Lügde. Die Pressemitteilung der Kreispolizeibehörde Paderborn vom Montagnachmittag verhieß nichts Gutes. Hieß es doch in der Überschrift, dass ein Beamter nach Anfangsverdacht wegen einer schwerwiegenden Straftat vom Dienst suspendiert sei. Da war allerdings schon aus dem Innenministerium bekannt, dass es sich um einen Paderborner Polizisten handelt, gegen den Ermittlungen wegen des Besitzes von kinderpornografischen Schriften und Bildern laufen.
Höchstens drei Jahre Haft
Was anfangs wie eine Vertuschung der wahren Hintergründe für die sofortige Suspendierung vom Dienst aussah, rückte Christoph Zielke von der Staatsanwaltschaft Paderborn gegenüber dieser Zeitung jetzt ins rechte Licht. Es gehe in diesem Fall um das Ermittlungsverfahren gegen den Polizeibeamten. Da bei einer Verurteilung nur eine relativ geringe Strafe, höchstens bis zu drei Jahren Haft, zu erwarten sei, müssten die Persönlichkeitsrechte des Beamten geschützt werden. Unabhängig vom Ermittlungsverfahren werde zusätzlich ein Disziplinarverfahren gegen den Polizisten eingeleitet.
Wahrscheinlich für immer aus dem Dienst entfernt
Der musste bereits am vergangenen Freitag seine Dienstwaffe und seinen Dienstausweis abgeben. Das Führen von Dienstgeschäften wurden ihm untersagt, die Dienststelle darf er bis auf weiteres nicht mehr betreten. Ob der 53-jährige Polizeihauptkommissar jemals wieder in den Dienst zurückkehren darf, falls er für die ihm vorgeworfene Straftat verurteilt wird, ist mehr als fraglich.
Geht es nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, muss er damit rechnen, für immer aus dem Dienst entfernt zu werden. In einem Revisionsverfahren entschied das Gericht am 19. Juni 2015, dass die Entlassung eines Polizisten aus dem Beamtenverhältnis rechtens war. Der Ordnungshüter war im Vorfeld wegen Besitzes von kinderpornografischen Schriften und Videos zu einer Haftstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Nach seiner Entlassung aus dem Dienst hatte der Mann bis in die letzte Instanz geklagt.
Insgesamt drei Polizisten, die gerade verurteilt worden sind
Die Richter in Leipzig mussten sich gleich mit drei Fällen dieser Art auseinandersetzen. Die Männer hatten in ihrer Freizeit auf privat genutzten Computern Kinderpornos angesehen, einer der Polizisten verbreitete die Daten zudem weiter. Neben der neunmonatigen Haft auf Bewährung wurde ein Polizist zu 7.200 Euro Geldstrafe verurteilt, das dritte Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt.
Die Länder hielten die drei Polizisten für nicht mehr tragbar und entließen sie aus dem Beamtendienst. Polizisten hätten unter Beamten eine hervorgehobene Position, in der es um Vertrauen gehe, hieß es. „Man sagt Kindern und Eltern: ,Wendet Euch an die Polizei’", sagte der Vertreter der Landespolizeidirektion Thüringen in der mündlichen Verhandlung in Leipzig. Selbst wenn die Beamten in ihrer Freizeit die Kinderpornos angeschaut hätten, gebe es wegen der besonderen Stellung eines Polizisten stets einen Bezug zu ihrem Amt als Ordnungshüter.
Dem folgten die Leipziger Richter. In ihrer disziplinarrechtlichen Beurteilung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischer Schriften erklärte das Bundesverwaltungsgericht unter anderem: „Außerdienstliches Verhalten von Beamten ist nur disziplinarwürdig, wenn es zur Beeinträchtigung des berufserforderlichen Vertrauens führen kann. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten, gerade zu Lasten Schutzbedürftiger begehen."
Einzelfall: Gütersloher Polizist wurde wieder eingestellt
Selbst in dem Fall, in dem das Verfahren nach Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden war, Gericht und Staatsanwaltschaft also nur von einer geringen Schuld des Polizeibeamten ausgingen, sei die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angemessen. (Aktenzeichen:BVerwG2 9.14)
Glück hatte ein Gütersloher Polizeibeamter, der wegen des Besitzes von kinderpornografischer Schriften verurteilte wurde. Er klagte vor dem Verwaltungsgericht gegen seine Entlassung und musste wieder eingestellt werden. Die Verhandlung war im Jahr 2011, also vier Jahre vor dem richtungsweisenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes. Der Polizist wurde danach degradiert und als Streifenbeamter zur Landespolizeibehörde Detmold versetzt. Dort soll er seinen Dienst in Lage versehen. Dies ist allerdings der einzige Fall, in dem ein Polizist in den vergangenen zehn Jahren seinen Beamtenstatus retten konnte. Bei bekanntgewordenen, weiteren 17 Fällen mussten die Ordnungshüter ihren Hut nehmen.