Dramatische Inobhutnahme in Bielefeld: Kinder wehren sich gegen Trennung von Familie

Bielefeld. "Wir hoffen sehr, dass die ganze Familie zusammen Weihnachten feiern kann", sagt Daliborka Djukic Schröder. Am Mittwoch errang die Rechtsanwältin für ihre Mandanten einen großen Erfolg vor dem Familiengericht, als die Richterin ihrem Antrag folgte und eine vom Jugendamt verordnete Inobhutnahme von fünf Kindern mit sofortiger Wirkung aufhob.

Zu der drastischen Maßnahme war es gekommen, nachdem Ende September eine der beideren älteren Töchter in der Schule beim Rauchen und Trinken erwischt worden war. Im Verlauf eines Gespräches mit der Schulleitung und einem hinzugezogenen Mitarbeiter des Jugendamts soll die Vierzehnjährige erzählt haben, dass der Vater sie und ihre zwei Jahre ältere Schwester schlagen würde.

Die schwere Anschuldigung wertete der Vertreter der verantwortlichen Behörde als potenzielle Kindeswohlgefährdung und verfügte die in solchen Fällen radikalste Maßnahme: eine unmittelbare Inobhutnahme der betroffenen Kinder. Die beiden schulpflichtigen Mädchen kamen sofort in eine für solche Fälle vorgesehene Notunterkunft. Danach fuhr die Behörde bei der Familie vor und nahm auch noch die drei kleinen Geschwister im Alter von fünf, vier und zwei Jahren mit.

Eltern wurden nicht informiert Das sei alles geschehen, ohne die Eltern über die bestehenden Vorwürfe zu informieren, kritisiert Djukic-Schröder das damalige Vorgehen der Behörde. Den offiziellen schriftlichen Beschluss hätten die Eltern erst einen Tag später erhalten - als die Zwangstrennung der Familie auf der Polizeiwache Ost eskalierte.

Denn die Mädchen waren am nächsten Morgen aus der Unterkunft getürmt und zu den Eltern zurückgekehrt. Die gingen daraufhin mit den beiden Kindern sowie einem älteren Bruder zur Polizei und wollten Anzeige erstatten wegen Kindesentführung. Als sich die Beamten beim Jugendamt meldeten, um den Sachverhalt zu prüfen, erhielten sie im Gegenzug ein Amtshilfeersuchen mit der Ansage, die Mädchen abermals in Obhut zu nehmen.

Herausgabe der Kinder

Weil sich die Kinder der Trennung jedoch widersetzen, kam es zum Tumult. Djukic-Schröder schilderte in ihrem Antrag dem Gericht die dramatischen Szenen auf der Polizeiwache, dass die schreienden Kinder gegen ihren Willen von den Beamten fixiert werden mussten, weil sie bei den Eltern bleiben wollten. Vater und Sohn, die sich ebenfalls gewehrt haben sollen gegen die Trennung, erlitten in dem Handgemenge etliche Prellungen. Das dokumentierten anschließend die Mediziner in der Notaufnahme einer Bielefelder Klinik.

Die zwischenzeitliche Beichte der Tochter, dass die Beschuldigungen gegen Vater und Stiefmutter nicht stimmen würden, schien dagegen ohne Belang. Dabei hatte das Mädchen laut der Anwältin der Familie bereits vor einem halben Jahr eine ähnliche Geschichte erzählt - und gleich wieder revidiert. Denkbar sei, dass damals der Einfluss der leiblichen Mutter zu den Aussagen geführt haben könnte, so Djukic-Schröder.

Unmittelbar nach dem Drama hatte die Juristin Widerspruch gegen den Beschluss des Jugendamtes eingelegt, und noch kurz vor dem vom Gericht anberaumten Termin einen Antrag gestellt auf Herausgabe der Kinder. Die Richterin entschied zugunsten des Antrags, und so durfte die jüngere Tochter gleich am Nachmittag mit ihren Eltern heimgehen. Denn laut Djukic-Schröder sei das Mädchen zuvor abermals aus ihrer Unterkunft getürmt, auf dem Weg nach Bielefeld beim Schwarzfahren erwischt worden und dann gemeinsam mit ihren Eltern vor Gericht erschienen.

Weihnachten in Familie

Dort habe dann die Familienrichterin in Ruhe mit der Zwölfjährigen gesprochen und später ihre Entscheidung getroffen. Die auch besagt, dass die ältere Schwester sofort wieder nach Hause kommen darf.

Bleiben die drei kleinen Geschwister. In Kooperation mit dem Jugendamt sollen in den kommenden Wochen erste Treffen zwischen den wahrscheinlich getrennt voneinander untergebrachten Kindern mit den Eltern arrangiert werden. Eine unmittelbare Rückführung sei wohl zu stressig für die kleinen Gemüter, mussten sie doch erst die radikale Trennung verkraften.

Spätestens bis Weihnachten sollen alle Kinder wieder zu Hause sein, denn der geschmückte Baum samt Geschenken genieße auch in der muslimisch geprägten Familie Tradition.

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