Schlaganfall raubt Frank Wiemann seine Sprache: So kämpft der Lemgoer sich zurück

Lemgo. Die Sprache ist für Schauspieler das zentrale Werkzeug für ihre Kunst. Frank Wiemann hat sich dieser vor 40 Jahren verschrieben und spielt seitdem mit großer Leidenschaft Theater. Im April verliert der Lemgoer plötzlich sein wichtigstes Werkzeug, als er einen Schlaganfall erleidet und nicht mehr sprechen kann. Zum Welt-Schlaganfalltag am 29. Oktober gewährt der 61-Jährige Einblicke in seinen Kampf für die Rückkehr auf die Theaterbühne. &bdquo;In einem Jahr möchte ich wieder spielen“, sagt Wiemann.

Sieben Monate nach dem Schlaganfall sieht man Frank Wiemann nicht an, dass sich sein Leben am 17. April für immer verändert hat. &bdquo;Doch das hat es. Wie die Geburt eines Kindes ändert ein Schlaganfall alles. Es gibt ein Leben davor und danach.“ Am Abend zuvor probt Wiemann mit seinen Kollegen der freien Theatergruppe &bdquo;Stattgespräch“ im Kulturbahnhof Lemgo. Auf dem Spielplan stehen zwei Einakter von Woody Allen – &bdquo;Riverside Drive“ und &bdquo;Der Tod klopft“. Doch zu den geplanten Aufführungen kommt es nicht mehr.

&bdquo;Ich fühlte mich morgens nicht gut, bin aber wie gewohnt zur Arbeit gefahren“, erklärt Wiemann, der hauptberuflich im Sozialamt der Stadt Lemgo tätig ist. Doch als er sich an seinem Computer anmelden möchte, klappt das nicht. &bdquo;Ich wollte meinen Kollegen um Hilfe bitten, konnte aber nicht mehr sprechen.“ Seine Kollegen äußern den Verdacht Schlaganfall und alarmieren sofort den Rettungsdienst, der Wiemann in die Spezialstation für Schlaganfallpatienten des Klinikums Lippe bringt – die Stroke Unit.

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Klare Gedanken, aber fehlende Worte Dort bestätigt sich der Verdacht, Wiemann wird sofort behandelt. &bdquo;Es ging alles sehr schnell.“ Doch der Schlaganfall hat Folgen. Wiemann leidet an einer Aphasie, einer Sprachstörung aufgrund von Schädigungen im Gehirn, sowie einer Lähmung der rechten Körperhälfte und einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses. &bdquo;Das war ein Schock. Ich konnte klar denken, aber die Worte kamen nicht aus meinem Mund, nicht einmal Ja oder Nein.“

Nur langsam findet Wiemann seine Sprache wieder. Seine Frau Katrin Brakemeier erinnert sich an die ersten Begegnungen nach dem Schlaganfall. &bdquo;Anfangs konnte sich Frank kaum verständigen, doch ein paar Tage später sagte er mir ganz langsam, dass wir die Spielzeit abbrechen müssen. Das lag ihm die ganze Zeit auf dem Herzen, weil ihm das Theater so viel bedeutet.“

Rauchstopp nach dem Schlaganfall Seitdem kämpft Wiemann für die Rückkehr auf die Bühne. Nach einer Woche im Krankenhaus folgt eine sechswöchige Rehabilitation in Bad Oeynhausen und im Herbst eine dreiwöchige Intensivtherapie im oberbergischen Lindlar. Zudem passt der 61-Jährige seinen Lebensstil an und stoppt das Rauchen. &bdquo;Einen organischen Grund für den Schlaganfall konnten die Ärzte nicht finden. Aber die Risikofaktoren Rauchen und Stress.“

Inzwischen geht es Wiemann wieder besser, doch das Leben ist anders. &bdquo;Die Lähmungen haben sich zurückentwickelt und auch meine Sprache und mein Kurzzeitgedächtnis verbessern sich. Aber ich vergesse viel und kann noch nicht wieder an einer Tastatur schreiben.“

