Oerlinghausen. Der Kampf ist so alt wie die Menschheit. Wie sich die verschiedenen Kampfstile entwickelt haben, wurde am Sonntag im Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen ausgesprochen anschaulich demonstriert. Erstmals stand nicht eine bestimmte Epoche, sondern ein Thema im Mittelpunkt – der Zweikampf, von der Antike bis zur Neuzeit.
„Pugnate!" Nicht nur die lateinische Aufforderung an die beiden Gladiatoren verlieht der Kampfschau der Hamburger Gruppe „Lvdvs Nemesis" Authentizität. Auch ihre Kleidung und Ausrüstung kamen dem Original sehr nahe. Ursprünglich waren die Helme, Brustpanzer und Waffen aus Bronze gefertigt, erläuterte Olaf Küppers.
Nach dem Vulkanausbruch des Vesuvs im Jahr 79 nach Christus blieben sie deshalb gut erhalten. Gladiatoren waren Angehörige fremder Völker gewesen, sagte Küppers. Denn wer wollte schon einen Römer verlieren sehen? Im Übrigen sei ein Gladiator höchstens einmal im Jahr in der Arena angetreten. Aus eigener Erfahrung hat die Gruppe herausgefunden, dass ein Kampf nicht länger als fünf bis acht Minuten gedauert haben kann. „Dann wird unter dem Helm die Luft eng", stellte Küppers fest.
Es ist historisch verbürgt, dass auch Frauen gegeneinander gekämpft haben. Bei „Lvdvs Nemesis" übernimmt Svenja Fabian als „Medusa" diese Rolle. Sie hat die Gruppe gegründet. Mit Schild, Schwert und Beinschutz ist sie genauso bekleidet wie ihre männlichen Darsteller.
Mit falschen Vorstellungen über das Hochmittelalter räumte die Gruppe „DreyWunder" auf. „Manches, was im Film gut und dramatisch aussieht, ergibt aber im realen Kampf keinen Sinn", erläuterte Henrik Gyarmati. „Wir versuchen, so eng wie möglich an den Quellen zu bleiben, das ist dann häufig eher unspektakulär." Mit Schlachtschwert, Mordaxt und „halben" Stangen stellte die Gruppe dar, wie um 1475 gekämpft wurde.
„Wir waren schon in vielen Museen, daher freuen wir uns, erstmals auch in Oerlinghausen aufzutreten", sagte Gyarmati. Der Museumspädagoge Marcus Coesfeld, Organisator des Aktionstages, hatte „DreyWunder" vor allem eingeladen, weil die insgesamt 60 Mitglieder sowohl sportlich als auch geschichtlich sehr versiert sind.
Ihr Wissen über Waffen und ihre Anwendung gaben sie in Einzelgesprächen gern an die Besucher weiter. Im kommenden Jahr wird die Gruppe auch ein Seminar im Freilichtmuseum anbieten.
Ganz und gar nicht mittelalterlich kam ein weiterer Teil der Veranstaltung daher: Schwerter, die Geräusche von sich geben und aufleuchten, hatte die Formation „Braunschweiger Fechtkultur" mitgebracht. Die Kostüme ihrer Mitglieder erinnerten nicht ohne Grund an „Star Wars". „Es sind Fans der Filme. Sie wollen die Charaktere möglichst glaubwürdig darstellen", erläuterte Christian Brandt. „Dazu gehört auch, den Umgang mit den Lichtschwertern zu üben." Für die noch sehr junge Gruppe war der Kampftag in Oerlinghausen zugleich der erste Auftritt in der Öffentlichkeit.
Doch auch noch jüngere Menschen konnten an diesem Aktionstag selbst zur Waffe greifen. Kinder konnten nicht nur hölzerne Schwerter und Schilde bemalen, sondern bei Marcus Coesfeld auch dessen Gebrauch erlernen. Im Kampf gegen einen der Hamburger Gladiatoren konnten Ältere wie Jüngere ihre technischen Tricks dann gleich erproben. „Es war etwas anstrengend", meinte Tessa (19). „Der Schild war ganz schön schwer." Der siebenjährige Nils brachte schon ein wenig Erfahrung mit. „Ich habe heute noch dazugelernt", meinte er.
Wie eine realistische Selbstverteidigung auch gegen zwei Gegner gelingen kann, zeigten Sascha Borowczak, Niklas Nowak und Christian Hjort vom Alpha Sports Club Bielefeld. In einer kritischen Situation sei Stillstand schlecht, empfahl Hjort. Man dürfe auch nicht mit dem Rücken vor einer Wand stehen, sondern immer in Bewegung bleiben. Ob man als Unbeteiligter schlichtend eingreifen könne, hänge von den Umständen ab. „Niemand ist verpflichtet einzuschreiten", sagte der Trainer. „Was jeder machen kann: am Telefon die 110 wählen."