Schieder-Schwalenberg. Das neue Jahr ist erst wenige Tage alt und es bringt vor allem eines mit sich: Preiserhöhungen. An vielen Stellen, die das tägliche Leben betreffen, müssen die Menschen jetzt tiefer in die Tasche greifen - so auch beim Besuch im Lokal. Seit dem 1. Januar gilt in der Gastronomie nämlich wieder die alte Mehrwertsteuer von 19 statt sieben Prozent auf Speisen. Und das schmeckt den Wirten überhaupt nicht, denn in den meisten Fällen haben sie keine andere Möglichkeit, als die Preiserhöhungen an ihre Gäste weiterzugeben. Auch den Schwalenberger Gastronomen stößt dies übel auf. Deswegen haben sie gemeinsam ein Schreiben verfasst, in dem sie ihre missliche Lage erklären.
Für ein Schnitzel mit Pommes und Salat zahlte ein Gast vor dem Jahreswechsel im Schwalenberger Berggarten noch 14,80 Euro. Jetzt kostet das gleiche Gericht 16,90 Euro. Die Preise zu erhöhen, habe ihm Bauchschmerzen bereitet, erklärt Inhaber Jens Rheker. Und dabei liege er mit dem aktuellen Preis noch deutlich unter dem, was er eigentlich verlangen müsste, damit er daran genauso viel übrig hätte wie in 2023.
Schnitzel mit Pommes müsste 20,90 Euro kosten
Doch 20,90 Euro, die er eigentlich rechnerisch dafür haben müsste, wie er sagt, könne man keinem Gast zumuten. Rheker hofft, es an anderer Stelle wieder auffangen zu können - wenngleich das ziemlich schwer werden dürfte. „Die gestiegene Mehrwertsteuer ist ja nur die Spitze des Eisbergs“, erklärt der Gastronom, der gemeinsam mit seiner Frau Steffi Rheker das Wirtshaus seit zwei Jahren betreibt. Die Verdoppelung der Maut, 50 Prozent mehr CO2-Abgabe, Verdreifachung der Stromkosten, Erhöhung des Mindestlohns, gestiegene Heizkosten und weitere Faktoren kämen schließlich noch hinzu.
Die Mehrwertsteuer war vor drei Jahren im Rahmen der Coronahilfe auf sieben Prozent gesenkt worden. In dieser Zeit sind die Preise für Lebensmittel, Energie, Gebäude und Personal jedoch deutlich gestiegen. „Allein dadurch sind die zwölf Prozent bereits heute aufgezehrt“, erklären die insgesamt neun Schwalenberger Gastronomie-Betriebe in ihrem Schreiben, das sie als Flyer allen Schwalenberger Haushalten haben zukommen lassen und auch in den sozialen Netzwerken veröffentlichten.
Gemeinsame Aktionen statt Konkurrenzkampf
Ihnen sei bewusst, dass auch die privaten Haushalte von den enormen Preissteigerungen betroffen seien, schreiben die Gastronomen weiter. Dennoch würden sie hoffen, dass die Kunden ihnen die Treue hielten. „In Schwalenberg haben wir im Gegensatz zu anderen Orten noch Gastronomie und wir wollen dazu beitragen, dass wir auch in dieser Vielfalt erhalten bleiben.“
Statt in einem Konkurrenzkampf auszubrechen, haben sich die Schwalenberger Wirte jetzt gemeinsam an einen Tisch gesetzt und überlegt, wie sie der Situation entgegentreten können. So wollen sie etwa gemeinsame Aktionen auf die Beine stellen, wie beispielsweise Musikveranstaltungen, bei denen die Künstler am Abend zwischen den verschiedenen Lokalitäten wechseln. Oder auch ein „Kneipen-Bingo“ mit den Schützen .
Gäste bleiben ohne Absage fern
„Unsere einzelnen Veranstaltungen müssen wir noch besser abstimmen“, sagen Regina Zelms und Andreas Wellmann von „Weine im Polhof“. Ihr Ziel sei es, dass in Schwalenberg immer etwas los sei und nicht etwa mehrere Veranstaltungen auf ein Wochenende fielen. Wie sich die Kostenerhöhungen auf ihr Geschäft auswirken werden, kann das Ehepaar noch nicht abschätzen. „Bei uns ist die Situation eine andere. Da wir keine feste Speisekarte haben, sind wir flexibler“, erklärt Regina Zelms, die aber von einem ganz anderen Problem berichtet.
Immer öfter sei es der Fall, dass sich Gäste zum Essen anmeldeten, dann aber nicht kämen - ohne Absage. Dies sei sehr ärgerlich, da sie die Speisen mitunter extra für die Bestellungen zubereiten würden. „Deswegen überlegen wir, ob wir demnächst Vorkasse verlangen.“
„Mal Anders“ bleibt im Januar und Februar geschlossen
Manfred Leifels vom Café und Musikclub „Mal Anders“ lässt die Türen seines Lokals im Januar und Februar geschlossen. „Seit Monaten ist es sowieso schon merklich ruhiger geworden“, erklärt er. Die Gäste blieben aus, sodass es sich derzeit nicht lohne, sich hinter die Theke zu stellen. Bis März habe er daher nur einzelne Musikevents geplant. „Wir haben das Mal Anders eröffnet, weil wir Spaß daran haben. Wir verdienen nicht unseren Lebensunterhalt damit“, erklärt Leifels. Trotzdem könne man nicht immer nur Geld zuschießen. „Auch von Seiten der Stadt und des Landes wird nicht viel getan“, sagt er.
Gäste reagieren mit Verständnis
Diane Vandieken, Inhaberin des „Schwalenberger Malkasten“ sieht sich gezwungen, die Preiserhöhungen eins zu eins weiterzugeben. „Wir haben leider keine andere Wahl.“ Von den Gästen habe sie auf die gemeinsame Erklärung der Gastronomen bisher nur positive Resonanzen und viel Verständnis erhalten, sagt sie. Ob sie dennoch viele Gäste verlieren werden, werde erst die Zeit zeigen.
Fest steht, dass die Schwalenberger Gastronomen an einem Strang ziehen wollen. „Jeder soll seine Einzigkeit bewahren, aber wir wollen auch gemeinsam zeigen, dass Schwalenberg sich schon noch abhebt von vielen anderen Orten drumherum, wo das Gastrosterben sehr groß ist“, sagt Jens Rheker. Eine so bunte Vielfalt an Gastronomie-Betrieben bei gerade mal rund 1400 Einwohnern sei schon etwas Besonderes, sind sich die Wirte einig.