Lemgo. Sie wird oft gerufen, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Wenn die Kosten explodieren, die Menschen kaum noch wissen, wie sie das Projekt Hauskauf noch stemmen sollen. „Da gehen Familien kaputt“, hat Manuela Kramp erlebt - und manchmal da sei sie mehr als Coach denn als Bausachverständige gefragt. Was sie in der Praxis erlebt, lässt sie mitunter erschrecken. Jüngst erst habe ein Paar sie kontaktiert, das über Ebay ein Zweifamilienhaus gekauft hatte. Erst im Nachhinein stellten sich die groben Mängel im Gebäude heraus, auch lagen nicht alle Baugenehmigungen für Umbauten vor. Die Sanierung des Hauses, inklusive des Rückbaus der nicht genehmigten Umbauten, konnte das Paar nicht mehr zahlen. Jetzt gehe es darum, den Kauf zurück abzuwickeln: „Für Käufer und Verkäufer eine finanzielle Katastrophe.“ Zwangsversteigerung droht Oder der Fall einer 60-jährigen Lipperin, die ein Haus geerbt hatte: Mit Architekt und Energieberater hatte sie den Umbau besprochen. Es ging um energetische Sanierung, für die aber nur zum Teil mögliche KfW-Fördermittel abgerufen wurden. Handwerker ließen sich per Stundenabrechnung bezahlen. „Die Sanierungskosten stiegen von knapp 300.000 auf 500.000 Euro, das Geld ging aus, die Bank zog sich aus der Finanzierung zurück“, erzählt die Bausachverständige von dem Fall. Mittlerweile drohe die Zwangsversteigerung. Doch was tun beim Hauskauf? Immerhin hatte sich die Frau auf den Rat von Architekten und Energieberater verlassen. Doch das reiche nicht immer aus, ist Dr. Manuela Kramp überzeugt. Sie zählt die wichtigsten Schritte der Vorsorge für Hauskäufer auf: 1. Immobilie reservieren Wer sich für eine Immobilie interessiert, sollte sie zunächst reservieren. Ein Bieterverfahren hält Manuela Kramp für nicht seriös. „Da sollte man die Finger von lassen.“ Wichtig sei es, den Verkäufer zu bitten, noch einmal mit einem Sachverständigen das Haus besichtigen zu dürfen. „Dabei am besten nicht sagen, dass man das Gebäude auf Mängel überprüfen will, sondern, dass man sich von einem Experten für die Finanzierung beraten lässt.“ 2. Bausachverständige Architekt und Energieberater um ihre Einschätzung zu bitten, sei gut, auch ein Handwerker könne wertvolle Tipps geben. Doch wer auf Nummer sicher gehen möchte, der sollte zusätzlich einen Bausachverständigen kontaktieren. Denn der müsse neben Studium oder Handwerksausbildung und reichlich Berufserfahrung auch noch spezielle Fortbildungen und Zertifikate nachweisen. Im besten Fall sollte er bei der örtlichen IHK gelistet sein. Es lohne sich, schon zu Beginn der Haussuche einen Sachverständigen zu kontaktieren und das weitere Vorgehen zu besprechen. Der Experte könne dann bei der Besichtigung Einschätzungen zu Bausubstanz, Statik oder auch Bauplanung geben und eine erste Kostenprognose abgeben. 3. Die Architekten Was die Auswahl des Architekten betreffe, so sei es gut, sich im Bekanntenkreis umzuhören, wer mit wem gute Erfahrungen gesammelt habe. Auch sei es sinnvoll, sich über die jüngsten Projekte zu informieren. Wer etwa einen Altbau sanieren möchte, sollte verstärkt nach Architekten mit entsprechender Expertise suchen. Auch die Chemie sollte stimmen: „Wer mit der Persönlichkeit des Architekten nicht kann, sollte lieber weiter suchen.“ 4. Checkliste aufstellen Um die Kosten bestmöglich zu ermitteln, sollte man dem Architekten eine detaillierte Checkliste aufgeben: Grobe Kostenschätzung für energie-und bautechnische Sanierung, Zeitplanung - alle Gewerke sollten mit Zeitplanung und Kostenschätzung eingetragen werden. Wichtig sei es auch, die Hausakte einzusehen. Denn dort müssten alle bisherigen Bauvorhaben samt Genehmigungen aufgelistet sein. Ist das nicht der Fall, könnte es passieren, dass nicht genehmigte Umbauten wieder abgerissen werden müssten. 5. Regelmäßige Kontrolle Vertrauen ist gut, Kontrolle besser. „Fragen Sie nach“, appelliert Manuela Kramp an die Hauskäufer, „lassen Sie den Architekten wissen, dass Sie das Vorhaben aktiv verfolgen“. Wie kommt er auf die angeführten Kosten? Wie ist der aktuelle Stand? Liegt der Bau im Budget? Das Gleiche gelte für den Energieberater: „Welche Leistungen müssen für ein Energieeffizienzhaus erbracht werden? Was kostet das?“ Bleiben Fragen offen, sollte man nicht zögern, eine Zweitmeinung einzuholen, auch wenn das erst einmal mehr kostet. „Letztlich kann das viel Geld einsparen.“ 6. Finanzplanung Vor dem Gespräch mit der Bank sollten sich die Käufer über mögliche KfW-Kredite informieren und die Angebote mit den Bankberatern besprechen. Bei der Finanzplanung müssen weitere Ausgaben, etwa für Küche oder Außengestaltung, beachtet werden. Unter 300.000 Euro ist eine Komplett-Sanierung kaum zu haben, weiß Manuela Kramp aus Erfahrung. Wichtig sei es daher, sich bei der Finanzierung eine realistische Höchstgrenze zu setzen, die noch Luft für unvorhergesehene Ausgaben oder Ereignisse lässt. Persönlich Dr. Manuela Kramp arbeitet seit mehr als 25 Jahren selbstständig im Bauwesen. Mehr als 1000 Bauprojekte hat sie eigenen Angaben zufolge als Architektin, vereidigte Bausachverständige, Energieberaterin und Bauleiterin begleitet. Die Lemgoerin ist auch als Business- und Personalcoach tätig und bietet Kurse für Studenten und Jungabsolventen zum Thema „Praxisorientiertes Baumanagement“ an der Technischen Hochschule OWL an. Als Bausachverständige ist sie bei der IHK Lippe Detmold gelistet. Manuela Kramp entstammt einer Handwerkerfamilie und hat in ihrer Jugend große Erfolge im Kunstradfahren gefeiert, unter anderem den Weltmeistertitel geholt.