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Finanzlage

Deutliche Warnhinweise: Die Stadt Lügde zehrt die Reserven auf

Lügde steuert auf ein Finanzloch zu, sagen Experten. (Symbolfoto) © Michaela Weiße

Lügde. Wenn die Experten der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) in nordrhein-westfälischen Kommunen anrücken, dann ist das wie ein gründlicher Gesundheitscheck beim Arzt: Sie prüfen den Patienten auf Herz und Lunge. Und leider ist die Prognose im Fall der Stadt Lügde besorgniserregend, wie die Mitglieder des Rates in ihrer jüngsten Sitzung erfuhren.

Die Prüfer Christian Schormann, Projektleiter Jürgen Schwanitz und Michael Esken, Präsident der GPA, präsentierten den Lokalpolitikern das Ergebnis ihrer Untersuchung. Dabei zeigten sie sich zufrieden, dass die Lügder mit ihren Jahresüberschüssen von 2018 bis 2023 einen ordentlichen Bestand an Eigenkapital aufbauen konnten. „Da aber nach dem Haushaltsplan 2025 bis 2028 mit deutlichen Defiziten kalkuliert wird und Aufnahmen von Investitions- sowie Liquiditätskrediten geplant sind, besteht Handlungsbedarf zur Verbesserung der Haushaltssituation“, betonte Präsident Michael Esken. Da ist es kaum ein Trost, dass Lügde „kein Einzelfall ist“: „Die Haushaltssituation verschärft sich derzeit leider in nahezu allen Kommunen“.

Kein Sondervermögen vorhanden

Der gedankliche Notgroschen, die sogenannte Ausgleichsrücklage, schrumpft aber weiter, wenn die Politik nicht die Notbremse zieht: Bis Ende 2028 blieben nur noch 1,7 Millionen Euro, rechnet Projektleiter Jürgen Schwanitz vor, und das Eigenkapital würde weiter schrumpfen.

Lügde besitzt keine Mehrheitsbeteiligungen und keine Sondervermögen. Für die nächsten Jahre sei im Kernhaushalt eine erhebliche Netto-Neuverschuldung bei den Investitions- und Liquiditätskrediten geplant. Für das Kredit- und Anlagemanagement hat Lügde kein Regelwerk festgelegt, das sollte die Stadt nach Meinung der Experten aber tun. „Wir empfehlen, einen schriftlichen Handlungsrahmen zu schaffen, in dem strategische und operative Regelungen festgelegt sind. Dieses kann beispielsweise in Form einer Richtlinie oder einer Dienstanweisung erfolgen“, sagt Jürgen Schwanitz.

Verbessern könne sich die Stadt auch beim Zahlungsverkehr, hier sollte sie die Zahlungsfristen verkürzen und die Möglichkeiten des elektronischen Bezahlens stärker nutzen, um weniger SEPA-Lastschriften verarbeiten zu müssen.

Zu viele sachkundige Bürger?

Die Finanzexperten haben auch geschaut, wie viel Geld die Stadt in die ehrenamtliche politische Arbeit steckt: Die Ratsgröße von 26 Köpfen sei in Ordnung. Allerdings sei die Anzahl an sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern sowie Ortsvorsteherinnen und Ortsvorstehern ungewöhnlich hoch, heißt es in der Analyse der GPA. Neben dem Kopfbetrag je Mitglied sollten die Fraktionen einen Sockelbetrag bekommen.

Die Stadtverwaltung steht im Vergleich zu anderen Kommunen bei der Organisation von Arbeitsabläufen und der Digitalisierung überdurchschnittlich gut da. „Positiv hervorzuheben ist unter anderem die mittel- und langfristige Personalplanung in Lügde mit einem facettenreichen Ausbildungs- und Fortbildungsangebot“, lobt Prüfer Christian Schormann, im Durchschnitt sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeit 43 Jahre jung - das ist besser als in allen anderen Kommunen.

Friedhöfe müssen wirtschaftlicher sein

Doch es finden sich auch Haare in der Suppe: Die Gebühren für das Friedhofswesen sind „bei weitem nicht auskömmlich“, die Kosten deutlich weniger gedeckt als bei drei Viertel der Vergleichskommunen. „Die Stadt sollte eine deutlich höhere, tendenziell vollständige Kostendeckung bei der Gebührenkalkulation anstreben.“

Die Stadt müsse ihre Datenlage zu den Friedhofsflächen und ebenso zu den Kosten für die Unterhaltung der Grün- und Wegeflächen deutlich verbessern, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Lügde habe gute Jahre erlebt, aber „Bei allen prognostizierten Widrigkeiten sollten Sie die Möglichkeiten, die Haushaltslage zu verbessern, nutzen“, unterstreicht Präsident Michael Esken.

Bürgermeister nimmt Bund und Land in die Pflicht

Bürgermeister Torben Blome kommentiert die Untersuchungsergebnisse so: „Die Stadt Lügde versteht Konsolidierung, Aufgabenkritik und Prozessoptimierung als dauerhafte kommunale Aufgabe. Die Hinweise und Impulse der GPA NRW nehmen wir sehr ernst und prüfen sie sorgfältig im Lichte unserer örtlichen Gegebenheiten. Am Ende entscheiden jedoch unsere demokratisch legitimierten Gremien über den richtigen Weg für Lügde.“ Für ihn sei klar: „Kommunen brauchen endlich eine strukturell bessere, verlässliche und resiliente finanzielle Ausstattung. Eine grundlegende Finanzreform von Bund und Land ist überfällig, damit Städte wie Lügde ihre Aufgaben nachhaltig erfüllen können.“

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