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Teure Meerschweinchen-OP: Besitzer fordern Schadenersatz nach angeblichem Arztfehler

Besitzer fordern Schadenersatz nach angeblichem Arztfehler / Tier verendet

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Hannover (dpa). Ein Ehepaar wirft seiner Tierärztin vor, zwei Meerschweinchen fehlerhaft kastriert zu haben. Die Veterinärin weist die Vorwürfe zurück und will keinen Schadenersatz zahlen. Das Amtsgericht Hannover hat nun über den Fall zu entscheiden.
Für das Ehepaar, das gegen seine Tierärztin klagt, waren Jack und Socke mehr als Meerschweinchen. "Für uns ist ein Tier ein Familienmitglied, nicht nur ein Sachgut", betont der 34-jährige Ehemann auf dem Flur des Amtsgerichts Hannover kurz vor dem Auftakt des Zivilverfahrens. Seine Frau nickt und lächelt verlegen. 877,73 Euro Schadenersatz verlangen die beiden von ihrer Tierärztin, weil sich bei Jack und Socke nach der Kastration am 2. Mai 2013 Abszesse an den Hoden bildeten. Socke starb, Jack überlebte, musste aber eine Woche lang in der Tierärztlichen Hochschule Hannover behandelt werden.
In der knapp zweistündigen Verhandlung wird zunächst die Verhältnismäßigkeit der Schadenersatzforderung geklärt. Schließlich kostete das neue Partnertier für Jack nur 24 Euro. Richterin Catharina Schwind hält eine Summe von 570 Euro für angemessen, doch die Tierärztin lehnt eine Einigung ab. "Sie empfindet es als ehrenrührig, dass ihr hier ein Behandlungsfehler unterstellt wird", sagt ihr Anwalt. Aus Sicht der Veterinärin sind die Besitzer selbst verantwortlich für Sockes Tod. Sie hätten Hinweise zur Hygiene und Wundversorgung missachtet.
Als die Besitzer elf Tage nach der Kastration mit ihren Lieblingen die Praxis zum Fäden ziehen betraten, habe die Tierärztin nach eigenen Angaben die Meerschweinchen in einem schlechten Zustand erlebt. "Die Tiere waren beide hochgradig verwahrlost. Es war alles verklebt." Ungläubige Blicke und Kopfschütteln auf der Gegenseite, die zuvor alle Hygienemaßnahmen aufgezählt hatte. Eine Auszubildende der Praxis, die als Zeugin gehört wurde, bestätigte die Version ihrer Arbeitgeberin.
Die Tierärztin mußte die beiden Nager erneut operieren, um die eitrigen Wucherungen zu entfernen. Danach blieben die Tiere neun Tage in ihrer Obhut und wurden rund um die Uhr versorgt, wie die Ärztin beteuert. Vom Wärmebett und Drainagen für den Wundfluss ist die Rede.
Die Kläger sind jedoch überzeugt, dass in dieser Zeit etwas grundlegend schiefgelaufen sein muss. Am 24. Mai habe die Tierärztin angerufen und gesagt, sie habe die Lage nicht mehr unter Kontrolle, schildert der 34-Jährige. Auf dem Weg von der Praxis in die Notaufnahme der Tierärztlichen Hochschule Hannover hätten beide Meerschweinchen "fürchterlich gestunken". Später habe die Ärztin die Patientenakten nicht herausgeben wollen. Die Richterin ließ am Ende der Verhandlung offen, ob sie noch ein tierärztliches Gutachten einholen wird. Die Entscheidung soll am 24. März verkündet werden.
Nach der Verhandlung sagt die Tierärztin, sie operiere seit 30 Jahren Meerschweinchen. Noch nie habe jemand versucht, ihr "etwas anzuhängen". Laut Tierärztekammer Niedersachsen gibt es in ähnlichen Fällen hin und wieder Klagen. Eine zunehmende Klagebereitschaft von Tierbesitzern sei aber nicht festzustellen, so die stellvertretende Geschäftsführerin.

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