Oerlinghausen. Geschichte und mögliche Zukunft des Archäologischen Freilichtmuseums Oerlinghausen werden bald Tausenden von Menschen bekannt sein: Mit einer Auflage von 13.000 Exemplaren ist Band 38 der Schriftenreihe „Lippische Kulturlandschaften" erschienen. Herausgeber ist der Lippische Heimatbund, Autor ist Museumsleiter Karl Banghard, der als Wissenschaftler in seinem Fach hohes Ansehen genießt. Er hat auf etwa 30 Seiten Bekanntes und bislang nicht ausgewertetes Archivmaterial zusammengetragen.
Karl Banghard beginnt seine Schilderung mit den Anfängen des ersten Germanengehöfts, das die Nationalsozialisten für ihre Zwecke nutzten. Es war politische Bildungsstätte, später Versteck vor amerikanischem Militär und Erinnerungsort. 1946 wurde das Gehöft abgebaut, weil es massive Beschwerden der Anwohner gegeben hatte. Soldaten und Prostituierte hätten die Häuser als Liebesnest genutzt, schreibt Karl Banghard.
Den zweiten Teil der Buchs widmet er dem Wiederaufbau nach 1961. „Den hat noch nie jemand kritisch untersucht", sagt er bei der Vorstellung des Bandes. Eine neue Erkenntnis seiner Quellenforschung ist, dass das neue Germanengehöft – seinerzeit das „einzige nichtrömische archäologische Freilichtmuseum zwischen Nordsee und Schwarzwald" – dank privater Spenden und Bürgschaften neu aufgebaut werden konnte. 50.000 Mark an Baukosten streckten die Oerlinghauser Bürger vor. Karl Banghard: „So ein kulturelles Engagement hatte Seltenheitswert."
Die Besucherzahlen waren im Anfangsjahr mit 60.000 verkauften Eintrittskarten überwältigend. Allerdings konnte dieser Anfangsschub nicht genutzt werden. Der Vorstand lehnte eine Professionalisierung der Strukturen ab, das Museum stagnierte fachlich und wirtschaftlich. 1973 brannte die Anlage komplett ab. Doch 1979 gelang der Neuanfang.
Klaus Stein spannt indes den Bogen zwischen Freilichtmuseum und Lippischem Heimatbund. Im Museum leitet er die Geschäfte, im Heimatbund ist er Schatzmeister. Sein Vorschlag, das Museum in der Schriftenreihe zu präsentieren, sei also „nicht uneigennützig" gewesen. Einen Großteil der Kosten trägt die NRW-Stiftung, der Auftraggeber muss sich aber beteiligen und auch einen Autor stellen. Daran seien in der Vergangenheit schon viele gute Ideen gescheitert, sagt Stefan Wiesekopsieker, Redakteur der Schriftreihe.
Neben Vergangenheit und Gegenwart nimmt Karl Banghard in dem Band auch drei wichtige Zukunftsprojekte in den Blick: den Klimaturm, die wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Zeit und die Neugestaltung der Jungsteinzeitlichen Abteilung. Diese Projekte bezeichnet er als nötigen „Relaunch" des Archäologischen Freilichtmuseums. Die Chancen für die Verwirklichung stehen gut. Der Kreis Lippe befürwortet eine Förderung aus dem Landesprojekttopf „Regionale 2022". Die Entscheidung über mögliche Fördergelder muss in diesem Jahr fallen.
Tönsberg und Alexanderkirche
Seit 2004 bringt der Lippische Heimatbund mit Unterstützung der NRW-Stiftung die Reihe „Lippische Kulturlandschaften" heraus und porträtiert dabei bedeutende Kultur- und Naturdenkmäler des Kreises Lippe. Die Reihe erscheint dreimal jährlich als Beilage zur Mitgliederzeitschrift. Das aktuelle Heft gibt es im Museumsshop, im Bürgerbüro und in der Buchhandlung Blume für vier Euro. In der Schriftenreihe wurden bereits der Tönsberg (Band 7) und die Alexanderkirche (Band 19) als Oerlinghauser Sehenswürdigkeiten vorgestellt.