Mit Fotos: Wie die Lemgoer Burschenschaft Cimbria versucht, Tradition zu leben

Lemgo. Urig ist es hier - und ein wenig scheint die Zeit stehen geblieben: in der ehemaligen Kneipe &bdquo;Zur Linde“ in Brake. Dunkles Holz prägt den Raum, dazu schwarz-weiße Bilder und viele Porträts an der Wand. Große Bierkrüge reihen sich im Schrank hinter der Eck-Theke, auf Bannern ist die Schrift nur schwer zu entziffern: &bdquo;Dem Freund das Herz, dem Feind das Angesicht.“

Motto der Burschenschaft Cimbria, die in der ehemaligen Kneipe in der Braker Mitte ihre Heimat gefunden hat. 2012 hat die Lemgoer Studentenverbindung die Räume im Erdgeschoss gemietet. Flur, Kneipenraum und nebenan die kleine Versammlungsstätte. Alles im ganz eigenen Stil, ein wenig wie anno dazumal - so wie manchen vielleicht auch die Burschenschaft anmutet.

Wer will, kann noch zur Mensur antreten In der 1921 in Lage gegründeten Studentenverbindung setzt man auf Tradition - und die daran geknüpften Werte, wie es Tobias Horstmann erklärt. Loyalität, Gemeinschaft, Heimat, Beständigkeit, zählt er auf - und &bdquo;diese eigene kleine Welt“, wie er es nennt, könne man durchaus als Ruhepool im immer hektischeren Dasein begreifen.

Und in der Tat ist es eine andere Welt, eine Welt, in der sich die Mitglieder beim wöchentlichen Treff in der Kneipe mit Spitznamen anreden, in der bei Versammlungen altes Liedgut vom Steigerlied, über &bdquo;Die Gedanken sind frei“ bis zum &bdquo;Schwarzen Walfisch zu Askalon“ gesungen wird, in der sich die Mitglieder mit Band, Mütze und Zipfel erkennen, in der Frauen der Verbindung nicht offiziell angehören dürfen und in der die Mitglieder auf Wunsch noch immer zur Mensur (Fechtkampf) antreten.

Das aber, erklärt Tobias Horstmann, sei kaum noch der Fall. 2017 sei die letzte Mansur gefochten worden, ansonsten gebe es nur noch Übungen an dem so genannten Phantom (Dummy), um die drei Grundschläge mit dem Degen zu erlernen. Der 32-Jährige zählt ebenso wie Rafael Aust zu der Aktivitas, also zu den noch Studierenden in der Verbindung. Mit Ende des Studiums gehen die Mitglieder dann in die Reihe der so genannten Alten Herren über.

Es sind die Alten Herren, die die Kosten für die Jüngeren übernehmen: die Miete für das Haus, Ausgaben für Fahrten oder Ausflüge - &bdquo;da müssen die Jungen nicht mehr viel selbst zahlen“, sagt Jörg Vehmeier, der der Burschenschaft seit rund 30 Jahren angehört.

&bdquo;Kein rechtsradikales Gedankengut erlaubt“ Nicht außergewöhnlich, denn die Verbindung setzt auf das Lebensbundprinzip: &bdquo;Wer hier eintritt, der sollte sein Leben lang dabei bleiben“, erläutert Rafael Aust die Prämisse. Eine bewusste Entscheidung, die den jungen Studenten abverlangt werde und für die es ein Jahr Probezeit gebe. Denn wer sich für die Burschenschaft Cimbria entschieden hat, der müsse erst zeigen, dass er dazu gehören will: Zwei Semester ist er als sogenannter Fux unterwegs und darf das schwarz-hellblaue Band tragen. Spricht nichts dagegen, werde er nach dem Jahr geburscht und in die Verbindung aufgenommen. Erst dann gibt es das Band mit den drei Verbindungsfarben: Schwarz, Gold, Hellblau.

Wer Mitglied werden möchte, der muss zunächst drei Grundvoraussetzungen erfüllen: Männlich sein, Student an der TH OWL und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Müssen die Neuzugänge auch in Deutschland geboren sein? Nein, beteuern die Cimbria-Mitglieder, das sei völlig egal.

Überhaupt, die vergangenen Bewerber seien längst nicht alle nach dem Probejahr aufgenommen worden. Die einen seien abgesprungen, anderen aber musste abgesagt werden, wie Tobias Horstmann erklärt. &bdquo;Bei uns wird gern politisch diskutiert und manchmal auch gestritten, doch rechtsradikales Gedankengut gehört bei uns nicht dazu.“ Manchmal gebe es da noch Missverständnisse und ja, dieses Selbstverständnis sei längst nicht bei allen Studentenverbindungen gegeben. Daher sei die Burschenschaft Cimbria 2021 auch aus dem Bund der Deutschen Burschenschaften (DB) ausgetreten, der zunehmend in der Kritik steht, rechtsnationales Gedankengut zu vertreten. &bdquo;Wir gucken da schon genau, mit welchen Verbindungen wir in Kontakt treten wollen“, sagt auch Rafael Aust.

Jeder Zipfel hat eine eigene Bedeutung Ziel sei es, junge Studenten auf ihrem Weg zu fördern und ein Netzwerk zu bilden, um sich gegenseitig zu unterstützen. So gebe es Hilfe bei Problemen im Studium, er selbst habe zum Beispiel seine Bachelor-Präsentation im Cimbria-Kreis getestet und bei Praktika oder Berufseinstieg würden die Alten Herren unterstützen, ebenso wie Workshops, Ausflüge oder Seminare finanzieren.

Cimbria fühle sich der Tradition sehr verpflichtet. Das wird bei Bannern, Liedgut, aber auch bei dem sogenannten Couleur deutlich: Kleidungsstücke und Accessoires, die die Vereinsfarben der Burschenschaft wiedergeben. Schwarz, Gold, Hellblau ist überall zu finden - am Wappen, am Band, an Mütze, Anstecknadeln und Zipfeln. Zipfel, das sind Anhänger mit Wappen und Farben der Verbindungen, die sie als Zeichen der Freundschaft vergeben.

Einen ganzen Bund davon holt Jörg Vehmeier aus der Tasche. Ganz vorneweg der große Bierzipfel, der dem Fux zum Einstieg von seinem Paten verliehen werde.

Viele wissen nichts mit der Welt der Burschenschaft anzufangen 50 Altherren sind in der Burschenschaft Cimbria dabei, längst nicht alle wohnen noch in Lemgo, bleiben der Verbindung aber weiterhin verbunden. Bei den Aktivitas sind es noch acht und Tobias Horstmann und Rafael Aust zählen mit 32 und 34 Jahren zu den älteren Studenten. Bis zu 15 sind es in der Vergangenheit gewesen, doch es werde immer schwieriger, neue Mitglieder zu gewinnen. An der TH OWL sucht Rafael Aust die Fachschaften auf, wirbt für die Burschenschaft, doch oft stoße er auf wenig Verständnis, wie er erzählt. Er lade dann ein, einfach vorbeizukommen, in lockerer Runde ein Bier zu trinken und das Cimbria-Leben kennenzulernen und den ein oder anderen hätte er damit durchaus überzeugen können.

Doch natürlich müsse es passen und viele seien einfach nicht bereit, sich langfristig zu binden. &bdquo;Wobei, wer pausiert, der ist auch nach Jahren jederzeit wieder willkommen“, wie Jörg Vehmeier versichert. Auch Frauen seien bei den Geselligkeiten willkommen, wenn auch nicht als vollwertige Mitglieder, &bdquo;da verfolgt unser Konvent bislang die konservative Schiene“.

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