Fall Lügde: Kopfschütteln über Mitarbeiterin des Jugendamts Höxter

Düsseldorf/Höxter. Frust und Unverständnis war ihnen anzumerken: Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses Lügde haben am Donnerstag im Landtag eine Zeugin vernommen, die mit ihren Aussagen für Kopfschütteln sorgte.

Die Frau ist als Sozialarbeiterin für das Jugendamt im Kreis Höxter tätig – und hatte 2018 ein Mädchen betreut, das von einem der zwei Haupttäter, Mario S., auf dem Campingplatz in Lügde mehrfach sexuell missbraucht worden war. Die 28-jährige Zeugin hatte sichtbare Mühe, sich an die Ereignisse zu erinnern. Sie hatte 2018 für drei Monate vertretungsweise die Betreuung der damals Neunjährigen übernommen. Zu dieser Zeit lagen dem Höxteraner Jugendamt bereits Hinweise auf möglichen Kindesmissbrauch vor – entschieden reagiert wurde darauf aber nicht.

So habe es in der 400 Seiten dicken Fallakte des Mädchens insgesamt drei Hinweise von Kindesmissbrauch gegeben – &bdquo;sogenannte 8a-Meldungen mit Hinweis auf sexuellen Missbrauch", so der SPD-Abgeordnete Jürgen Berghahn. Eine Nachbarin hatte zudem im April 2018 die Polizei alarmiert, weil ihr aufgefallen war, dass das Mädchen weinend am Fenster gestanden hatte. Ein weiterer möglicher Hinweis: Eine Schulsozialarbeiterin hatte Sorgen über den Zustand des Mädchens geäußert.

"Keine akuten Anhaltspunkte" Die Sozialarbeiterin aber sagte im Ausschuss mehrfach, dass sie damals nach Gesprächen mit Mutter und Tochter &bdquo;keine akuten Anhaltspunkte" gesehen habe, die ein &bdquo;schnelles Handeln nötig" gemacht hätten. Sie habe weder ein Gespräch mit der Polizei gesucht noch mit der Kinderklinik, in der das Mädchen wegen möglichen Missbrauchs psychologisch behandelt und untersucht wurde. Von 14 Therapieterminen hatte die Neunjährige nur sechs wahrgenommen. &bdquo;Obwohl ein Untersuchungsergebnis noch ausstand, hatte das Jugendamt die Betreuung durch die Familienhilfe eingestellt", kritisiert der CDU-Abgeordnete Dietmar Panske. Dadurch sei nicht mehr nachverfolgt worden, zu welchem Ergebnis die Tagesklinik gekommen ist.

Die Zeugin berichtete zudem, dass wichtige Informationen zum weiteren Vorgehen in der Fallakte nicht eingetragen, sondern nur mündlich überliefert wurden. Es steht weiter der Verdacht im Raum, dass nach Bekanntwerden des Kindesmissbrauchs von Lügde im Höxteraner Jugendamt Akten nachträglich verändert wurden. &bdquo;Es ist erschreckend, dass in dem Jugendamt die Zuständigkeiten des Öfteren gewechselt haben und dass die Mitarbeiter beim Thema sexueller Missbrauch von Kindern bis heute keine spezielle Schulung haben", so Berghahn.

Drei weitere Zeugen Im Anschluss wurde eine Mitarbeiterin des Jugendamts Hameln-Pyrmont als Zeugin vernommen, die im Untersuchungszeitraum eine Meldung zu einer möglichen Kindeswohlgefährdung entgegengenommen haben soll. Die Frau hatte immer wieder für einige Tage Telefondienst im Jugendamt Hameln - sie konnte im Untersuchungsausschuss nichts zur Aufklärung beitragen, da sie nach eigenen Angaben keinen Kontakt mit Behörden im Fall Lügde sowie in NRW hatte.

Auch zwei Zeugen der Polizei Höxter, die im April 2018 von der Nachbarin des Mädchens alarmiert worden waren, konnten keinen neuen Erkenntnisse liefern. Sie berichteten, dass es sich dabei um einen normalen Polizeieinsatz gehandelt habe, an dessen Ende sie einen Bericht an das zuständige Jugendamt verfasst hatten.

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