Letztes Restaurant in Asemissen steht vor dem Aus

Leopoldshöhe . Es grummelt in Asemissen – und das nicht erst seit ein paar Wochen. Das Pächter-Ehepaar Ruica und Enzo Scaccianoce vom &bdquo;Stella Italia“ muss sein Restaurant räumen. Die Vorgeschichte ist eine Aneinanderreihung von gegenseitigen Vorwürfen, Missverständnissen und Klagen. Vermittlungsversuche sind gescheitert.

Ruica und Enzo Scaccianoce ist die Verzweiflung anzumerken. Seit fast 25 Jahren haben sie das Restaurant an der Hauptstraße betrieben. Ihr ehemaliger Vermieter hatte ihnen sowohl das Restaurant und vor 20 Jahren auch noch die darüber liegende Wohnung vermietet, in der sie zusammen mit ihrem gemeinsamen Sohn leben. Als der Vermieter gestorben ist, hatte der Sohn das gesamte Gebäude sowie den nebenstehen Gebäudekomplex ebenfalls verkauft. An Fatma Arslan, die im Gebäude nebenan zusammen mit ihrem Mann, Sohn und Tochter einen Imbiss betreibt.

Enzo Scaccianoce fühlte sich schon damals betrogen. Denn eigentlich, so sagt er, hätte er das Restaurant kaufen wollen. Es habe auch eine Vereinbarung gegeben, mit der ihm der Senior-Inhaber das Vorkaufsrecht eingeräumt habe. Eine schriftliche Vereinbarung darüber aber gebe es nicht.

Fatma Arslan sagt dazu, dass die Erben damals, Ende 2015, den gesamten Komplex zusammen haben verkaufen wollen. Deshalb habe sie zugreifen müssen, denn so habe sie sichern können, dass ihrer Familie der Imbissbetrieb weiter möglich war. Ein neuer Besitzer hätte ihren Vertrag womöglich nicht verlängert. Mit ihren neuen Mietern habe sie weiter zusammenarbeiten wollen. Zu Weihnachten schickte sie ihnen eine Grußkarte mit den Daten der neuen Kontoverbindung für die Miete. Nur das habe sich verändert.

Anfangs sei das auch so gewesen, sagen die Scaccianoces. Ende 2018 habe es dann eine Nebenkosten-Abrechnung für 2017 gegeben, die aus Sicht der Restaurantbetreiber &bdquo;nicht in Ordnung“ gewesen sei. Es waren, so sagt es der 58-Jährige, auf einmal Posten dabei, die sie noch nie hätten zahlen müssen. Außerdem stand eine Mietzins-Erhöhung im Raum. Alles in allem war ihnen das zu viel. Sie wollten die Nebenkostenabrechnung prüfen lassen, fürchteten, die Summe insgesamt nicht mehr erwirtschaften zu können. Bislang war ihre Miete niedrig, 650 Euro zahlten sie für Wohnung und Restaurant, kamen zuletzt zusammen mit den Nebenkosten auf 1.420 Euro. Beide räumen ein, dass das sehr günstig gewesen sei. Sie hätten sich aber auch um alles gekümmert.

Aus Sicht von Fatma Arslan stellt sich die Lage etwas anders dar. Sie sieht ein Versäumnis beim vorherigen Besitzer. Er habe ihnen selbst nie Nebenkostenrechnungen erstellt, auch nicht, als sie noch bei ihm Mieter waren. Nach dem Kauf habe sie seinen Sohn gebeten, ihnen Unterlagen über die Nebenkosten zusammenzustellen. Dann stellte sich heraus, dass es die wohl nicht gab, erklärt Fatma Arslans Sohn Serhat. &bdquo;Wir mussten dann irgendwo anfangen.“ Und die Posten, die Enzo Scaccianoce kritisiert habe, betrafen beispielsweise die Grundsteuer und die Gebäudeversicherung – Posten, die ein Vermieter auf seine Mieter umlegen kann. &bdquo;Und eine Gebäudeversicherung brauchen wir doch“, sagt Fatma Arslan. Und wegen der Mieterhöhung hätten sie sich beispielsweise bei Immobilienmaklern wegen Vergleichsmieten in der Lage erkundigt. 5,50 Euro pro Quadratmeter für die Wohnung und 7,50 Euro für das Restaurant seien durchaus okay.

