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Wenn Blicke nach oben wandern

Ausstellung: Achim Zeman erzeugt in der Synagoge völlig neue Wahrnehmungserfahrungen. Der Maler lässt Elemente unter der Decke fliegen

Karin Prignitz

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Himmlische Decke: Alexander Gruber (l.) hat in die Ausstellung des in Köln lebenden Malers Achim Zeman (r.) eingeführt. In den Händen halten beide ein kleines Modell. Karl-Friedrich Haeger schaut indes hinauf zur Decke und vermutet Mathematisches hinter der Installation. - © Karin Prignitz
Himmlische Decke: Alexander Gruber (l.) hat in die Ausstellung des in Köln lebenden Malers Achim Zeman (r.) eingeführt. In den Händen halten beide ein kleines Modell. Karl-Friedrich Haeger schaut indes hinauf zur Decke und vermutet Mathematisches hinter der Installation. (© Karin Prignitz)

Oerlinghausen. Der Blick der Besucher richtet sich unwillkürlich nach oben. Dort, unter dem Tonnengewölbe der einstigen Synagoge, verteilen sich kobaltblaue Schnipsel beinahe explosionsartig. Auf ihrem Weg der Verbreitung scheinen sich winzig kleine Elemente im Nichts aufzulösen. Größere, so hat es den Eindruck, drehen sich weg und beginnen zu schweben. Maler Achim Zeman hat optisch einen eigenen Mittelpunkt geschaffen, und er hat das Prinzip, von groß nach klein zu denken, aufgelöst.

"Fly High" (flieg hoch) nennt der in Kölner lebende Künstler mit Wurzeln in Baden-Württemberg seine aktuelle Ausstellung. Als Achim Zeman den Raum der Synagoge, in dem der Kunstverein Oerlinghausen regelmäßig besondere Ausstellungen zeigt, zum ersten Mal sah, war ihm schnell klar, worauf er sich konzentrieren würde. "Entweder auf den Boden oder die Decke." Denn den lichtdurchfluteten Raum wollte er in jedem Fall bestehen lassen. Ein Deckengemälde sei immer schon sein Wunsch gewesen, sagt Zeman. "Aber ich habe noch nie solch ein Tonnengewölbe gehabt." Eines, das eher wie eine Kuppel wirkt. In der Synagoge bot sich ihm die Gelegenheit, "den ehemals religiösen Raum nach oben zu öffnen".

Information
Fakten zur Ausstellung

  • Die Ausstellung „Fly High“ ist noch bis zum 6. Dezember geöffnet

  • Die Öffnungszeiten: Donnerstag, Samstag und Sonntag von 15 bis 17 Uhr sowie Sonntag von 11 bis 13 Uhr

  • Das Kunstgespräch am Donnerstag zur Ausstellung findet mit dem künstlerischen Leiter des Kunstvereins, Fred Schierenbeck, am 19. November ab 18.30 Uhr statt

  • Bereits am Donnerstag, 12. November, können Kinder ab 16 Uhr wieder zu Kunstentdeckern in der Synagoge werden

Bewusst hat sich Zeman für eine Farbe entschieden, "die in der Synagoge nicht vorkommt, die eine Eigendynamik entwickelt". Vier Tage hat Zeman, der grundsätzlich raumspezifisch arbeitet, gebraucht, um die Decke mit den Elementen zu bekleben, die er vom scheinbaren Mittelpunkt des Gewölbes ausgerichtet hat. Mit Hilfe des 2. Vorsitzendes Kunstvereins Oerlinghausen, Franz Brinkmann, und dem Ehrenvorsitzenden Peter Pantlen hat der 54-Jährige ein von Malermeister Brüggemann zur Verfügung gestelltes Baugerüst nutzen können, das zum Arbeitsplatz auf Zeit in schwindelnder Höhe wurde. Weil er ständig mit Kopf im Nacken und Armen nach oben arbeiten musste, hat er sich mit einer speziellen Gymnastik vorbereitet. Dennoch war es ein Kraftakt.

Alexander Gruber, einstiger Chefdramaturg am Bielefelder Theaters, lenkte in seinen einführenden Worten nun den Blick der Besucher hinauf zur himmlischen Installation, zum "blauen Gewimmel kleiner und größerer Flocken, Rauten, biegsamer, gebogener Kristalle". Auf gewissermaßen verschmitzte Weise nutze Achim Zeman (sein Vater ist Tscheche) die Mittel, die ihm die sogenannte Op-Art an die Hand gegeben habe. Der Maler habe den Raum auf magische Weise verwandelt. "Das Gewohnte wird ungewohnt, das Tonnengewölbe öffnet sich, wir sehen, was wir ohne Kunst niemals wahrnehmen könnten: die spielerische Leichtigkeit des Seins."

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