Lügde-Elbrinxen. Der Streit zwischen Innenminister Herbert Reul (CDU) und der Detmolder Staatsanwaltschaft spitzt sich weiter zu. Immer wieder bemängelt Reul die Ermittlungsarbeiten und fordert weitere Durchsuchungen und Befragungen – nun sollen alle Camper auf dem Platz in Elbrinxen befragt werden, um Hinweise auf weitere Geschädigte und Täter zu erhalten. „Dies machen wir seit mehr als vier Monaten", sagt Oberstaatsanwalt Ralf Vetter.
„Herbert Reul ist Politiker, ich bin Jurist", sagt Vetter der LZ. Er sei sehr dankbar, dass der Christdemokrat noch mehr Polizeibeamte zur Verfügung stelle, aber das Innenministerium führe nicht die Ermittlungen, sondern die Staatsanwaltschaft. „Und so einfach können keine Durchsuchungen durchgeführt werden. Der Rechtsstaat kennt hier ganz klare Regeln", erklärt der Oberstaatsanwalt. Er sei sich mit dem Innenminister einig, dass alles zum Missbrauchsfall in Lügde aufgeklärt werden müsse. Wenn weitere Durchsuchungen erforderlich und zulässig seien, werde er dies beim zuständigen Gericht beantragen.
Mehr Ermittler für den Fall
Vetter geht davon aus, dass der Prozess gegen die Beschuldigten im Juni am Detmolder Landgericht starten könne.„Ich bin sehr zufrieden mit den bisherigen Ermittlungsarbeiten", fügt Vetter hinzu. Wenn sich nach Prozessbeginn weitere Hinweise zu Missbrauchsfällen ergeben, würden diese selbstverständlich berücksichtigt.
Dazu kommt: Obwohl der Tatort auf dem Campingplatz „Eichwald" seit Ende März freigegeben ist, überwachen seit wenigen Tagen Polizisten die leeren Parzellen der Hauptverdächtigen und die Schranke an der Einfahrt. Der Grund dafür scheint etwas weit hergeholt. Die anhaltende, uniformierte Präsenz der Polizei erklären die Detmolder Staatsanwaltschaft und Bielefelder Polizei in einer gemeinsamen Antwort damit, zur Beruhigung der Lage vor Ort beitragen zu wollen und darüber hinaus das Sicherheitsgefühl der Bürger vor Ort zu stärken.
Dabei hatte es laut Polizei bisher keine Vorfälle auf dem Campingplatz gegeben, die diese Begründung unterstützen würden. Ob die Ermittler möglicherweise auch verhindern wollen, dass Unbefugte weitere „Beweismittel" auf dem Platz ablegen, konnte die Polizei wegen der laufenden Ermittlungen nicht bestätigen. Außerdem wolle man für Campingplatzbetreiber und Bewohner weiterhin eine Ansprechstelle bieten.
Ob sich Betreiber Frank Schäfsmeier über die andauernde Präsenz der Polizei freut, ist allerdings mehr als fraglich. Im Gespräch mit der LZ macht der 54-Jährige seinem Ärger Luft: „Ich weiß nicht, warum die Polizei an der Schranke steht. Es nervt mich nur noch." Mehr sagt Schäfsmeier zu den jüngsten Entwicklungen nicht.Nach LZ-Informationen werten die Ermittler alle rund 9000 Datensätze aus seinen Kundendateien aus. Alle Camper, deren Kontaktdaten Schäfsmeier gespeichert hat, sollen systematisch aufgesucht werden – auch zu Hause.
Laut Staatsanwaltschaft haben die Ermittler in den vergangenen Monaten etwa 50 Mädchen und Jungen befragt – darunter auch die 40 Geschädigten und andere Kinder. Und kein einziger dieser jungen Zeugen soll einen Hinweis auf andere Täter gegeben haben. Auch die Auswertung von mehreren Tausend Missbrauchsvideos und ebenso vielen Fotos soll den mittlerweile 78 Ermittlern der Polizei in Bielefeld bislang keinen Anlass dafür gegeben haben, von weiteren Beschuldigten auszugehen.