Immer mehr Schüler schwänzen vor dem Ferienstart

Bielefeld. Heute ist der letzte Schultag in Nordrhein-Westfalen vor dem Beginn der Osterferien. Doch wer zum Beispiel in den Zügen der Deutschen Bahn genau hinschaut, sieht bereits seit Tagen Menschen mit großen Koffern, die offenbar zu früh mit ihren schulpflichtigen Kindern in den Urlaub fahren. Ein Phänomen, das für die Schulen ein großes Ärgernis ist und in zunehmendem Maße mit Bußgeldern von bis zu 1.000 Euro geahndet wird.

&bdquo;Die Schulpflicht gilt bis zum letzten Tag vor und ab dem ersten Tag nach den Schulferien", betont Christine Tellbüscher-Beckfeld, schulrechtliche Dezernentin bei der Bezirksregierung Detmold, im Gespräch mit dieser Zeitung. Im hiesigen Regierungsbezirk seien im Vorjahr 55 Bußgeldbescheide wegen einer solchen Schulpflichtverletzung verhängt worden. Ein Jahr zuvor waren es nur zehn Fälle. &bdquo;Daran sieht man, dass das wieder häufiger vorkommt", so Tellbüscher-Beckfeld.

Steigende Zahlen von Bußgeldern gibt es auch bei der Bezirksregierung Düsseldorf. Sie zählte im Vorjahr 334 Fälle, 2015 waren es 284. Der Regierungsbezirk zählte 406 Fälle für 2016, ein Jahr davor waren es 268. Die Bezirksregierung Münster versandte im Vorjahr 84 Bußgeldbescheide, ein Jahr zuvor waren es noch 52. In der Bezirksregierung Köln gibt es Schätzungen: 325 bis 390 Bescheide im Vorjahr, 275 bis 330 im Jahr 2015.

Nach Angaben des Schulministeriums kann ein unentschuldigtes Fehlen im Unterricht auch im Zeugnis des betreffenden Schülers oder der Schülerin auftauchen. Von Frühstarts in die Ferien hält Margret Rössler, Vorstandsmitglied der Schulleitungsvereinigung NRW, nicht viel. &bdquo;Die Schule löst sich auf, wenn man das generös handhabt", sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. Es gebe zwar Möglichkeiten, einen Schüler frühzeitig zu beurlauben. &bdquo;Das ist aber eine Einzelfallentscheidung der Schule." Diese müsse transparent, vergleichbar und nachvollziehbar sein.

&bdquo;Es gibt hier keine Gruppenlösungen", betont Rössler. Sie berichtet etwa von Ausnahmefällen für einen Schüler mit Migrationshintergrund, der zu bestimmten Daten mit seiner Familie keine Chance habe, in sein Heimatland zu kommen.

&bdquo;Schuleschwänzen ist kein Kavaliersdelikt", sagt Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), auf Anfrage. Wenn Eltern zu einem solchen Verhalten aufriefen, seien sie zudem ein schlechtes Vorbild für ihre Kinder, &bdquo;weil man ihnen suggeriert, dass man sich nicht an Regeln halten muss", unterstreicht der Paderborner.

Kommentar: "Eine Frage der Disziplin" von Matthias Bungeroth Der Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern ist zu großen Teilen eine Sache der Disziplin. Sich auf einen Lernstoff konzentrieren und daran in Ruhe arbeiten zu können, ist zentral wichtig dafür, damit sich Mädchen und Jungen am Ende eines Schuljahres über gute Noten in Deutsch, Mathematik oder anderen Fächern freuen können. Aber auch die Einhaltung der in Deutschland geltenden Schulpflicht gehört dazu.

So ist es für die meisten Schulen ein zunehmendes Ärgernis, wenn Eltern versuchen, ihre Kinder vorzeitig aus dem Unterricht zu nehmen, um ein oder zwei Tage eher auf die Urlaubsreise gehen zu können. Zumeist ist der Hauptgrund hierfür, dass man als Frühstarter in die Ferien die Reise in den Süden zu weit günstigeren Preisen buchen kann als andere, die zum legalen Zeitpunkt in die schönsten Wochen des Jahres starten. Oder man vermeidet dadurch den Stau auf überfüllten Autobahnen.

In jedem Fall, da hat der Verband Bildung und Erziehung völlig recht, ist es verheerend, wenn Eltern ihren Kindern durch den Frühstart in die Ferien indirekt den Eindruck vermitteln, als sei es persönliche Interpretationssache, ob man sich an Regeln wie die Schulpflicht halten will oder nicht. Denn so funktioniert auch das Arbeitsleben nicht, auf das die Schule junge Menschen vorbereitet.

Allerdings hat auch Schule die Pflicht, an den letzten Schultagen vor den Ferien noch ernsthaften Unterricht anzubieten und kein Programm zum besseren Zeitvertreib. Dann macht der Start in die Ferien umso mehr Spaß.

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €

Weiterlesen mit LZplus