"Abwehr einer Gefahr"? 50 Euro Strafe für Gang über Wiese im Begatal

Lemgo. Der Weg zählt zu seiner täglichen Route. Mit Hund Simba durch das Begatal , vorbei am Café Walkenmühle , dann auf den Alten Kirchpfad und zurück über die Wiesen. Ein Spaziergang, der Rüdiger Schumacher jetzt teuer zu stehen kam. 50 Euro Geldstrafe musste der Lemgoer an den Kreis Lippe zahlen.

Was war passiert? Wie fast jeden Morgen war der Rentner mit Simba unterwegs. Dabei geht es bei der Walkenmühle auf den ausgewiesenen Wanderweg des Alten Kirchpfades quer über die Wiese bis zum Bullersteg, dort links weiter und dann im Rundweg hinauf zur A 1, die weiter bis nach Brake führt. Um abzukürzen wählte der 71-Jährige einen der Trampelpfade, die über die Wiese hinunter zum Bullersteg führen, als sein Spaziergang abrupt von drei Mitarbeitern der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises gestoppt wurde. Die wiesen ihn darauf hin, dass er sich in dem Naturschutzgebiet Begatal befinde, was wiederum bedeute, dass er die ausgewiesenen Wege nicht verlassen dürfe. Kurzerhand forderten sie von dem verdutzten Lemgoer seine Personalien ein und einige Wochen später flatterte ein Anhörungsformular und kurz darauf der Bußgeldbescheid von 50 Euro ein, geahndet für eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des Landesnaturschutzgesetzes.

Nicht der einzige

Ein Vergehen, das der 71-Jährige nur bedingt nachvollziehen kann. Schließlich ständen im Bereich des Bullersteges keine Schilder, die auf das Naturschutzgebiet hinwiesen, zudem würden die Trampelpfade auf der Grünfläche schon seit Jahren von Spaziergängern genutzt. &bdquo;So wie ich sind dort jeden Tag viele andere unterwegs, die sich gar nicht darüber bewusst sind, dass sie eine Ordnungswidrigkeit begehen." Und daran werde sich wohl auch künftig nichts ändern, so lange die Abkürzungen denn weiterhin genutzt und damit als Pfad quasi zum Benutzen einladen würden. Sinnvoll ist es seines Erachtens daher, im unmittelbaren Bereich der Wiesen mit Schildern noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Grünfläche nicht betreten werden dürfe, ansonsten, so vermutet auch Ehefrau Astrid Schumacher, würden die Spaziergänger – auch mangels besseren Wissens – ihre Routen kaum ändern.

Auf LZ-Anfrage hält der Kreis Lippe allerdings wenig von dem Vorschlag. Das Naturschutzgebiet werde an den Eingangswegen als solches ausgewiesen. Weitere Schilder seien daher unverhältnismäßig. &bdquo;Naturschutzgebiete sind landschaftsbildprägend und sollten deshalb nicht mit vielen Schildern beeinträchtigt werden", so Pressesprecherin Lisa Grünreich. Und während Rüdiger Schumacher das Auftreten der Mitarbeiter für überzogen hält, &bdquo;ein schlichter Hinweis hätte es auch getan", und sich noch heute fragt, warum er seinen Ausweis überhaupt bereitwillig gezückt habe, während die Wortführerin des Trios seinen Aussagen zufolge keine Legitimation vorweisen konnte, hat der Kreis eine andere Sicht auf die Dinge: Die Mitarbeiter hätten die Situation vor Ort sachlich erklärt und im Anschluss ein Verwarngeld ausgesprochen.

Gefahr für die Umwelt

&bdquo;Die Verhältnismäßigkeit ergibt sich aus dem Austausch und der Einsicht bei Verstößen. Der Unteren Naturschutzbehörde ist am Naturschutz gelegen und nicht daran, Verwarngelder auszustellen", stellt Pressesprecherin Lisa Grünreich klar. Überdies seien die Mitarbeiter als Sonderordnungsbehörde gemäß Ordnungsbehörden- und Polizeigesetz NRW durchaus berechtigt, die Identität einer Person &bdquo;zur Abwehr einer Gefahr" festzustellen – und in diesem Fall habe durch das Betreten der Flächen außerhalb der befestigten Wege im Naturschutzgebiet eine &bdquo;Gefahr für die Umwelt" vorgelegen.

Darüber kann Rüdiger Schumacher nur noch lachen. Schließlich sei ihm die Natur wichtig, Hund Simba sei stets angeleint und Abfall oder Müll lasse er nie zurück. &bdquo;Da würde ich mir in manchen Fällen mehr Kontrolle wünschen." Jetzt hofft er nur noch, dass die 50 Euro Bußgeld zumindest auch der Natur zugute kommen.

Schutz für ein sensibles Gebiet

Bei dem NSG Begatal handelt es sich um eine Bachaue mit bachbegleitendem Grünland. Dabei handelt es sich um ein Schutzgebiet von europäischer Bedeutung, so der Kreis Lippe. Im Zuge des Programms Natura 2000 wurde es als FFH-Gebiet ausgewiesen. Damit gelten auch besondere Regelungen, um das sensible Grünland zu schützen. Gerade in der Brutzeit sei das Nutzen von nicht offiziellen Wegen ein Unruhefaktor für Bodenbrüter und auf das Grünland angewiesene Säugetiere.

&bdquo;Seit Beginn der Pandemie frequentieren Erholungssuchende zunehmend den Wald und die freie Landschaft. Somit wächst auch der Druck auf Naturschutzgebiete. Vor diesem Hintergrund versucht die untere Naturschutzbehörde durch Kontrollen, einer zu starke Beeinträchtigung von Flora und Fauna vorzubeugen. Ich appelliere daher, sich an die Verbote in Naturschutzgebieten zu halten und nur die offiziellen Wege zu nutzen – zum Wohle der Pflanzen und Tiere", so Olrik Meyer, Fachbereichsleiter Umwelt Kreis Lippe.

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