

Herford (jum/jwl/red). Nun ist es traurige Gewissheit: Der fünfjährige Dano aus Herford ist einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Das bestätigten am Freitag Polizei und Staatsanwaltschaft in einer Pressekonferenz in Bielefeld. Ein 43 Jahre alter Verdächtige hat die Tat bereits gestanden. Der Mann wurde am Donnerstagabend im münsterländischen Steinfurt festgenommen und ist am Freitagmorgen beim Landgericht Bielefeld dem Haftrichter vorgeführt worden. Der Richter erließ einen Haftbefehl.
Der Beschuldigte hat laut den Ermittlern zugegeben, den Fünfjährigen getötet zu haben. Dano soll an der Herforder Wohnungstür des Mannes geklingelt haben, um mit dem Sohn des Beschuldigten zu spielen. Die Mütter der beiden Söhne waren offenbar miteinander befreundet.
Nach Aussage des Beschuldigten habe er Dano ins Gesicht geschlagen. Das Kind habe angefangen zu weinen und damit gedroht, zu seinem Vater zu laufen und diesem von dem Vorfall zu berichten. Als Dano erneut angefangen habe zu weinen, habe der 43-Jährige mehrfach auf das Kind eingeschlagen.
Nach Angaben von Staatsanwältin Ina Leinkauf habe der Beschuldigte weiter ausgesagt, er habe Dano dann in die Wohnung gezerrt, eine Decke auf ihn geworfen und ihn damit erstickt. Danach habe der Junge leblos auf dem Sofa gelegen. Diese Aussage decke sich jedoch nicht mit den Obduktionsergebnissen, sagte Leinkauf. Dabei sei festgestellt worden, dass der Junge mit einem dicken Gegenstand stranguliert wurde.
Die Leiche des Kindes sei am Tag des Todes mit einem Koffer zum Werreufer gebracht worden. Dort wurde Dano in einer Mülltüte im Gebüsch versteckt. Der Koffer wurde rund 200 Meter vom Leichenfundort entdeckt.
Die Ermittler konnten nicht bestätigen, dass es zuvor zwischen den Familien schon Streitigkeiten gegeben habe.
Polizeisprecher Achim Ridder sagte, dass der Beschuldigte offenbar gegenüber seiner Lebensgefährtin in der Vergangenheit gewalttätig geworden sei. Diese Tat habe die Frau jedoch nicht angezeigt.
Nach NW-Informationen galt der Mann bereits in der Vergangenheit als Täter in einem Fall aus Niedersachsen, bei dem das vermisste Mädchen Jenisa bisher nicht gefunden wurde.
Der Fall Jenisa sorgte vor mehr als sieben Jahren bundesweit für Bestürzung: In Hannover verschwand damals die achtjährige Schülerin. Der Mann, der für das Verschwinden des Kindes nach Ansicht der Staatsanwaltschaft und der Polizei verantwortlich ist, ist derselbe, der nun als Tatverdächtiger im Fall Dano gilt. Er war mit seiner Familie nach Herford gezogen und lebte rund 50 Meter von Danos Familie entfernt. Polizisten sicherten am Donnerstag das Haus. Die Tür zur Wohnung ist versiegelt.
Die Herforder und die Hannoveraner Ermittler haben seit Wochen Kontakt.
Jenisa war am 7. September 2007 verschwunden, als sie ihre Tante besuchen wollte. Die hatte sie in der Wohnung aber nicht angetroffen, sondern nach Ansicht der Ermittler nur deren Lebensgefährten. Was dann geschah, ist nach wie vor unklar. Die damals Achtjährige wird bis heute von der Polizei als vermisst geführt.
Die Spur des Herforder Jungen Dano hatte sich am 14. März auf einem Spielplatz in der Nähe der Werre verloren. Tagelang hatte die Polizei in der Werre, am Ufer, am Sielwehr in Bad Oeynhausen und im gesamten Stadtgebiet Herfords nach dem Jungen gesucht.
Am Donnerstag war in Herford eine Kinderleiche gefunden worden. Dass es sich bei der Leiche um Dano handelte, bestätigte die Polizei am Freitag auf einer Pressekonferenz.
Chronologie einer Suche
14. März: Um 14.50 Uhr wird Dano laut Polizei das letzte Mal im Bereich der Berliner Straße gesehen. Er war auf einem Spielplatz in der Nähe des Elternhauses. Vermisst gemeldet wird der Junge um 17.30 Uhr.14./15./16. März: Die Polizei leitet eine der größten Suchaktionen in der Geschichte Herfords ein. Hundertschaften durchkämmen Grünanlagen, Hinterhöfe und Gebäude.
Auch entlang der Werre wird gesucht. Taucher sind im Einsatz. Die Einsatzkräfte starten auch auf dem Gelände des Kanuclubs, 300 Meter vom späteren Fundort entfernt.
17./18. März: Die Wohnanlage an der Berliner Straße, in der Danos Familie lebt, sowie eine Kleingartenanlage werden abgesucht.
Angehörige und unzählige Freiwillige verteilen Tausende Flugblätter. Private Suchtrupps sind unterwegs – zum Leidwesen der Polizei, die befürchtet, dass Spuren vernichtet werden könnten.
19. März: Mehr als 600 Menschen besuchen einen Gottesdienst für Dano in der Herforder Münsterkirche.
20. März: Das Sielwehr in Bad Oeynhausen wird abgesenkt und kontrolliert. Man findet nichts. Damit ist die Werre zwischen Herford und Bad Oeynhausen komplett abgesucht.
23. März: Aus dem Vermisstenfall wird faktisch ein Kriminalfall. Die Polizei hat zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Personen befragt, gegen keinen lag etwas vor.
Auf Facebook tauchen Foto und Namen eines angeblichen Verdächtigen auf. Sie werden gelöscht. Die Polizei warnt eindringlich vor falschen Verdächtigungen in sozialen Netzwerken.
25. März: Die Polizei veröffentlicht ein neues Foto von dem Jungen.
26. März: Die Ermittler bitten die Bevölkerung um Fotos und Videos, die am Tag von Danos Verschwindens in der Herforder Innenstadt gemacht wurden – ein deutschlandweit einmaliger Weg der Polizei.
1. April: Die Polizei hat rund 300 Hinweise aus der Bevölkerung erhalten.
3. April, gegen 12 Uhr: Polizeibeamte entdecken die Leiches des Kindes. ⋌(jwl/jm)