Klock-klock Klock-klock singen die Brücken von Kohlstädt

Schlangen-Kohlstädt . Wer bei Brigitte Finke auf dem Balkon steht, hört ein ständiges Rauschen. Und immer wieder ein Klock-klock Klock-klock. Das ist der Verkehr auf der B1. Genauer gesagt, der Verkehr auf der Brücke über das Vorteltal. Das Haus von Brigitte und Klaus Finke steht auf einer kleinen Anhöhe genau gegenüber der Brücke, dem Rosenberg. Wäre die Brücke die Kinoleinwand, dann wären auf dem Rosenberg die teuren Logenplätze - mit der besten Sicht und dem besten Ton.

Auch wenn die kurze Straße Am Rosenberg laut den Lärmkarten des Landes NRW nicht vom Straßenlärm betroffen zu sein scheint, erscheint es vor Ort anders. Von Pkw, die die Brücke überqueren, ist nur ein bisschen vom Dach zu sehen. Dafür hört man sie, wenn sie über die Dehnungsfugen am Brückenende fahren: Klock-klock Klock-klock. Bei Lkw klockt es öfter, je nachdem wie viele Achsen sie haben. Und die hohen Brummis sind auch deutlich zu sehen. &bdquo;Die verschiedenen Lkw-Planen sind manchmal schon interessant“, sagt Brigitte Finke. Als die Betonteile für den Amazon-Bau nach Belle geliefert wurden, hätte man auf der Brücke teilweise sechs Lkw in Kolonne gesehen, erzählt Klaus Finke. Die seien sehr auffällig gewesen, wegen ihrer Drehlichter. Die Brücke ist wohl tatsächlich ein bisschen wie Kino. Auf die dazugehörige Geräuschkulisse könnten beide allerdings verzichten - besonders nachts. Ihr Schlafzimmer liegt in Richtung der Brücke.

Für den Lärm der B1 ist Straßen NRW zuständig Brigitte Finke hat sich an die Gemeinde gewandt, denn weil es die Lärmkarte des Landes zur B1 gibt, muss die Gemeinde nun auch einen Lärmaktionsplan aufstellen. Dafür können Bürger der Gemeinde Rückmeldungen geben. Die zuständige Mitarbeiterin habe ihr aber wenig Hoffnung gemacht, dass am Ende etwas passieren werde, sagt Brigitte Finke. Zuständig für die B1 sei Straßen NRW und da könne man lange warten.

1979 sind Brigitte und Klaus Finke auf dem Rosenberg eingezogen. Die Brücke gibt es seit 1992. &bdquo;Klar, für alle im Ort ist es mit der Brücke nun ruhiger geworden“, sagt Klaus Finke. Früher führte die B1 direkt durch Kohlstädt. Nach dem Brückenbau sei der Lärm gemessen worden. &bdquo;Aber damals war ja auch noch nicht so viel Verkehr wie heute.“ Das Ehepaar versteht vor allem nicht, warum das kleine Wäldchen an der Böschung am Brückenende vor zwei Jahren abgeholzt worden ist. Die Bäume boten wenigstens einen gewissen Schall- und Sichtschutz.

Darüber kann sich Else Fink, ihre Nachbarin, die etwas unterhalb wohnt, auch aufregen: &bdquo;Das kann kein Mensch verstehen! Als die Bäume noch standen, konnte ich nicht mal die Lkw sehen.“ Lärmschutzfenster hat Else Fink vor Jahren auf eigene Kosten einbauen lassen. Und mit den Bäumen als Sicht- und Lärmschutz hatte sie sich mit der Situation arrangiert. Wer die Rodung beauftragt hat, solle mal vorbei kommen, wünscht sie sich. &bdquo;Auf der ganzen Strecke nach Schlangen sind die Bäume stehen geblieben und bei uns wurde gerodet.“

Mit Hilfe von drei Brücken wird die B1 an Kohlstädt vorbei geführt. Die erste aus Richtung Schlangen ist die etwa 350 Meter lange Vorteltalbrücke. Es folgt die etwa 250 Meter lange Brücke In der Grund und schließlich die etwa 450 Meter lange Strothetalbrücke. Für die Häuser im Tal direkt an der Hauptstraße brachte die Umgehung Entlastung. Dafür hören nun viele der Häuser am Hang den Straßenlärm von der Brücke.

&bdquo;Früher, direkt an der alten B1 war es schlimmer“, bestätigt Michael Bernet, der in der Straße In der Grund fast direkt unter der Brücke wohnt und laut der Lärmkarte des Landes eine hohe Belastung ertragen muss. &bdquo;Bei uns geht der Schall drüberweg“, sagt er. Außerdem schlucke Laub und Schnee viele Geräusche. &bdquo;Das Klockern hört man aber schon.“ Auch sein Nachbar Hubert Böttner hat keine Probleme mit der Brücke. &bdquo;Die Jalousien gehen nachts automatisch runter.“

Sarah Gottfried blickt von der Bergstraße direkt auf die Brücke. &bdquo;Wenn der Wind entsprechend steht, ist auch mit geschlossenen Fenster zu hören, dass dort Lkw fahren“, sagt sie. Es sei aber nicht so, dass sie auf dem Sofa sitze und denke: Jetzt fährt da wieder ein Lkw. &bdquo;Im Sommer, bei offenem Fenster, stört es schon mehr.“

Der Lärm sei da, sagt auch Angela Schultz, die in der Straße Am Hasenbusch wohnt. &bdquo;Man nimmt es aber nicht mehr so wahr.“ Wenn die Bäume nicht belaubt seien, höre sie die Lkw auf die Brücke fahren: Babamm, Babamm. Ein Geräusch mit dem Kohlstädt vertraut ist.

Andere Regeln Die Lärmaktionplanung der Kommunen richte sich nach EU-Richtlinien für den Umgebungslärm, erklärt Straßen NRW nach einer LZ-Anfrage. Dabei werde der Umgebungslärm berechnet und die Ergebnisse seien nicht mit nationalen Berechnungsmethoden für Straßenlärm vergleichbar. Deshalb könne aus den Lärmkarten des Landes unter www.umgebungslaerm.nrw.de keine Betroffenheit nach den Kriterien der Lärmsanierung abgeleitet werden. Sie könnten aber ein Indiz für eine Lärmbetroffenheit darstellen. Die müsse dann nach den Regeln der Lärmsanierung, die für Bundes- und Landesstraßen maßgeblich seien, erneut geprüft werden. Als Grenzwerte nennt Straßen NRW 64 dB (A) am Tag und 54 dB (A) in der Nacht für allgemeine Wohn- und Kleinsiedlungsgebiete. Für Dorf- und Mischgebiete gelten 66/56 dB (A) und für Gewerbegebiete 72/62 dB (A). Außerdem seien weitere haushaltsrechtliche Rahmenbedingungen und Verwaltungsvorschriften zu beachten. Mögliche Schallschutzmaßnahmen seien Lärmschutzwände oder -wälle, schallschluckender Asphalt aber auch Schallschutzfenster und der Einbau einer Belüftung bei betroffenen Gebäuden. Eigentümer könnten dazu einen formlosen Antrag an Straßen NRW stellen. Wer auf der Homepage von Straßen NRW nach &bdquo;Lärmschutz“ sucht, findet weitere Informationen.

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