichisches Start up, den Kastlgreisller, der als Franchise-Unternehmen auch in Deutschland als Kistenkrämer Fuß fassen will. Die Idee: Ein Container, in dem Dinge des täglichen Bedarfs zur Auswahl stehen, möglichst mit regionalem Bezug.

Das Ganze sieben Tage die Woche im Selbstbedienungsmodus ohne Personal vor Ort. Der Kunde wählt, scannt und zahlt selbstständig, damit, so die Hoffnung, könnten die Kosten deutlich minimiert werden und sich der kleine Selbstbedienungsladen vor Ort schneller amortisieren.

In Österreich kommt das Projekt an

Doch was in Österreich gut funktioniert, scheint in Lippe in der Umsetzung schwieriger als gedacht. &bdquo;Es kommen einfach zu wenig Kunden", so Kersting, der sich nur schweren Herzens von seiner &bdquo;Vision" verabschieden mag. 70.000 Euro Umsatz im Jahr hatte er ursprünglich angepeilt. Seine damalige Kalkulation ging aber nicht auf.

Doch davon sei man noch weit entfernt, zu weit, um vorerst weitermachen zu können. Ralf Kersting plant jetzt den Ausverkauf, will gegebenenfalls noch im Januar letzte Produkte verkaufen, um dann zu überlegen, wie es weitergehen kann. Denn ganz mag er sich von der Vision des Einkaufens vor Ort nicht verabschieden. &bdquo;Vielleicht entwickeln wir doch noch neue Ideen."

Infos halfen nicht

Den Lüerdissern hat er in den vergangenen Monaten versucht, sein Projekt schmackhaft zu machen. In Aushängen wies er auf den Kistenkrämer hin und darauf, dass er freitags vor Ort sei, um Anregungen anzunehmen oder auch Anleitung anzubieten. Vermutlich, so sagt er resigniert, sei der Ort doch mehr Schlafdorf, als gedacht.

&bdquo;Die Leute fahren zum Arbeiten in die Stadt und bringen die Einkäufe dann wahrscheinlich gleich mit." Und vielleicht, so mutmaßt er, reichen auch die vier Kilometer bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit nicht aus. Da setzen sich die Leuten dann doch lieber schnell ins Auto, obgleich Ralf Kersting gehofft hatte, mit dem Angebot, auch den Verkehr zu reduzieren.

Noch ist Zukunft nicht geklärt

Wie es jetzt weitergeht? Noch ist unklar, ob Ralf Kersting den Container an das österreichische Franchise-Unternehmen zurückgibt oder vielleicht auch an anderer Stelle weitermacht. Sicher ist nur, dass die vergangenen Monate anstrengend waren. 10 Stunden hat er bei seinem Arbeitgeber reduziert, dafür gute 20 Stunden in der Woche und noch viele weitere an den Wochenenden in den Kistenkrämer investiert.

Das zehre, gerade auch, wenn es nicht so recht weitergeht. Dabei war ihm stets klar: Zum Reichwerden taugt das Projekt nicht, wohl aber, um die regionale Versorgung vor Ort und damit auch die Lebensqualität im Dorf zu verbessern. Doch in Lüerdissen zumindest klappt das vorerst nicht.

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