3000 Euro für Mitarbeiter: Das sagen Firmen in Ostwestfalen-Lippe dazu

Bielefeld. Die Unternehmer in Ostwestfalen-Lippe zeigen Verständnis für die wachsenden Probleme vieler Mitarbeiter, die gestiegenen Preise für Lebensmittel, Sprit und Heizen aufzubringen. Die Begeisterung für die sogenannte &bdquo;konzertierte Aktion" der Bundesregierung, die es Firmen ermöglichen soll, den Mitarbeitern Einmalzahlungen von bis zu 3000 Euro lohnsteuerfrei und frei von Abgaben zu überweisen, hält sich trotzdem in Grenzen.

&bdquo;Das Geld muss erst verdient werden", sagt der Bielefelder Gießerei-Unternehmer Reinhard Tweer und verweist damit auf einen simplen Zusammenhang: Firmen, die selbst keine Gewinne schreiben, müssten zusätzliche Zahlungen aus der Substanz aufbringen, was als wenig ratsam gilt. Immerhin, einige Unternehmen zeigen grundsätzliche Bereitschaft, ihren Beschäftigten mit Extrageld zu helfen.

Ein ostwestfälisches Autohaus hat den Mitarbeitern bereits eine zusätzliche Unterstützungszahlung in Höhe von 1000 Euro pro Kopf zugesagt. &bdquo;Die Entscheidung hatten wir bereits getroffen, bevor die Bundesregierung ihre Pläne für die Steuerfreiheit bekannt gemacht hat", sagt der Chef des Unternehmens. Die &bdquo;konzertierte Aktion" komme insofern jetzt sehr gelegen.

Neiddebatte befürchtet Den Namen seines Unternehmens möchte der Geschäftsführer dennoch nicht veröffentlichen lassen, denn er fürchtet eine Neiddebatte – und Unmut bei all jenen Beschäftigten, deren Arbeitgeber sich keine Extra-zahlung leisten können. &bdquo;Es wäre doch schlecht, wenn aus der gut gemeinten Idee etwas Negatives entstehen würde", warnt er.

Der Bertelsmann-Konzern, mit mehr als 10.000 Mitarbeitern allein im Kreis Gütersloh einer der größten Arbeitgeber der Region, sieht &bdquo;steuer- und sozialversicherungsfreie Einmalzahlungen generell – wie schon im Falle der Corona-Prämie – als geeignetes Mittel, um die Beschäftigten (...) zu entlasten".

Noch fehlten aber die genauen Rahmenbedingungen und Vorgaben für solche Zahlungen, &bdquo;so dass noch nicht klar ist, ob und in welchem Umfang sich Bertelsmann-Unternehmen in Deutschland daran beteiligen werden", so Konzern-Pressesprecher Jan Hölkemann.

Überlegungen laufen Ähnlich äußert sich auch Thomas Lauritzen, der Sprecher des Bielefelder Fenster- und Fassadenspezialisten Schüco: Für 2021 sei den Mitarbeitern eine Corona-Sonderprämie gewährt worden. In guten Jahren zahle Schüco ohnehin Gratifikationen an die Mitarbeiter. &bdquo;Aber erst kurz vor Jahresende wissen wir, wohin es geht bei Umsatz und Ertrag", will er sich heute noch nicht festlegen. Zudem müssten erst die Beschlüsse der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen abgewartet werden, bevor man hier eine Entscheidung treffen kann.

Gießerei-Besitzer Reinhard Tweer, ehrenamtlich auch im Unternehmerverband der Metallindustrie aktiv, überlegt ebenfalls noch, in welchem Umfang er Mitarbeitern eine Extrazahlung zukommen lassen kann: &bdquo;3000 Euro werden es nicht sein", dämpft er allzu hohe Erwartungen. Grundsätzlich sei eine steuerfreie freiwillige Zahlung eine passable Möglichkeit, Beschäftigten zu helfen. Auch eine Hilfe in speziellen Notlagen sei denkbar. Solche Einmalzahlungen seien jedoch &bdquo;kein Allheilmittel". Und Firmen mit geringen Renditen würden derzeit wohl Probleme haben, überhaupt zusätzliche Mittel aufzubringen.

Deutliche Bedenken &bdquo;Viele kleine und mittelständische Betriebe sind in der aktuellen Krise an den Grenzen ihrer Belastbarkeit angekommen", gibt Jens Prager zu bedenken, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL. &bdquo;Daher werden viele dieser Betriebe kaum oder gar keinen Spielraum für zusätzliche und freiwillige Zahlungen haben", befürchtet er.

Und er mahnt an, bei der Ausarbeitung der gesetzlichen Grundlage für einen Inflationsbonus auf eine rückwirkende Anwendung der Steuerbefreiung zu verzichten, &bdquo;um die Betriebe vor rückwirkenden und aufwendigen Korrekturen der Gehaltsabrechnungen zu schützen."

&bdquo;Kalt erwischt" Mehrere Firmen äußerten sich spontan zunächst skeptisch: Bei Mitarbeitern würden durch den Vorstoß der Bundesregierung Begehrlichkeiten geweckt, und die Unternehmerschaft werde auf diese Weise unter Druck gesetzt, lautet eine Befürchtung. &bdquo;Viele Unternehmen sind von den Plänen kalt erwischt worden, die Sache ist nicht gut abgestimmt worden", heißt es kritisch aus einem Großunternehmen.

&bdquo;3000 Euro? Solche Beträge können viele Mittelständler nicht für alle Mitarbeiter aufbringen, weil die Margen geschrumpft sind", klagt Thomas Kolbe vom Mittelstandsverband BVMW in NRW. Die drastisch gestiegenen Einkaufspreise etwa könnten nur zu einem Drittel weitergegeben werden – der Rest bleibe bei den Produzenten hängen, zumal auch die Absatzmengen schrumpften. Wichtiger als steuerfreie Einmalzahlungen sei eine Verbesserung der Energieversorgung, um die Energiepreise zu dämpfen. Dafür müssten möglichst viele alte Atom- und Kohlekraftwerke vorerst weiterlaufen, fordert Kolbe.

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