Tückisches Klima: Bauern in OWL wagen erste Ernte-Prognose

Höxter. Der Erntebeginn 2023 steht unmittelbar bevor. Nur noch wenige Wochen dauert es, bis Mähdrescher auf den Feldern die erste Gerste abernten, die sich in den vergangenen Tagen durch die Sonne schon gelb verfärbt hat. Dass es in diesem Jahr keine Rekordernten geben wird, da sind sich die Landwirte sicher. Missernten seien jedoch auch nicht zu befürchten, sagt Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV).

"Wir hatten in diesem Jahr das Glück, dass es jede Menge Winterfeuchtigkeit gab und das Getreide nach dem Winter gut dastand", fährt er fort. Doch die Trockenheit der vergangenen Wochen mache sich bereits durch Schäden auf den Feldern bemerkbar. "Natürlich gibt es regional große Unterschiede und während der Mais in einigen Kreisen bereits einen halben Meter hoch ist, gibt es andere Flächen, auf denen nicht einmal alle Pflanzen ausgelaufen sind", so Beringmeier. Doch wenn es den für die kommenden Tage vorhergesagten Regen geben sollte, dann stehe einer ordentlichen Getreideernte nichts im Weg.

Generell sei es durch die klimatischen Veränderungen jedoch immer schwieriger, Prognosen abzugeben. "Die Ernte beginnt Anfang Juli mit der Gerste und endet erst im November", sagt Beringmeier. Bis dahin könne eine Menge passieren. Langfristig ist es darum das Ziel der Landwirtschaft, dass die Böden klimaresilienter werden und Fruchtfolgen erweitert werden. "Auch die Pflanzenzucht spielt eine große Rolle, also dass wir in Zukunft Pflanzen haben, die tiefer wurzeln und so bei Trockenheit besser zurechtkommen."

Weniger Fläche zur Nahrungserzeugung Die Fläche, die zur Ernährung der Menschen zur Verfügung stehe, werde nicht größer, mahnt auch Antonius Tillmann, WLV-Vorsitzender. Im Gegenteil, immer mehr Freifläche mit potenziell guten Böden werde für frei stehende Photovoltaik-Anlagen genutzt. "Wichtiger ist es, dass bisher ungenutzte Flächen auf Lagerhallen, Parkplätzen und Einkaufszentren für neue Anlagen genutzt werden", fordert Tillmanns Stellvertreter Rainer Meyer. In den Augen der Landwirte gibt es noch viel Verbesserungspotenzial. Sie nehmen die Bundesregierung mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) in die Verantwortung.

So auch bei der Tierhaltung. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine habe für ein geändertes Verbraucherverhalten gesorgt, sodass sie im Supermarkt lieber zu niedrigpreisigen tierischen Produkten greifen. "Wir sind für eine bessere Tierhaltung, aber sie muss bezahlt werden", sagt Beringmeier und droht, dass ohne Geld die Produktion eingestellt werde. Außerdem seien die Landwirte für eine "vollumfängliche Warenkennzeichnung" – auch für Waren aus dem Ausland.

Er und seine Mitstreiter betonen, dass die Landwirte nicht auf Konfrontation aus seien, sondern den Dialog suchten. "Wir brauchen ein Gesamtkonzept und dazu gehört auch, dass wir unsere Arbeit transparenter gestalten und uns den Menschen annähern", sagt Beringmeier, der selbst schon Live-Bilder aus dem Stall ins Netz gestellt hat, durch eine Fensterscheibe Einblicke in die Tierhaltung gewährt und sie so zugänglich für Verbraucher macht.

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €

Weiterlesen mit LZplus