Warum die Stadt Lemgo das Camp am Steinstoß so lange tolerierte

Lemgo. Das Camp, das ein Lemgoer den Sommer über vor einem leerstehenden Haus am Steinstoß errichtet hatte und das inzwischen geräumt wurde, beschäftigte auch die Verwaltung und Polizei der Hansestadt. Laut Bürgermeister Markus Baier hatte es zuletzt immer mehr Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern gegeben. &bdquo;Manche schrieben, sie würden ihre Kinder einen Umweg fahren lassen, damit diese nicht angesprochen würden“, sagt Baier auf Anfrage der LZ. Auch der offene Alkohol- und Drogenkonsum habe viele Lemgoer gestört.

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Widerstandslos geräumt Warum jedoch tolerierte die Stadt das Treiben dort so lange? Dafür führt Baier zwei Gründe an. Erstens habe sich das Lager zumindest zum Großteil nicht auf öffentlichem, sondern auf privatem Grund befunden. &bdquo;Wir haben der Eigentümerin des Hauses regelmäßig berichtet, dass sich dort etwas abspielt“, so der Bürgermeister. Diese habe jedoch erst Anfang November bedeutet, dass die Toleranz nun aufgebraucht sei. Somit rückte die Polizei an und sprach einen Platzverweis aus, dem Viktor Bowel alias &bdquo;Bommel“, der dort sein provisorisches Heim aufgebaut hatte, auch widerstandslos nachgekommen sei.

&bdquo;Gesellschaftliches Phänomen“ Doch es gibt noch einen weiteren Grund: &bdquo;Das sind gesellschaftliche Phänomene und man wird nicht umhinkommen, dass es so etwas einmal gibt.“ Er erinnert an die Lemgoer &bdquo;Hunde-Martha“ Martha Dünker, die mehr als 20 Jahre lang zu den bekanntesten Menschen der Stadt gehört habe. &bdquo;Heute sprechen die meisten positiv und mit Nostalgie von ihr, doch sie war auch ganz und gar nicht immer ein angenehmer Umgang“, erklärt Baier.

Sämtliche Beschwerden zu dem Camp am Steinstoß habe die Stadt ernstgenommen und auch beantwortet. Auch Viktor Bowel selbst habe man ein Hilfsangebot gemacht. Dass der 37-Jährige die Lemgoer Notunterkunft ablehne, kann Baier nachvollziehen. &bdquo;Dort sammeln sich Menschen mit ähnlichen Problemen.“ Seines Wissens nach hätte Obdachlosigkeit in 95 Prozent der Fälle einen Suchthintergrund.

Bauprojekt platzte Dass Bowel seine Aktion als &bdquo;politischen Protest gegen Leerstand“ gelesen haben möchte, entlockt Baier jedoch ein Lachen. &bdquo;Er wollte dort einziehen“, bewertet er die Situation abgeklärt. Dass am Steinstoß 1 etwas passieren sollte, sieht er allerdings genauso. Ein Bauträger habe dort einen Neubau realisieren wollen, die Genehmigung lag vor, doch das Projekt scheiterte aufgrund der Preissteigerungen infolge von Corona- und Ukrainekrise. Die Eigentümerin, eine Dame aus der Region, sei offen für neue Konzepte, &bdquo;und wir hoffen, dass sich auf der Ecke bald etwas tut“.

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