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Kriminalhauptkommissarin Annette Kukkuk warnt: Die Polizei fragt nie nach Geld

Gunter Held

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Kriminalhauptkommissarin Annette Kukkuk informierte im AWO-Kaffeestübchen über Tricks, mit denen Betrüger versuchen, an das Geld vornehmlich älterer Personen zu kommen. - © Gunter Held
Kriminalhauptkommissarin Annette Kukkuk informierte im AWO-Kaffeestübchen über Tricks, mit denen Betrüger versuchen, an das Geld vornehmlich älterer Personen zu kommen. (© Gunter Held)

Oerlinghausen. Tatort Telefon: Eine Frau ruft an. Der Stimme nach, eine junge. Sie sei die Freundin des Enkels von Martha O. „Oh, wie geht es Peter denn“, fragt O. Und mit beinahe tränenerstickter Stimme erzählt die Freundin, dass der Peter im Krankenhaus liege. Eine Coronainfektion habe ihn ganz schwer erwischt. Er liege schon auf der Intensivstation. Deshalb rufe auch sie an und nicht Peter selbst.

Martha O. ist schockiert – und sie will helfen. Ja, sagt die Frau am Telefon, da gebe es schon etwas, dass sie machen könnte. Wenn Peter ein neues Medikament bekäme, würde sich sein Zustand sicher schnell bessern, hätten die Ärzte gesagt. Aber dieses Medikament müsste selbst bezahlt werden und das sei doch so teuer. So viel Geld habe Peter nicht – und sie auch nicht, fügt die junge Frau noch hinzu.

Martha O. ist froh, helfen zu können und fragt, wie teuer das Medikament denn sei. 11.000 Euro würde die Behandlung kosten, erfährt die hilfsbereite Großmutter. Und natürlich würde sie ihrem Enkel das Geld geben. Nur der kann es nicht selbst abholen, weil er eben auf der Intensivstation liege. Doch die Freundin des Enkels bietet sich an, das Geld an einem Treffpunkt in der Stadt entgegenzunehmen. So eine fürsorgliche junge Frau, denkt Martha O. noch.

Am nächsten Tag ruft sie ihren Enkel Peter auf dem Handy an und möchte wissen, wie es ihm geht. Gut, sagt der. Er wolle grad zum Sport. Nein, im Krankenhaus war er nicht. Eine Coronainfektion habe er auch nicht gehabt. Und auch eine feste Freundin habe er im Moment nicht. Martha O. war Opfer einer Enkeltrickbetrügerin geworden. Den Namen ihres Enkels hat zuerst sie am Telefon genannt. Die Betrügerin hat ihn sich gemerkt. Die 11.000 Euro waren weg. Selbst eine Beschreibung der Frau konnte sie nicht liefern, denn die habe einen Kapuzenpulli getragen, als Martha O. ihr das Geld übergeben hat.

Diese Geschichte ist erfunden, aber so ähnlich passiert es immer wieder. Über die Gefahren von Telefonbetrügern, Dieben und Schockanrufern informierte Kriminalhauptkommissarin Annette Kukkuk sehr sachlich im Kaffeestübchen der Arbeiterwohlfahrt (AWO). „Zuhause fühlt man sich sicher“, sagte sie, um gleich hinterherzuschieben, dass viele Delikte genau dort passieren. Die Kontaktaufnahme geschehe oft telefonisch. „Rate mal, wer hier ist . . .“, ist eine beliebte Masche. Der oder die Angerufene reagiert, indem der Name des Enkels oder der Enkelin genannt wird – und schon kann sich der Betrüger als Enkel ausgeben. Doch Betrüger klingeln auch an der Haustür und geben an, den Gas-, Strom- oder Wasserzähler ablesen zu müssen. Dabei kundschaften sie die Wohnung aus oder lassen sogar einen Komplizen hinein, der die Wertsachen stiehlt, während der vermeintliche Ableser den Wohnungsinhaber ablenkt.

Für gesundes Misstrauen hat jeder Verständnis

Aber die Kriminalhauptkommissarin machte auch auf Taschendiebe aufmerksam und warnte die etwa 20 Zuhörer davor, das Portemonnaie in den offenen Einkaufskorb zu legen. „Nein, das darf man natürlich nicht machen“, bekam sie aus den Zuhörerreihen gleich Zustimmung. „Ich sehe das sehr oft“, sagte Kukkuk. „Aber vielleicht achte ich auch einfach mehr auf solche Sachen.“ Drei Tipps hatte sie dann parat: Geldbörsen gehören in verschlossene Taschen und noch besser sei es, einen Brustbeutel zu tragen. Dort käme niemand unbemerkt dran. Und außerdem sollte man nur so viel Geld ins Portemonnaie stecken, wie man voraussichtlich für den Einkauf benötige. Der Verlust der Geldbörse sei eine teure Angelegenheit. Durchschnittlich 150 Euro koste es, alle Ausweise und was sich sonst noch darin befindet, wiederzubeschaffen.

Klingelt unangemeldeter Besuch an der Wohnungstür, sollte die erst einmal geschlossen bleiben. Wenn sich jemand als Mitarbeiter der Stadtwerke ausgibt, kann ein Anruf bei den Stadtwerken schnell Klärung bringen. Handelt es sich tatsächlich um einen Ableser, wird er für die kurze Wartezeit Verständnis haben. Auch könnte ein Nachbar angerufen und gebeten werden, doch mal kurz herüberzukommen. Selbst wenn ein Ausweis vorgezeigt wird, sollte man misstrauisch bleiben, denn diese Ausweise könnten leicht gefälscht werden.

Und bei den Telefonanrufen sei das sicherste, einfach aufzulegen. Gut sei auch, den Anrufbeantworter ständig eingeschaltet zu lassen, denn ein Telefonbetrüger werde sicherlich keine Nachricht mit einer Rückrufnummer auf dem Gerät hinterlassen. Wenn sich dann beim Aufsprechen der Nachricht herausstellt, dass es tatsächlich der Enkel oder die gute Freundin ist, kann das Gespräch immer noch angenommen werden. Der Anrufbeantworter schaltet sich dann ab.

Auf keinen Fall sollte man sich verbinden lassen, sondern auflegen und selbst eine bekannte Nummer des Enkels oder Freundin anrufen.

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