Detmold/Düsseldorf. Zum Polizeiskandal rund um die Aufklärung des jahrelangen Missbrauchs auf dem Campingplatz "Eichwald" hat Innenminister Herbert Reul am Freitag im Landtag klare Worte gefunden. Der Fall müsse lückenlos aufgeklärt werden. Dabei werde auch den Gerüchten nachgegangen, ob möglicherweise Polizisten mit den mutmaßlichen Tätern unter einer Decke stecken könnten. "Ich schließe gar nichts mehr aus", sagte Reul.
Seiner Enttäuschung machte der Innenminister auch am Freitag Luft. Von 15 Terabyte seien 0,7 weggekommen. Das höre sich zunächst wenig an, doch: "Es ist nicht irgendwo weggekommen - sondern bei der Polizei." Die habe Reul in den vergangenen anderthalb Jahren "lieb gewonnen". Man dürfe nun nicht alle 50.000 Beamten vorschnell verurteilen, dennoch machten die aktuellen Ereignisse fassungslos.
Ein Sonderermittler aus dem Landeskriminalamt und vier weitere Mitarbeiter seien beauftragt worden, den Fall um die verschwundenen Asservate aufzuklären. Handwerksmeister, Umzüge, falsche Abläufe innerhalb der Kreispolizeibehörde - all das spiele in die Ermittlungen der "Taskforce Lügde" mit rein.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt gehe die Detmolder Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Koffer wegen nachlässigen Umgangs nicht auffindbar ist und nicht entwendet wurde. Dennoch werde auch eine solche Möglichkeit nicht ausgeschlossen, das teilte Oberstaatsanwalt Ralf Vetter am Freitag in einer Pressemitteilung mit. Die Staatsanwaltschaft sei erstmals am 13. Februar durch einen Leiter der Ermittlungskommission "Eichwald" mündlich über den Verlust der 155 CDs informiert worden. Demnach sei das Fehlen erst am 30. Januar aufgefallen, als die Beweismittel in einen eigens eingerichteten Asservatenraum in der Kreispolizeibehörde Lippe umgelagert werden sollten.
Seit Mittwoch ermitteln LKA-Mitarbeiter in der Kreispolizeibehörde Lippe. Die CDs und DVDs seien anscheinend zum letzten Mal kurz vor Weihnachten 2018 in einem Auswertungsraum der Polizei gesichtet worden. Insbesondere sei die Möglichkeit überprüft worden, dass die Datenträger versehentlich mit Asservaten aus anderen Verfahren vermischt und an die dafür zuständigen Stellen abgegeben wurden. Eine Suche in den Asservatenkammern der Staatsanwaltschaft Detmold und des Polizeipräsidiums Bielefeld ist ergebnislos geblieben. Der Verbleib konnte bislang jedoch nicht geklärt werden.
Derweil äußerte sich auch der Detmolder Bundestagsabgeordnete Dennis Maelzer (SPD) im Landtag zu den Vorfällen. "Der Staat hat den Auftrag das Kindeswohl zu schützen", sagte Maelzer. Dabei sei es besonders für den Landtag die Aufgabe, Kinder stark zu machen. Kinder müssten wissen, dass sie sich an Erwachsene wenden können. "Ich spreche alle Fraktionen an: Egal welcher Partei wir angehören, wir alle wollen, dass Kinder in NRW sicher aufwachsen können."
Dazu müssten alle Institutionen wie Kita und Jugendtreff geschult sein, um Kindesmissbrauch erkennen zu können. Ebenso müsse es Spielräume für Kinderärzte geben, um angemessen reagieren zu können. Ebenfalls wichtig sei es, dass es ausreichend Therapieangebote gebe für Menschen, die Hilfe suchen, damit sie nicht eines Tages an Kindern vergehen.
Wie Reul wies auch Ministerpräsident Armin Laschet darauf hin, dass es an der Zeit sei, ein neues Format einzuführen - abseits von vierwöchigen Innenausschuss-Sitzungen. Laschet erkannte zudem an, dass dieser Fall eine Tragweite hat, die auch weit über NRW hinaus nachklingen würde.