
Kassel/Münster. Mehr als eine Million Pferdebesitzer in Deutschland, darunter ungefähr 100.000 in Westfalen, fürchten, dass sie bald verstärkt zur Kasse gebeten werden. Als bundesweit erste Kommune hat die nordhessische Kleinstadt Bad Sooden-Allendorf eine Pferdesteuer eingeführt. Noch in diesem Jahr wird der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel darüber entscheiden, ob sie rechtmäßig ist.
Wenn die hessischen Richter "grünes Licht" für die Pferdesteuer geben sollten, dann werden vermutlich zahlreiche andere klamme Kommunen nachziehen. "Aus unserer Sicht ist das bundesweit eine Bedrohung", sagt Brigitte Hein, Vorstandsmitglied im Pferdesportverband Westfalen. Um die "Gefahr" möglichst abzuwenden, habe man eine "eng verzahnte Abwehrstrategie" und ein "Frühwarnsystem" entwickelt, so Hein. Ein bundesweites Aktionsbündnis macht bereits gegen die Pferdesteuer mobil. Es hat dem Deutschen Städtetag schon zahlreiche Unterschriften übergeben.
"Wir müssen alle möglichen Einnahmen erzielen", sagt hingegen Frank Hix. Der CDU-Bürgermeister von Bad Sooden-Allendorf will aus der Pferdesteuer (200 Euro pro Jahr und Tier) eine fünfstellige Summe für den Haushalt generieren. "Wir haben uns vom Hessischen Städte- und Gemeindebund beraten lassen", so Hix. "Unser Vorhaben ist vom Kommunalabgabengesetz gedeckt", ist er überzeugt.
"Kommunen sollten nicht ständig neue Bagatellsteuern erfinden"
Der Bürgermeister sieht "viele Parallelen zur Hundesteuer", die von den Kommunen mit großem Nachdruck eingetrieben wird. Neben Bad Sooden-Allendorf haben noch drei weitere hessische Kommunen die Pferdesteuer per Satzung eingeführt, aber die Vollstreckung bis zu einem Urteil ausgesetzt. Vor dem Verwaltungsgerichtshof klagen neun Pferdehalter, die ihre Tiere aus unterschiedlichen Gründen nutzen, etwa für den Sport, die Therapie oder die Landschaftspflege.

"Kommunen sollten nicht ständig neue Bagatellsteuern erfinden", empört sich Bärbel Hildebrand vom NRW-Steuerzahlerbund. Es sei "ein Irrtum zu glauben, dass damit die Haushaltsprobleme gelöst werden könnten". Der Verwaltungsaufwand übersteige in solchen Fällen häufig den Ertrag, sagt Hildebrand. Allerdings hätten die Kommunen einen großen Gestaltungsspielraum.
Das weiß auch Henrik von der Ahe. Er sitzt im Generalsekretariat der Deutschen Reiterlichen Vereinigung und verweist auf die Stadt Remscheid. Auch dort habe die Verwaltung die Pferdesteuer einführen wollen, doch sie wurde von einer politischen Mehrheit gerade noch gestoppt. Der Vergleich mit der Hundesteuer hinke, sagt von der Ahe. Während die Hundesteuer eingeführt worden sei, um die Population einzuschränken, solle die Pferdesteuer als eine Art Luxussteuer gelten. Dabei würden viele Pferde zur Therapie und Rehabilitation kranker und behinderter Menschen eingesetzt. Reiten sei zudem ein Sport, der von vielen Kindern und Jugendlichen ausgeübt werde. Eine Pferdesteuer werde all diese sinnvollen Funktionen konterkarieren, fürchtet von der Ahe. Nicht jeder Pferdehalter besitze viel Geld, manche würden sich ihr Hobby "vom Mund absparen", gibt Brigitte Hein vom Pferdesportverband Westfalen zu bedenken.