Die Scaccianoces schalteten schließlich einen Anwalt ein, wollten die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen und der Mieterhöhung klären lassen – und klagten gegen die Nebenkostenabrechnung. Sie seien ja bereit gewesen, mehr Miete zu zahlen, aber nicht so viel. &bdquo;Wir wollten es persönlich klären, aber dann mussten wir uns auch einen Anwalt nehmen“, sagt Serhat Arslan. Er sei ja auch gesprächsbereit gewesen, sagt Enzo Scaccianoce. Zwischenzeitlich habe es dann ja auch eine Einigung wegen der Mieterhöhung gegeben. Seine Vermieterin habe aber darauf bestanden, dass die ausstehenden und von ihm angezweifelten Nebenkosten bezahlt werden sollten und er die Klage zurückziehen solle. &bdquo;Dann sollten wir uns auf einen neuen Vertrag einigen.“ Das sah der gebürtige Italiener, der 1976 nach Deutschland gekommen ist, aber nicht ein. Es kam zur Kündigung – und dann zur Räumungsklage.

In der Zwischenzeit machte der Streit auch unter den Kunden die Runde. Es gibt eine Unterschriftenliste, auf der einige hundert Restaurantbesucher wohl schon unterschrieben haben, um zu zeigen, wie wichtig ihnen der Verbleib ihres Lieblings-Italieners ist. Uli Lasar ist einer von ihnen. Er sorgt sich um die Zukunft der Familie Scaccianoce. Eine neue Wohnung haben sie noch nicht gefunden, auch noch kein neues Restaurant. Er weiß aber auch, dass die Räumung nun durchgesetzt werden kann. Die Familie Arslan hat Recht bekommen, die Widerspruchsfrist ist abgelaufen.

Eine Nachbarin der beiden Parteien hat die Auseinandersetzung über die Jahre mitbekommen, versuchte zu vermitteln. Sie hatte vorgeschlagen, die Schiedsperson der Gemeinde hinzuzuziehen. Ein Vorschlag, den die Arslans gut fanden. &bdquo;Aber Enzo ist nicht gekommen“, sagt Serhat Arslan. Das bestätigt auch die Nachbarin, die ihren Namen nicht genannt wissen will, um nicht noch mehr zwischen die Fronten zu geraten. Sie entschuldigt das damit, dass die Scaccianoces unsicher gewesen seien, weil &bdquo;sie so etwas nicht kannten“.

Sie versucht nun, die Scaccianoces bei der Suche nach einem Restaurant und einer neuen Wohnung zu unterstützen. Leicht ist das nicht. Er habe sich hier ja was aufgebaut, sagt auch Uli Lasar. Und mit 58 Jahren noch einmal komplett neu anzufangen, das sei nicht leicht. Lasar: &bdquo;Und das Restaurantsterben in Asemissen geht weiter.“ Die Pizzeria hat einen Saal für bis zu 40 Gäste, in denen auch größere Feiern möglich waren.

Für die Arslans ist die Sache nun komplett gelaufen. Sie glauben nicht mehr an eine wie auch immer geartete weitere Lösung. Sie hätten sich immer wieder rechtfertigen müssen, auch vor Kunden von Enzo Scaccianoce. Einer hätte ihnen einen Brief geschrieben. &bdquo;Dann haben wir ihm die Sache mal aus unserer Sicht erzählt“, sagt Serhat Arslan. Das habe den Mann wohl überzeugt. Auf die Straße setzen wollen die Arslans Familie Scaccianoces nicht. Sie solle Zeit bekommen, etwas Neues zu finden. &bdquo;Sie müssen aber sagen, wie lange sie noch brauchen“, sagt Serhat Arslan. Und sich dann daran halten. &bdquo;Es geht ja schon seit zwei Jahren.“

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