Sieben Monate nach dem Schlaganfall kann Wiemann jedoch schon wieder flüssiger sprechen. &bdquo;Allerdings langsamer als früher und ab und an habe ich Probleme, die richtigen Worte zu finden.“ Deshalb trainiert Wiemann jeden Tag mit seiner Familie zu Hause und drei Mal pro Woche mit seiner Logopädin. &bdquo;Ich arbeite hart an meiner Genesung, damit ich wieder spielen und arbeiten kann.“

Lotsin hilft bei Rückkehr in Alltag Unterstützt werden Wiemann und seine Familie dabei seit dem Tag des Schlaganfalls von Patientenlotsin Meike Finkler von der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe. &bdquo;Wir sind unglaublich froh und dankbar über die Hilfe, denn als Patient und Angehöriger ist man nach diesem Schock überfordert“, erklärt Brakemeier. &bdquo;Ohne die Unterstützung hätten wir niemals so schnell die passenden Therapeuten, Kliniken und Hilfsangebote für Frank gefunden. Der Austausch ist goldwert, weil man nicht alleine gelassen wird.“

Genau so versteht auch Finkler ihre Aufgabe als Lotsin. Seit 2018 unterstützt sie Betroffene und ihre Angehörigen nach einem Schlaganfall. &bdquo;Wir Lotsen sind Kümmerer, die dabei helfen, den Weg zurück in den Alltag zu finden.“

Finkler weiß aus persönlicher Erfahrung, wie schwer dieser Weg sein kann. &bdquo;Meine Mutter ist seit einem Schlaganfall vor 17 Jahren pflegebedürftig, auch sie hat ihre Sprache verloren, jedoch nicht mehr wieder zurückgewinnen können.“ Ein Schlaganfall stelle das Leben einer Familie auf den Kopf. &bdquo;Und dann steht man da und weiß nicht weiter. Es gibt zwar viele Hilfsangebote, doch in diesem Dschungel findet man sich alleine nicht zurecht, schon gar nicht in einer Notlage.“

.responsive23-Nozqtznv6bvxJDxN-bar-stacked-vertical-durch-schlaganfall-gestorbene { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-Nozqtznv6bvxJDxN-bar-stacked-vertical-durch-schlaganfall-gestorbene { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-Nozqtznv6bvxJDxN-bar-stacked-vertical-durch-schlaganfall-gestorbene { padding-top: 142.86%; } } Stiftung kämpft für mehr Lotsen Die Schlaganfallhilfe setzt sich dafür ein, dass Patientenlotsen künftig überall in Deutschland Betroffenen nach Schlaganfällen und anderen komplexen Erkrankungen wie Herzinfarkten helfen und die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Dafür hat die Stiftung nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Michael Brinkmeier das Projekt &bdquo;Lex Lotsen OWL“ initiiert. &bdquo;Mit allen Kreisen und der Stadt Bielefeld sowie Kliniken in OWL erproben wir aktuell, wie genau der Einsatz von Patientenlotsen regional am besten organisiert wird.“ Dabei stehe die Sicht der Patienten immer im Fokus, sagt Brinkmeier.

Gefördert wird das Projekt, das noch zwei Jahre läuft, nach Angaben Brinkmeiers mit sieben Millionen Euro vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses, der entscheidet, welche Leistungen Teil der Regelversorgung werden und damit von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden. &bdquo;Wir bleiben dran, bis es läuft.“

Darauf hoffen auch Wiemann und seine Familie. &bdquo;Ich kann die Lotsen jedem empfehlen, denn ohne die Hilfe würde es mir heute bestimmt nicht wieder so gut gehen.“ Als Dank plant Wiemann eine Aufführung für die Lotsen in OWL. &bdquo;Wenn ich wieder auf der Bühne stehe, wird es eine Sondervorstellung geben.“

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Weitere Informationen:

Homepage der Theatergruppe &bdquo;Stattgespräch“ Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe

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