Wie Künstliche Intelligenz Patienten helfen kann

Bielefeld. Die Digitalisierung hat längst Einzug in den Bereich der Medizin erhalten - man denke beispielsweise an die Telemedizin. Darüber hinaus nimmt aber auch Künstliche Intelligenz (KI) eine immer wichtigere Rolle in der Medizinforschung ein. Systeme, die in der Lage sind, anhand von Datenbeispielen selbst zu lernen und Muster zu erkennen, können beispielsweise eingesetzt werden, um medizinische Bildaufnahmen auszuwerten. Auch bei Operationen kommen bereits intelligente Werkzeuge zum Einsatz, die den Ärzten assistieren und so präzisere Eingriffe ermöglichen.

Zwei Beispiele aus Ostwestfalen-Lippe Auch in Ostwestfalen-Lippe wird zu Einsatzmöglichkeiten von KI in der Medizin geforscht. Beispiel Parkinson: Typisch für die Krankheit sind Bewegungsstörungen wie Zittern, Steifheit der Muskeln oder auch verlangsamte Bewegungen. Bislang können die Symptome zwar behandelt, die Krankheit aber nicht geheilt werden. Meist sei es für Betroffene ein langer Weg, bis die Diagnose gestellt werde, weiß Prof. Christoph Redecker, Chefarzt der Neurologie am Klinikum Lippe.

Erste Veränderungen im Körper würden recht früh auftreten. Die Krankheit schreite aber nur langsam voran. Könnte die Erkrankung früher erkannt werden, würde das große Chancen mit sich bringen, ist der Neurologe überzeugt. In Forschung und Wirtschaft wird bereits vielerorts daran gearbeitet, Krankheiten wie Parkinson, zum Beispiel mit Hilfe von Bewegungssensoren und Sprachanalyse, früher erkennen zu können.

Eine App für Parkinson-Patienten Die Technische Hochschule OWL arbeitet im Zusammenspiel mit dem Klinikum Lippe an einer Lösung, die Parkinson-Patienten das Leben erleichtern soll. Eine App auf dem Smartphone, das ein Betroffener bei sich trägt, soll ihn davor warnen, wenn sich ein Einfrieren seiner Bewegung, das sogenannte Freezing, andeutet. So könnten zum Beispiel Stürze verhindert werden. "Es gibt Hinweise, anhand derer man das Einfrieren bereits vorher erkennen kann", sagt Volker Lohweg, Leiter des Instituts für industrielle Informationstechnik.

Um dem Patienten nützliche Hinweise geben zu können, soll die App Bewegungsmuster erkennen und analysieren können. Notwendig ist dafür ein Algorithmus, der bestimmte Störungen im Bewegungsablauf erkennt. Bis der Algorithmus, der hinter der App steckt, soweit ist, alle Hinweise zuverlässig zu erkennen, muss er mit großen Mengen an Daten "gefüttert" werden, aus denen er Schlüsse ziehen kann.

In einem ersten Schritt der Entwicklung seien bereits Datensätze von gesunden sowie erkrankten Menschen genutzt worden, sagt Lohweg. Diese seien anonymisiert gewesen. Die Bewegungsdaten der Probanden wurden durch Beschleunigungs- und Lagesensoren im Smartphone erfasst, das die Person in der Hosen- oder der Jackentasche bei sich getragen hat. In einem zweiten Schritt will das Institut nun auch mit Patienten des Klinikums Lippe zusammenarbeiten, um anhand genauerer Patientendaten absolut zuverlässige Schlüsse ziehen zu können. Notwendig ist dafür jedoch noch die Zustimmung der zuständigen Ethikkommission.

Intuitive Steuerung von Handprothesen Barbara Hammer, Professorin für Maschinelles Lernen am Exzellenzcluster " Citec " der Universität Bielefeld, befasst sich mit einem ganz anderen Feld der Künstlichen Intelligenz: Mit ihrem Team hat sie einen Algorithmus entwickelt, der Patienten die Steuerung von Handprothesen erleichtern soll. Mithilfe von Elektroden, die sich an der Prothese befinden, soll der Patient diese intuitiv steuern können.

Dafür nutzt der Patient seine Muskulatur im Arm ganz einfach so, als wolle er beispielsweise seine Hand öffnen. Ziel ist, dass die Elektroden in der Prothese die Impulse der Muskulatur erkennen und dann die gewünschte Bewegung ausführen. Gestaltet werde die Technik so, dass insgesamt fünf Bewegungen möglich sind, wie Barbara Hammer erklärt: Das Öffnen der Hand, das Schließen, eine Drehung nach rechts oder nach links und das Kippen der Hand.

Eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung der Technik sei, sie so zu gestalten, dass die Prothese immer präzise reagiere, sagt Hammer. Auch dann, wenn die Person zum Beispiel schwitzt oder die Prothese am Arm minimal verrutscht und die Elektroden so an einer anderen Stelle sitzen.

"Intelligente Systeme sind nicht mehr wegzudenken" Barbara Hammer entwickelt Algorithmen, die in ganz unterschiedlichen Bereichen zum Einsatz kommen können. Auch mit einem Algorithmus zur Erkennung eines bestimmten Karzinoms hat sie sich bereits befasst. Sie ist davon überzeugt, dass im Bereich der Medizin in Zukunft nicht mehr auf Künstliche Intelligenz verzichtet werden kann. KI werde künftig in allen medizinischen Bereichen eine Rolle spielen, meint sie.

Auch für Volker Lohweg sind intelligente Systeme aus der Medizinforschung nicht mehr wegzudenken. "Ich halte den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Medizin für extrem wichtig", sagt er. An der Technischen Hochschule OWL werde der Forschungsschwerpunkt derzeit massiv ausgebaut.

Auch im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist man davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz in der Medizin eine entscheidende Hilfe für Ärzte und medizinisches Personal darstellen kann. Beispielsweise bei der Erkennung von schwarzem Hautkrebs anhand der Auswertung von Bildaufnahmen seien bereits gute Ergebnisse erzielt worden, heißt es vom Ministerium.

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