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Jäger machen mobil

Grüne Zunft in NRW will ökologisches Jagdgesetz zu Fall bringen / Großveranstaltung in Bielefeld

Hubertus Gärtner

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Jagd in Sachsen (© dpa)

Bielefeld. Es gibt in Nordrhein-Westfalen derzeit wohl kaum ein Thema, das derart emotional, kontrovers und erbittert diskutiert wird wie das neue ökologische Jagdgesetz. Seit die Landesregierung im September einen Entwurf vorgelegt hat, schlagen die Wogen immer höher.

Die Jäger stoßen kräftig ins Horn und machen mobil. In den vergangenen Wochen ist ihre Zunft auf vier Regionalversammlungen in Köln, Münster, Wesel und Werl zusammengekommen. Am nächsten Dienstag soll die fünfte und letzte in Bielefeld stattfinden.
Weil der erwartete Andrang zum Jagdverbandstreffen so groß ist, wurde die Veranstaltung aus der ursprünglich dafür vorgesehenen Oetkerhalle schon in die Bielefelder Stadthalle verlegt. "Wir rechnen mit mindestens 3.000 Teilnehmern", sagte Andreas Schneider, Sprecher des Landesjagdverbands NRW (insgesamt 65.000 Mitglieder), auf Anfrage der Neuen Westfälischen. Die bisherige Resonanz auf den Regionalversammlungen sei "überwältigend gewesen", und man hoffe, im weiteren Verfahren noch "maßgebliche Änderungen am Gesetzentwurf zu erreichen", so Schneider.

Worum geht es? Im Koalitionsvertrag hatten SPD und Grüne vereinbart, dem Beispiel anderer Bundesländer wie Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland zu folgen und auch in NRW das Jagdrecht zukünftig "nach ökologischen und Tierschutzkriterien auszurichten und den Wald vor zu hohen Wildbeständen zu schützen". In Arbeitskreisen und zahlreichen Dialogprozessen wurde lange versucht, einen Kompromiss zu finden.

Der vorgelegte Gesetzentwurf enthält nun zahlreiche neue Regelungen und Vorschriften. Am bekanntesten wurde wohl jene, dass die Jäger in Zukunft keine Hauskatzen - und Hunde nur noch in Ausnahmefällen - abschießen dürfen, wenn diese herrenlos in der freien Natur herumlaufen. Auch das Aufstellen von Totschlagsfallen wird untersagt. Die sogenannte Baujagd (auf Füchse und Dachse) sowie die Ausbildung von Hunden an zuvor flugunfähig gemachten lebenden Enten wird ebenso verboten. Reduziert wird auch die Liste der jagdbaren Arten. Luchse, Wildkatzen und Greifvögel werden beispielsweise von der Liste gestrichen. Die Möglichkeiten zur Kirrung (Anlocken von Wild durch Fütterung) werden reduziert. Auch sollen die Jäger in Zukunft nicht mehr mit bleihaltiger Munition schießen. Einzig und allein die Jagd auf Rehe soll erleichtert werden, weil diese junge Bäumchen fressen. Kommunen soll erlaubt werden, die Jagdsteuer wieder einzuführen.

Innerhalb der Jagdlobby, aber auch bei zahlreichen Landwirten ist die Empörung gewaltig: Der Gesetzentwurf "ist grüner Parteilobbyismus pur und hat mit seriöser Beteiligung der Hauptbetroffenen nichts zu tun", sagt der Präsident des Landesjagdverbands NRW (LJV), Ralph Müller-Schallenberg. Sein Verband hat in den letzten Wochen eine große Kampagne ins Leben gerufen, um den Gesetzentwurf zu Fall zu bringen. Punkt für Punkt versuchen die Jäger, die geplanten neuen Vorschriften als völlig überflüssig und sogar kontraproduktiv für den Wildtier- und Artenschutz darzustellen. Dabei möchten sie offensichtlich auch einen Keil in die rot-grüne Koalition treiben. "Bei der SPD ist zu hören, dass sie vom Gesetzentwurf nichts hält", ließ beispielsweise Constantin Freiherr Heereman, langjähriger Präsident der Jagd- und Bauernverbände, verlauten. Maßgebliche SPD-Landtagsabgeordnete wie beispielsweise Marc Herter (Hamm) widersprechen allerdings dieser Aussage. "Der Gesetzentwurf wird von SPD und Grünen weiter getragen", sagte Herter der Neuen Westfälischen. Es könne allenfalls Änderungen im Detail geben.

Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ließ die Jäger abblitzen. Am 4. November teilte sie dem LJV mit, dass sie die vom Verband gewünschten Gespräche derzeit "nicht führen" wolle. Die Anhörung der Verbände wurde am 15. Oktober abgeschlossen. Unmittelbar vor der Veranstaltung des LJV kommenden Dienstag (Beginn 19 Uhr) in Bielefeld wird in Düsseldorf das Kabinett tagen und den Gesetzentwurf beraten. Danach geht er ins Parlament.

Aus Sicht der Umweltverbände haben die Jäger "das Rad schon jetzt völlig überdreht", sagt Josef Tumbrinck, Vorsitzender des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) in NRW. "Auch der NABU bekennt sich zur nachhaltigen Jagd", sagte Tumbrinck. Die Gesetzesnovelle sei ein Kompromiss beim Tier- und Naturschutz. Mit ihrer unnachgiebigen Haltung würden die Jäger nun stark Gefahr laufen, sich "ins gesellschaftliche Abseits zu manövrieren". Ihr lauter Aufschrei sei nicht gerechtfertigt.

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