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Verlegung des Häftlings Uli Hoeneß in eine Privatklinik in NRW kritisiert

"Eine einmalige Vorzugsbehandlung"

Hubertus Gärtner

Düsseldorf/München. Wird dem ehemaligen Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß (62) nach seinem Haftantritt eine Vorzugsbehandlung zuteil? Das fragen sich viele Bürger in Deutschland.

Vor allem ein Bericht der Bild-Zeitung, wonach Hoeneß nun angeblich wegen eines routinemäßigen Eingriffs am Herzen von der Justizvollzugsanstalt in Landsberg am Lech unter strengster Geheimhaltung in eine teure Privatklinik am Starnberger See verlegt worden sein soll, gibt den Spekulationen neue Nahrung.

Privilegierte Behandlung

"Einen solchen Prominentenbonus hat es noch nie gegeben. Diese Vorzugsbehandlung ist einmalig in der deutschen Justiz", mit diesen Worten lässt sich der Buchautor Christian Lukas-Altenburg, ein ausgewiesener Strafvollzugsexperte, in der Zeitung Die Welt zitieren. "Von einem Häftling, der so privilegiert behandelt wurde wie Herr Hoeneß, habe ich noch nie gehört", behauptet Lukas-Altenburg.

Das bayerische Justizministerium könnte Licht ins Dunkel bringen. Es soll den mysteriösen Krankentransport offiziell genehmigt haben. Trotzdem werden in der Münchner Landesbehörde alle Fragen zum Fall Hoeneß vorgeblich zum Schutz der Persönlichkeitsrechte kategorisch abgeblockt. "Dazu sagen wir nichts", antwortet eine Sprecherin auf Anfrage.

Dabei sind viele Fragen offen. Angeblich soll der notwendige Eingriff bei Uli Hoeneß nicht besonders dramatisch und auch schon länger geplant gewesen sein. Warum fällt der Termin dann ausgerechnet in seine Haftzeit? Warum wird er nicht in einer Krankenstation der Justiz oder aber in einem öffentlichen Hospital durchgeführt.

Versorgung im Justizvollzugskrankenhaus

Auch im nordrhein-westfälischen Justizvollzug ist man über die Vorgänge in Bayern irritiert. Niemand kann sich hier daran erinnern, dass ein Gefangener jemals zur Behandlung in eine Privatklinik verlegt wurde. Selbst die prominenten Gefangenen aus dem Schieder- und dem Balsam-Verfahren haben niemals versucht, während der Haft für sich ein solches Privileg herauszuschlagen.

Wenn bei einem Häftling in NRW eine stationäre medizinische Versorgung notwendig ist, dann wird zunächst geprüft, ob diese im zentralen Justizvollzugskrankenhaus in Fröndenberg durchgeführt werden kann. Hier gibt es 248 Behandlungsplätze, etwa 70 Prozent sind davon derzeit belegt.

Die moderne Einrichtung verfügt über vier Abteilungen, auch eine intensivmedizinische Betreuung ist gesichert. Falls eine Behandlung ausnahmsweise nicht in Fröndenberg durchgeführt werden kann, werden die Häftlinge in öffentliche Krankenhäuser verlegt. Dazu treffen die Anstaltsleitungen zusammen mit den Gefängnisärzten eine Entscheidung.

Zweiklassenmedizin im Knast

"Nach dem Strafvollzugsgesetz gibt es im Rahmen der freien Heilfürsorge keine freie Arztwahl", sagt ein Sprecher des NRW-Justizministeriums. "Deshalb werden in NRW alle Gefangenen entweder im Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg oder in öffentlichen Kliniken behandelt."

Um die Kosten zu minimieren, werden Gefangene in NRW aus öffentlichen Kliniken in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt, sobald sie transportfähig sind und das aus medizinischen Gründen verantwortet werden kann.

Vollzugsexperten in NRW fragen sich, auf welcher Rechtsgrundlage in Bayern die Verlegung von Uli Hoeneß in eine Privatklinik erfolgte. Sein etwaiges Versprechen, er werde alle Kosten selbst übernehmen, dürfte kaum ein ausreichendes Argument gewesen sein. Dann würde man von Seiten des bayerischen Staates eine Zweiklassenmedizin sogar im Knast implementieren.

Manchmal ist in Bayern aber kein Ding unmöglich. Im Fall Hoeneß "wundert mich gar nichts mehr", sagt Christian Lukas-Altenburg.

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