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Staat lockt Ärzte mit Prämien aufs Land

Bundesregierung will laut neuem Gesetz 300 Millionen Euro pro Jahr investieren

Hubertus Gärtner

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Ein Hinweisschild auf die Arztpraxis eines Allgemeinmediziners. - © DPA
Ein Hinweisschild auf die Arztpraxis eines Allgemeinmediziners. (© DPA)

Berlin/Bielefeld. Mit einem umfangreichen Gesetzesvorhaben will die Bundesregierung die ärztliche Versorgung in Deutschland reformieren. Ein wesentliches Ziel dabei ist, eine gleichmäßige Verteilung von Medizinern zu erreichen. Vor allem in ländlichen Regionen, zu denen auch ein großer Teil von Ostwestfalen-Lippe gehört, droht in den kommenden Jahren ein Ärztenotstand.

Das "Versorgungsstärkungsgesetz", das nun in erster Lesung im Bundestag behandelt wurde, sieht mehr finanzielle Anreize für Ärzte vor, die sich in strukturschwachen Regionen niederlassen. In Gebieten, in denen eine Überversorgung mit Ärzten herrscht, sollen die Praxen mit einer neuen Besetzung hingegen nur dann fortgeführt werden, wenn sich dafür ganz besondere Argumente finden lassen. Das Gesetz will die Kassenärztlichen Vereinigungen zudem verpflichten, sogenannte Terminservicestellen zu schaffen, damit Versicherte, die eine Überweisung zum Facharzt haben, binnen vier Wochen auch wirklich einen Termin erhalten. Falls das nicht möglich ist, soll der Patient das Recht haben, ein Krankenhaus aufzusuchen. Krankenversicherte sollen künftig auch das Recht haben, vor medizinischen Eingriffen eine zweite ärztliche Meinung einzuholen. Zur Förderung der ärztlichen Versorgung will die Bundesregierung von 2016 bis 2019 einen speziellen Fonds einrichten, der jährlich mit 300 Millionen Euro bestückt wird.

Das Versorgungsstärkungsgesetz enthalte zwar "einige positive Ansätze", es habe aber auch "die Tendenz zur Überregulierung und Bürokratisierung", kritisiert Theo Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. "Das Gesetz ist ein Beispiel für eine staatlich gelenkte, zentralistische Medizin", sagte Windhorst dieser Zeitung. Es sei "kein Wunder", wenn sich sowohl die Ärzte als auch die Patienten damit "unwohl fühlen" würden. Laut Windhorst werden Krankenhäuser "angesichts von Arbeitsverdichtung, Personalknappheit und fehlenden Kapazitäten kaum in der Lage sein, zusätzliche Patienten ambulant zu behandeln", die bei den niedergelassenen Fachärzten nicht schnell genug einen Termin bekommen. Der regelhafte Anspruch auf Einholung einer Zweitmeinung schüre das Misstrauen.

Kritik von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe
Kritik kommt auch von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Der Gesetzentwurf sei "ein Angriff auf die ärztliche Freiberuflichkeit und die funktionierenden Strukturen der ärztlichen Selbstverwaltung", sagt KVWL-Sprecherin Mona Dominas. Nach ihren Angaben sind sowohl die hausärztliche Versorgung wie auch die fachärztliche Versorgung in OWL derzeit noch als stabil zu bezeichnen.

"Problematisch wird es hingegen mit einem Blick auf die Altersstruktur", sagt Dominas. So sind in den 30 sogenannten Mittelbereichen, in die OWL bei der Bedarfsplanung vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eingeteilt wurde, sowohl die Hausärzte als auch die Fachärzte häufig schon im Rentenalter. Von den 20 beziehungsweise 22 Hausärzten in den Mittelbereichen Blomberg und Porta Westfalica ist jeder fünfte bereits über 70. Hausärzte unter 40 Jahren muss man in OWL dagegen mit der Lupe suchen.

Information: Versorgungsgrad
Bei der Berechnung der ärztlichen Versorgung ist OWL in 30 sogenannte Mittelbereiche aufgeteilt.

Ein 100-prozentiger Versorgungsgrad gilt bei einem Hausarzt pro 1.671 Einwohner als erreicht.

Den statistisch schlechtesten Versorgungsgrad (74 Prozent) hat derzeit Löhne, den besten (145,7 Prozent) Horn-Bad Meinberg.

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