Bielefeld. Die kleine Lexie hat Zahnprobleme. Die Milchzähne des fünf Monate alten Collies sind nicht richtig ausgefallen. Zudem ist auch ihr Unterkiefer um wenige Millimeter verkürzt.
Jetzt reibt ein unterer Fangzahn gegen den Oberen und bohrt sich zudem langsam in den Gaumen des jungen Hundes. Das kann mit der Zeit zu erheblichen Problemen führen. In dem Loch, das der Zahn ins Fleisch bohrt, können sich Essensreste sammeln und die Wunde kann sich entzünden. Um das zu verhindern, bekommt Lexie eine Zahnspange.
Eine solche Behandlung ist keine Seltenheit bei Hunden, weiß Klaus Flaig, Tierarzt und Mitglied der Klinikleitung in der Anicura-Tierklinik in Bielefeld. Er führt bereits seit mehreren Jahren häufiger solche Behandlungen durch. Das Einsetzen und Entfernen der Zahnspange wird unter Vollnarkose gemacht. „Das ist notwendig", sagt Flaig.
Je nach Problem gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. In Lexies Fall werden auf zwei Zähne Brackets geklebt – wie sie auch in der menschlichen Zahnmedizin vorkommen –, die dann mit einem Gummiband verbunden werden.
Für den Zahn muss genug Platz geschaffen werden
Dazu wird an den entsprechenden Stellen zunächst der Zahnschmelz angeraut, darauf kommt ein sogenannter Haftmittler und darauf werden die Brackets geklebt. Außerdem wird noch ein Stückchen von der Schleimhaut entfernt. So wird Platz für den unteren Zahn geschaffen.
Laut Klaus Flaig eine eher unspektakuläre Behandlung. Dennoch: „Jeder Schritt ist wohl bedacht", sagt der Tiermediziner und ergänzt, dass die Materialkunde das A und O ist. Und auch etwas handwerkliches Geschick gehört dazu, um die kleinen Brackets auf den Zähnen zu befestigen.
Aufwendiger wird es, wenn beispielsweise eine Dehnschraube eingesetzt werden müsse, die die Zähne auseinander drückt. Da können auf den Besitzer schon einmal Kosten bis zu 2.000 Euro zukommen, sagt Flaig. Allerdings seien darin schon mögliche Komplikationen mit berechnet, zum Beispiel wenn sich das Tier die Schraube ausschlägt. Die müsse dann wieder unter Vollnarkose eingesetzt werden. Wenn alles gut läuft, koste eine Zahnspangenbehandlung zwischen 350 bis 1.200 Euro.

„Wichtig ist es, Schäden, die später zu Problemen führen könnten, innerhalb der ersten elf Monate zu beheben", sagt der Tierarzt. Danach sei der Kiefer ausgewachsen und lasse sich nicht mehr dehnen. Besonders beim Zahnwechsel komme es häufiger einmal zu Komplikationen.
Neue Zähne brechen bereits durch, obwohl die alten Zähne noch da sind und haben dann keinen Platz. Wenn das der Fall ist, sollten Besitzer schnell handeln. „Die Zeit rast. Von Woche zu Woche ändert sich in dieser Zeit etwas", erklärt Flaig. Aus diesem Grund halte er die Kontrollabstände bei seinen Patienten auch sehr kurz. Ziel sei es, die bleibenden Zähne zu erhalten. Zur Zucht seien die Tiere allerdings nicht mehr geeignet. Zahnprobleme, oder auch die Kieferverkürzung im Fall von Lexie, würden vererbt.
Der Druck, der auf die Zähne ausgeübt wird, kann wehtun
Die Behandlung könne den Tieren laut dem Tiermediziner auch wehtun. Ebenso wie Menschen würden auch sie den Druck, der auf ihre Zähne ausgeübt wird, spüren. Eine ständige Weiterentwicklung gebe es bei den Materialien. Vieles, was in der Humanmedizin angewandt wird, komme auch bei den Hunden zum Einsatz.
Das Kleben der Brackets und das Einsetzen des Gummibandes geht schnell, und nach kurzer Zeit kann Lexie den OP verlassen. Jetzt bekommt sie eine Halskrause, damit sie sich das Gummi nicht mit ihren Pfoten ausreißen kann. Ihr normales Fressen kann sie weiter bekommen, nur nichts, womit sie sich die Brackets ausbeißen kann. Nach zehn Tagen wird Lexie wahrscheinlich alles überstanden haben, und die Zahnspange kann wieder entfernt werden.
Die Tierärztliche Klinik für Kleintiere in Bielefeld gehört zu Anicura, einer schwedischen Unternehmensgruppe, die auf die tierärztliche Versorgung von Haustieren spezialisiert ist. Dennoch können alle Tierarztpraxen und Kliniken ihre Preise selbst im Rahmen der Gebührenordnung festlegen. Die Notaufnahme der Tierklinik hat 24 Stunden geöffnet. Haustierbesitzer können auch die reguläre Sprechstunde nutzen.