Oerlinghauserin hat ihre Heimat auf drei Kontinenten

Oerlinghausen/Adelaide. Ob Meeresweite, Metropolen-Skyline oder Fachwerkidylle – Constanze Voelkel-Hutchison sucht überall den besonderen Blick. Mal schaut sie im südaustralischen Adelaide auf den endlosen Ozean, mal in Bangkok aus dem 54. Stock auf den Chao-Phraya-River. Und wenn sie in Oerlinghausen ist, wandert ihr Blick hinunter auf die vertraute Altstadt – oder sie erinnert sich an frühere Zeiten am Menkebach in Schloß Holte-Stukenbrock.

Die Reiselust begleitet die in Schloß Holte-Stukenbrock aufgewachsene Frau seit ihrer Kindheit. &bdquo;Mit meinen Eltern und meiner Schwester ging es im Sommerurlaub immer irgendwohin“, erinnert sie sich. Als Teenager lebte sie während eines Schüleraustausches in England und verbrachte später ein Jahr an einer Highschool in Arizona. &bdquo;Neue Kulturen, neue Menschen, gegenseitige Unterstützung – das hat mich immer fasziniert“, sagt die heute 60-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung. Forscherdrang sei einfach Teil ihres Wesens. Ihre Familie zog damals von Schloß Holte-Stukenbrock nach Oerlinghausen.

Nach dem Studium der Ethnologie und Erziehungswissenschaften in Münster und Freiburg änderte ein Barbecue ihr Leben. 1992, in Bielefeld, lernte sie ihren heutigen Mann Rob kennen – einen Neuseeländer. &bdquo;Als der Salat serviert wurde, stellten wir fest, dass wir beide keine Eier mögen. So kamen wir ins Gespräch“, erinnert sie sich. Am nächsten Tag zeigte sie ihm die Stadt, führte ihn sogar zur Sparrenburg. Sie verliebten sich. Als Rob nach Neuseeland zurück musste, hielten sie per Brief und Telefon Kontakt. &bdquo;Ich glaube, wir sehen uns wieder“, flüsterte sie ihm beim Abschied zu – und behielt recht. Wenig später heirateten sie in Australien.

Bevor sie in die Küstenstadt Adelaide ziehen konnte, musste sie zurück nach Oerlinghausen, um die notwendigen Visa-Formalitäten zu regeln. 1993 erhielt sie die Einreisegenehmigung. &bdquo;Mit gemischten Gefühlen flog ich nach Südaustralien, um meinen Mann wiederzusehen“, erinnert sich Voelkel-Hutchison. &bdquo;Ich wusste, dass ich Familie und Freunde sehr vermissen würde. Aber ich war sicher, dass uns Besuche und regelmäßiger Kontakt verbinden würden.“ Das Auswandern bedeutete für sie mehr als nur Formalitäten. Es verlangt Kraft, Abschiede und einen Neustart von ganz unten. Ein Jahr brauchte sie, um beruflich Fuß zu fassen und sich zu etablieren. Die Kraft schöpfte sie aus der Liebe und Unterstützung ihrer Familie und Freunde. Sie wusste, dass es Barrieren geben würde. Doch mit der geliebten Person an ihrer Seite und der Gewissheit, jederzeit zu ihrer Familie zurückkehren zu können, fiel ihr der Schritt deutlich leichter. Wie viele Neuankömmlinge arbeitete sie zunächst ehrenamtlich – im Naturkundemuseum und im Tandanya National Aboriginal Cultural Institute. Später engagierte sie sich in der Arbeit mit Zugewanderten und Geflüchteten. Schließlich führte ihr Weg zur australischen Einwanderungsbehörde. Dank einer Sondergenehmigung durfte sie die deutsche Staatsbürgerschaft behalten – seit 25 Jahren besitzt sie nun beide Pässe.

2016 öffnete sich eine neue Tür: ein Job bei der International Organization for Migration in Bangkok. Seitdem pendelt Voelkel-Hutchison zwischen drei Kontinenten. Bangkok sei für sie vor allem ein Arbeitsort, sagt sie. Sie wohne dort im 54. Stock eines Hochhauses mit Blick auf den Chao-Phraya-River. In den Ferien fliegt sie zu ihrem Mann nach Australien oder zu ihrer Mutter nach Oerlinghausen.

Jedes Land habe seine eigene Art zu kommunizieren, erklärt sie. Wichtig sei, sich anzupassen, ohne sich selbst zu verlieren. Deutschland schätze sie für das Gemeinschaftsgefühl und die tiefgehenden Gespräche. Australien für die Leichtherzigkeit, die indigene Kultur und die weiten Landschaften.

Weihnachten verbringt Voelkel-Hutchison wieder in &bdquo;ihrer Bergstadt“, besucht ihre Mutter, deren Mann und ihre Schwester. Dann laufe sie unter leuchtenden Sternen die Hauptstraße entlang, besuche den Bergstadtadvent, nehme an der Andacht in der Alexanderkirche teil – und verzichtet ganz sicher nicht auf ein Stück Marzipankuchen von ihrer Lieblingsbäckerei Kriemelmann.

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